Die "deutsche Entdeckung des Jahres"
Sein Roman "Der Schachautomat" machte Robert Löhr fast über Nacht zum Star. In England feiert man den Autor als den "neuen Patrick Süßkind" und Hollywood zeigt Interesse an seinen Manuskripten. Doch nicht nur fürs Bücherschreiben interessiert sich der 33-Jährige, er steht auch mit seiner Theatergruppe "Niewo" auf der Bühne.
Theatergruppe mit Robert Löhr: "
A: Wir ziehen also Pfortz-Heim und vergessen die ganze Revolution.
B: Wie wär’s denn mit R… Eise-nach hause.
A: Wir zwei stürmen die Burg, um uns Waffen zu besorgen. Wir treiben das königliche H(e)er-ford, wir treiben die Schwein-furt aus Berlin.
B: Die Burg? Nein ich, Mag-de-burg nicht.
C: Hör auf zu Möckern Du alte Flens-Burg…"
Ein kleines Schauspielerensemble mit dem lustigen Titel "Unter Niewo", der sich aus den deutschen Wörtern "und", "nie" und "wo" zusammensetzt, probt in den Katakomben einer Berliner Kirche. "Die deutsche Geschichte an einem Abend" heißt das Stück.
"Ottokar beim Judentum, schau wie die so sind / Indira kriegt vom Heiner ein kleines Findelkind / der Budda ist für Annegret ein richtig cooler Typ / Hans-Georg lächelt alle an / weiß, Jesus hat Euch lieb / Refrain: Na und, na und, die Welt ist eben bunt / Jeder Mensch glaubt anders dran / Ob Atheist ob Muselman / es kommt drauf an, das man entdeckt, was in ihm steckt, was in ihm steckt…"
Wenn das Stück auf die Bühne kommt, dürften die wenigsten Theaterbesucher wissen, dass einer der Schauspieler zu den Shootingstars der jungen deutschen Literaturszene gehört.
"Robert Löhr ist mein Name, bin gerade 33 geworden, aufgewachsen in Berlin, dann eine zeitlang mit meiner Familie nach Bremen gegangen und dann nach Kalifornien."
Irgendwann kehrte er nach Berlin zurück, machte hier sein Abitur. Dass er einmal einen Roman schreiben würde, war für ihn unvorstellbar. Auch wenn seine Deutschlehrerin schon damals ein Fan von Löhr-Aufsätzen war.
"Ich hätte nie gedacht, dass ich Literatur kann. Also ich bin keiner von denen, die mit zwölf gesagt haben, ich möchte Schriftsteller werden, weil das hätte ich mir gar nicht zugetraut."
Löhrs Erfolg begann gewissermaßen mit zwei seltsamen, aber bei den Kindern um so beliebteren Figuren aus der Sesamstraße.
"Irgendwann hab ich halt angefangen, für die Sesamstraße meine ersten Drehbücher zu schreiben. Da hab ich diese Samson-Tiffy-Finchen-Geschichten geschrieben. Ich war sogar mal 'ne Zeit lang dienstältester Schreiber der Sesamstraße."
Auf das Thema seines heute so erfolgreichen Romans "Der Schachautomat" stieß er während seines Amerikanistik-Studiums an der Freien Universität Berlin.
"Da ging es unter anderem um den "Blade Runner", also diesen Film von Riddley Scott. Und da wollte ich die künstlichen Menschen im "Blade Runner" vergleichen mit den künstlichen Menschen im "Sandmann" von E.T.A. Hoffmann. Und bei den Recherchen zum "Sandmann" stieß ich auf diese Fußnote mit dem Schachautomaten und dachte mir damals, das wär doch mal eine schöne Geschichte."
Die Geschichte spielt im Wien des Jahres 1770. Im Schloss Schönbrunn findet eine selbst zur Zeit der Aufklärung Aufsehen erregende Premiere statt. Hofrat Wolfgang von Kempelen präsentiert vor den Augen von Kaiserin Maria Theresia eine unglaubliche Erfindung.
"Es geht um einen jungen Schachspieler, der aber in einem zwergenhaften Körper gefangen ist. Der wird aufgegabelt von einem Wissenschaftler, der eine Schachmaschine bauen will. Dieser Zwerg bedient nun in den kommenden Monaten von innen eine Schachmaschine, die die Menschen glauben lässt, ein Automat würde Schach spielen. Das ganze funktioniert nur solange, bis in Anwesenheit der Maschine eine Frau zu Tode kommt und dann die Nachforschungen beginnen etcetera, etcetera."
Was ist hier Fiktion? Was Wahrheit? In einem Drehbuch lotet Löhr die Möglichkeiten aus. Doch die deutschen Produktionsfirmen lehnten kopfschüttelnd ab.
"Es wurde nie verfilmt mit diesen zwei Argumenten: Wir machen lieber einen Film über Napoleon oder Cäsar, wir halten uns lieber an bekannte Personen als an so eine B-Persönlichkeit der Geschichte."
