Die deutsch-amerikanischen Beziehungen

Von Jochen Thies |
Dieser Tag sollte mit der feierlichen Eröffnung der US-Botschaft in Berlin eigentlich ein Hochamt der deutsch-amerikanischen Beziehungen werden. Aber anstatt die Lage nüchtern zu analysieren, haben beide Seiten die Sprache der Überredung gewählt, Bundesaußenminister Steinmeier auch die der vorsorglichen Schuldzuweisung.
In einem Zeitungsartikel nannte er die Themen der Zukunft, die die deutsch-amerikanischen Beziehungen und die Weltagenda bewegen sollten. Was ist aber, wenn die Amerikaner diese ganz oder in Teilen anders sehen, egal, wer im November die Wahlen gewinnt, MacCain oder Obama?

Im Grunde genommen belastet diese Ungewissheit über die nahe Zukunft den deutsch-amerikanischen Festtag. Es kann in der Beziehung besser werden, es können aber auch die Probleme und Irritationen bleiben, die das deutsch-amerikanische Verhältnis während der letzten Jahre prägten. Und ganz wird man den Ort, an dem die Festlichkeiten stattfinden, nicht unerwähnt lassen können.

Das neue Botschaftsgebäude ist nach übereinstimmender Auffassung aller Fachleute eine architektonische Enttäuschung. Amerika verbarrikadiert sich in der deutschen Hauptstadt, anstatt sich zu öffnen und den Dialog mit dem Partner zu suchen. Und genauso steht es auch um den Austausch. Der amtierende US-Botschafter und sein Vorgänger, beide der deutschen Sprache nicht mächtig, aber auch aus anderen Gründen Totalausfälle, haben die ohnehin vorhandenen Probleme im deutsch-amerikanischen Verhältnis weiter verschärft. Die American Academy hat alles versucht, gegenzusteuern. Aber es bleibt festzuhalten, dass Amerika politisch-diplomatisch während der letzten acht Jahre in Berlin auf Tauchstation gegangen ist. Daran konnten auch die Tete-a-tetes zwischen Bush jr. und Merkel nichts ändern.

Nun sollen es noch einmal die Alten retten, die auf beiden Seiten in nahezu komplettere Kopfstärke erschienen sind. Noch einmal werden die Zeiten der Luftbrücke, die Auftritte von John F. Kennedy und von Ronald Reagan in Berlin, sowie die entscheidende Rolle von George Bush dem Älteren beim Einigungsprozess in den Jahren 1989/90 beschworen. Aber die Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen ist offen. Was weiter verbindet und unbestritten ist, ist die amerikanische Alltagskultur. Aber von ihr allein kann eine Beziehung nicht leben.

Es wird nun darauf ankommen, das transatlantische Verhältnis zu beleben, sich auf deutscher Seite aber auch nicht illusionären Vorstellungen nach einem Machtwechsel in den USA hinzugeben. Amerika bleibt der Weltpolizist, und das heißt auch, für die Dreckarbeit zuständig zu sein. Es ist daher höchste Zeit, sich in Deutschland mehr als bisher Gedanken darüber zu machen, welche Rolle man in einer Welt zu spielen gedenkt, die nicht nur vom idealistischen Wollen, sondern auch durch harte Machtfragen geprägt ist. Nur wer aktiv in der Weltpolitik ist, kann auf amerikanische Politik Einfluss nehmen.

Am Ende ist dies aber auch ein Tag der Freude für die Berliner und für das gesamte Land, die letzte Baulücke am Brandenburger Tor, am Pariser Platz ist geschlossen.