Die deutsche Sheryl Crow

Von Susanne Burg |
Würde der Name Meike Koester nicht so deutsch klingen, könnte man bei ihren Songs meinen, sie wohne in Kalifornien und sei mit Sheryl Crow befreundet. Meike Koester macht amerikanischen Akustik-Pop-Rock. Kommt aber aus Niedersachsen. Noch gilt sie als Geheimtipp.
"Ab jetzt nur noch 30, habe ich mir gesagt. Es ist immer so komisch, nach Konzerten kommen ganz viele Leute und die einzige Frage, die sie zu haben scheinen, ist: Wie alt bist du eigentlich? Und dann denke ich immer: Was bedeutet das jetzt, wenn die das fragen? Dann kommt: Wir schätzen, du bist Mitte 20. Wenn ich dann aber sage: Ich bin aber 30. Dann sagen sie: aha. Und dann gehen sie wieder. Und dann frage ich mich, was das zu bedeuten hat? Ist das, was ich mache, gut für 25, aber für 30 nicht? Ich weiß auch nicht."

Meike Koester redet ehrlich und offen und schaut einen dabei direkt an. Leicht einzuordnen ist sie deswegen nicht. Im einen Moment wirkt sie tatsächlich wie Mitte 20, mit ihrem dunklen vollen Lockenkopf, der Begeisterung, mit der sie redet und den Jeans-Schlaghosen, auf denen große silberne Sterne aufgenäht sind. Im nächsten Moment meint man ihr die größere Lebenserfahrung anzusehen. Dann wirkt sie reif und bedacht. Bei ihren Songs ist es erst mal einfacher. Meike Koesters musikalische Heimat liegt ganz eindeutig in den USA.

Und doch ist die hoch gewachsene Frau tief in Niedersachsen verwurzelt.

"Ich bin echte Braunschweigerin."

Sie ist in Braunschweig geboren, zur Schule gegangen, hat dort Kulturwissenschaften studiert und lebt auch heute noch dort. Meike Koester kommt aus keiner Musiker-Familie. Ihre Mutter, eine Krankenschwester, wollte immer Schlagzeug lernen, ist den Schritt aber nie gegangen. Stattdessen hat sie die elfjährige Tochter zum Unterricht geschickt, nachdem die nicht mehr aufhörte, mit Stricknadeln auf dem Tisch herum zu trommeln.

"Und dann irgendwann hatte ich das Gefühl, ich müsste mich ausdrücken und habe dann wahrscheinlich wie andere Leute Tagebuch schreiben anfangen, Songs geschrieben. Ich habe zu der Zeit nur englische Songs gehört. Von daher war das für mich selbstverständlich, auf Englisch zu schreiben."

Suzanne Vega und Tracy Chapman waren ihre großen Vorbilder – Frauen mit einer Gitarre, die dazu singen.

In Plättenläden steuert Meike Koester auch heute noch zielstrebig auf die Frauen mit Gitarre zu.

"Insgesamt würde ich auch glaube ich mehr Frauen hören, weil mich das auch von der Stimme mehr anspricht und auch von der Schreibweise, von der weiblichen Sicht. Zum Beispiel vieles, was Eric Clapton schreibt, spricht mich nicht an, inhaltlich. Ich finde er ist ein großartiger Gitarrist, aber das spricht mich nicht inhaltlich an."

Ihre eigene CD sucht sie in dem Plattengeschäft noch vergeblich.

"Ich fürchte, da besteht noch Nachholbedarf in diesem Laden."

Meike Koester vertreibt sich selber. 1998 hat sie für ihr erstes Album ein eigenes Label gegründet: "Eve's Apple".

"Es ist für mich eine Möglichkeit, meine Sachen zu veröffentlichen, ein bisschen offiziell aufzutreten und Werbung zu schalten."

Und ließ ihr gleichzeitig die Freiheit, künstlerisch zu schalten und zu walten, wie sie wollte. Dass die Reise musikalisch in die USA ging, war für sie früh klar. Doch schon längst war ihr erstes Album erschienen, da tauchte sie zum ersten Mal tatsächlich in die US-amerikanische Musikszene ein. Über Kontakte bekam sie 1999 Auftritte bei Festivals und in kleinen Clubs.

"Ganz am Anfang bin ich fast gestorben. Vor der amerikanischen Musikszene hat man natürlich auch sehr großen Respekt, weil man natürlich nur die großen Koryphäen kennt."

Plötzlich wurde auch sie mit anderen Maßstäben gemessen. Doch immer wieder war sie seitdem in den USA, hat mit Musikern gearbeitet und an ihrem Songwriting gefeilt.

Ihre neue Platte hat sie nicht nur mit ihrer eigenen Gitarre, sondern mit einer ganzen Band eingespielt. Und jetzt, da ihre Musik nach perfekt produziertem amerikanischen Rock klingt, meldet sich die deutsche Stimme in ihrem Kopf häufiger mal zu Wort.
"Es ist schon so ne kleine Zerrissenheit. Den Großteil des Jahres bin ich ja schon in Deutschland und spiele vor deutschem Publikum. Und es gibt schon Momente, wo ich denke, es ist seltsam auf Deutsch die Ansagen zu machen und dann auf Englisch zu singen. Und es kommen auch in letzter Zeit ein paar deutsche Ideen durch und ich habe ein bisschen was geschrieben, was in die Richtung geht."

"Das ist ein neuer Song, den gibt's auch noch nicht aufgenommen."

Seefahrerherz heißt er.

Der musikalische Dampfer steuert also ganz vorsichtig auch andere Häfen an. Und nun will sie auch verstärkt den anderen Aspekt des Musikgeschäftes angehen: sich mehr zu vermarkten.