So schien dem Manuskript beinahe das gleiche Schicksal beschieden, wie jenen, von denen es handelt. Sie gerieten in Vergessenheit. Bis Wolfgang Ferchl, Chef des Piper-Verlages, Robert Löhr vor zwei Jahren ermunterte, es doch einmal mit einem Roman zu versuchen.
"Da hatte ich mich damit schon abgefunden. Und das dauerte dann auch noch ein bisschen, weil ich damals noch nicht wusste, ob ich das wirklich schaffe, einen Roman zu schreiben. Irgendwann bin ich’s dann angegangen."
Die Sorge erwies sich als unbegründet. Das Ergebnis machte den jungen Autor auf Anhieb zum Star. Noch bevor Löhrs Buch in den Regalen des deutschen Buchhandels stand, stürzten sich ausländische Verlage aus Holland, Frankreich und den USA auf das Manuskript. Der Verlag staunte, der Autor war baff, die Fachwelt sucht noch immer nach dem Erfolgsgeheimnis.
"Sicherlich weiß ich, dass diese Übersetzungen – mittlerweile sind wir bei 19 Sprachen - dass das ein Phänomen und nicht normal ist. Was den Erfolg dieses Buches betrifft… ich glaube, zum einen ist es das Europäische dieses Stoffes, der halt viele Kulturkreise anspricht. Und letzten Endes hoffe ich, dass es eine gelungen Mischung ist von Wissensermittlung und Unterhaltung."
Auch Juliet Annan, Verlagsleiterin des Londoner Penguin-Verlages, sieht in der Mischung aus Unterhaltung, europäischer Geschichte und Originalität die Kraft des Romans. Für sie ist "Der Schachautomat" die "deutsche Entdeckung des Jahres" schlechthin. Löhr lässt sich derweil von solchem Lob nicht beeindrucken. Lieber schreibt er an seinem zweiten Roman oder steht als Schauspieler auf der Bühne. Ohne das Theater, da ist er sich sicher, hätte er in seinem Buch sicher nicht jene Spannung erzeugen können, die heute den Erfolg seines Romans ausmacht.
"Man spielt mehr, wenn man schreibt, also wenn man Dialoge schreibt, dann spielt man die Sachen innerlich mit und weiß daher, ob sie funktionieren. Dadurch, dass wir komisches Theater machen, muss letzten Endes eine Pointe die nächste jagen. Deswegen gibt es in meinem Buch auch keine ellenlangen inneren Monologe, Betrachtungen oder Philosophie. Es ist schon handlungsgetrieben, so wie es auch beim Theater ist und auch beim Drehbuch eben."
Inzwischen musste Robert Löhr gar sein altes Drehbuch wieder hervor kramen. Zuerst interessierte sich Filmproduzent Bernd Eichinger dafür. Jetzt will der amerikanische Filmriese Miramax das Manuskript haben.
A: Wir ziehen also Pfortz-Heim und vergessen die ganze Revolution.
B: Wie wär’s denn mit R… Eise-nach hause.
A: Wir zwei stürmen die Burg, um uns Waffen zu besorgen. Wir treiben das königliche H(e)er-ford, wir treiben die Schwein-furt aus Berlin.
B: Die Burg? Nein ich, Mag-de-burg nicht.
C: Hör auf zu Möckern Du alte Flens-Burg…"
Ein kleines Schauspielerensemble mit dem lustigen Titel "Unter Niewo", der sich aus den deutschen Wörtern "und", "nie" und "wo" zusammensetzt, probt in den Katakomben einer Berliner Kirche. "Die deutsche Geschichte an einem Abend" heißt das Stück.
"Ottokar beim Judentum, schau wie die so sind / Indira kriegt vom Heiner ein kleines Findelkind / der Budda ist für Annegret ein richtig cooler Typ / Hans-Georg lächelt alle an / weiß, Jesus hat Euch lieb / Refrain: Na und, na und, die Welt ist eben bunt / Jeder Mensch glaubt anders dran / Ob Atheist ob Muselman / es kommt drauf an, das man entdeckt, was in ihm steckt, was in ihm steckt…"
Wenn das Stück auf die Bühne kommt, dürften die wenigsten Theaterbesucher wissen, dass einer der Schauspieler zu den Shootingstars der jungen deutschen Literaturszene gehört.
"Robert Löhr ist mein Name, bin gerade 33 geworden, aufgewachsen in Berlin, dann eine zeitlang mit meiner Familie nach Bremen gegangen und dann nach Kalifornien."
Irgendwann kehrte er nach Berlin zurück, machte hier sein Abitur. Dass er einmal einen Roman schreiben würde, war für ihn unvorstellbar. Auch wenn seine Deutschlehrerin schon damals ein Fan von Löhr-Aufsätzen war.
"Ich hätte nie gedacht, dass ich Literatur kann. Also ich bin keiner von denen, die mit zwölf gesagt haben, ich möchte Schriftsteller werden, weil das hätte ich mir gar nicht zugetraut."
Löhrs Erfolg begann gewissermaßen mit zwei seltsamen, aber bei den Kindern um so beliebteren Figuren aus der Sesamstraße.
"Irgendwann hab ich halt angefangen, für die Sesamstraße meine ersten Drehbücher zu schreiben. Da hab ich diese Samson-Tiffy-Finchen-Geschichten geschrieben. Ich war sogar mal 'ne Zeit lang dienstältester Schreiber der Sesamstraße."
Auf das Thema seines heute so erfolgreichen Romans "Der Schachautomat" stieß er während seines Amerikanistik-Studiums an der Freien Universität Berlin.
"Da ging es unter anderem um den "Blade Runner", also diesen Film von Riddley Scott. Und da wollte ich die künstlichen Menschen im "Blade Runner" vergleichen mit den künstlichen Menschen im "Sandmann" von E.T.A. Hoffmann. Und bei den Recherchen zum "Sandmann" stieß ich auf diese Fußnote mit dem Schachautomaten und dachte mir damals, das wär doch mal eine schöne Geschichte."
Die Geschichte spielt im Wien des Jahres 1770. Im Schloss Schönbrunn findet eine selbst zur Zeit der Aufklärung Aufsehen erregende Premiere statt. Hofrat Wolfgang von Kempelen präsentiert vor den Augen von Kaiserin Maria Theresia eine unglaubliche Erfindung.
"Es geht um einen jungen Schachspieler, der aber in einem zwergenhaften Körper gefangen ist. Der wird aufgegabelt von einem Wissenschaftler, der eine Schachmaschine bauen will. Dieser Zwerg bedient nun in den kommenden Monaten von innen eine Schachmaschine, die die Menschen glauben lässt, ein Automat würde Schach spielen. Das ganze funktioniert nur solange, bis in Anwesenheit der Maschine eine Frau zu Tode kommt und dann die Nachforschungen beginnen etcetera, etcetera."
Was ist hier Fiktion? Was Wahrheit? In einem Drehbuch lotet Löhr die Möglichkeiten aus. Doch die deutschen Produktionsfirmen lehnten kopfschüttelnd ab.
"Es wurde nie verfilmt mit diesen zwei Argumenten: Wir machen lieber einen Film über Napoleon oder Cäsar, wir halten uns lieber an bekannte Personen als an so eine B-Persönlichkeit der Geschichte."
So schien dem Manuskript beinahe das gleiche Schicksal beschieden, wie jenen, von denen es handelt. Sie gerieten in Vergessenheit. Bis Wolfgang Ferchl, Chef des Piper-Verlages, Robert Löhr vor zwei Jahren ermunterte, es doch einmal mit einem Roman zu versuchen.
"Da hatte ich mich damit schon abgefunden. Und das dauerte dann auch noch ein bisschen, weil ich damals noch nicht wusste, ob ich das wirklich schaffe, einen Roman zu schreiben. Irgendwann bin ich’s dann angegangen."
Die Sorge erwies sich als unbegründet. Das Ergebnis machte den jungen Autor auf Anhieb zum Star. Noch bevor Löhrs Buch in den Regalen des deutschen Buchhandels stand, stürzten sich ausländische Verlage aus Holland, Frankreich und den USA auf das Manuskript. Der Verlag staunte, der Autor war baff, die Fachwelt sucht noch immer nach dem Erfolgsgeheimnis.
"Sicherlich weiß ich, dass diese Übersetzungen – mittlerweile sind wir bei 19 Sprachen - dass das ein Phänomen und nicht normal ist. Was den Erfolg dieses Buches betrifft… ich glaube, zum einen ist es das Europäische dieses Stoffes, der halt viele Kulturkreise anspricht. Und letzten Endes hoffe ich, dass es eine gelungen Mischung ist von Wissensermittlung und Unterhaltung."
Auch Juliet Annan, Verlagsleiterin des Londoner Penguin-Verlages, sieht in der Mischung aus Unterhaltung, europäischer Geschichte und Originalität die Kraft des Romans. Für sie ist "Der Schachautomat" die "deutsche Entdeckung des Jahres" schlechthin. Löhr lässt sich derweil von solchem Lob nicht beeindrucken. Lieber schreibt er an seinem zweiten Roman oder steht als Schauspieler auf der Bühne. Ohne das Theater, da ist er sich sicher, hätte er in seinem Buch sicher nicht jene Spannung erzeugen können, die heute den Erfolg seines Romans ausmacht.
"Man spielt mehr, wenn man schreibt, also wenn man Dialoge schreibt, dann spielt man die Sachen innerlich mit und weiß daher, ob sie funktionieren. Dadurch, dass wir komisches Theater machen, muss letzten Endes eine Pointe die nächste jagen. Deswegen gibt es in meinem Buch auch keine ellenlangen inneren Monologe, Betrachtungen oder Philosophie. Es ist schon handlungsgetrieben, so wie es auch beim Theater ist und auch beim Drehbuch eben."
Inzwischen musste Robert Löhr gar sein altes Drehbuch wieder hervor kramen. Zuerst interessierte sich Filmproduzent Bernd Eichinger dafür. Jetzt will der amerikanische Filmriese Miramax das Manuskript haben.