Die Crawleys und ihre Dienerschaft
In England gehört das Kostümdrama "Downton Abbey" zu den erfolgreichsten Serien der letzten 30 Jahre. Inzwischen hat sich auch hierzulande eine große Fangemeinde herausgebildet. Nun erscheint die dritte Staffel in Deutschland auf DVD.
Downton Abbey - das ist ein pompöser viereckiger Kasten mit riesigen Ausmaßen und Herrschaftssitz der adligen Familie Crawley und ihrer Bediensteten. Und: Downton Abbey ist ein Mikrokosmos, in dem sich ein Drama nach dem anderen abspielt.
Oben bei den Herrschaften:
"Er schafft Probleme wo gar keine sind. Es interessiert wirklich keinen, ob Branston bei der Hochzeit ist oder nicht."
"Du vermutest wohl, das Landleben sei aufregender als es ist, wenn du meinst, den Leuten sei es egal dass die Tochter eines Earls mit einem Chauffeur davon gelaufen ist."
Und unten bei der Dienerschaft:
"Was ist denn los mit dir?"
"Ich habe die Nase voll! Man hatte mir eine Beförderung versprochen. Sie sagte, wir kriegen ein neues Küchenmädchen und ich würde dann Mrs Patmores Assistentin."
"Nun, wenn sie es dir wirklich versprochen haben, solltest du deinen Dienst verweigern. Aber sage nicht, ich hätte dir dazu geraten."
Downton Abbey ist eine geschlossene Welt. Ein autonomer Raum, wie er im England vor 100 Jahren wohl noch existieren konnte. Die nun auf DVD erschienene dritte Staffel der britischen Miniserie beginnt im Jahr 1920, der erste Weltkrieg ist schon wieder weit weg, die europäischen Gesellschaften befinden sich im Umbruch, wirtschaftliche Probleme machen sich langsam bemerkbar. Doch in Downton Abbey hängt man der Zeit immer etwas hinterher.
"Guten Abend, Mama! Darf ich dich zu einem dieser neuartigen Cocktails überreden?"
"Nein, nein, ich denke eigentlich eher nicht. Sie sehen zu aufregend für diese frühe Abendstunde aus. Finden Sie das nicht auch, Carson?"
"Vermeiden Sie derartiges, Mylady."
"Ja, das meine ich auch."
Für die unten, also die Bediensteten, gibt es im riesigen Anwesen so viel zu tun, dass man von der Außenwelt nur wenig mitbekommt. Jeden Tag aufs neue geben sie alles dafür, die Welt für die oben, also die Herrschaften um Lord und Lady Crawley, ihre drei Töchter und die Großmutter zu konservieren. Wer in einem Haus so viele kleine und große Tragödien erlebt oder einfach viel zu tun hat, braucht wohl keine Außenwelt.
"Nun, ich kenne den jungen Mann außer vom ‚Guten Morgen’ und ‚Guten Abend’ nicht weiter. Aber er scheint mir eine interessante Ergänzung der Familie zu sein."
"Da haben wir es wieder!"
"Und warum sollte er sich normal benehmen, wie Sie es nennen? Ich denke, er sollte herkommen und sich hier behaupten."
Serienschöpfer und Autor Julian Fellowes hat mit Downton Abbey eigentlich eine britische Soap Opera im Gewand einer aufwendig produzierten Miniserie geschrieben. Pathos, Weltschmerz und Drama spitzen sich gerade in der dritten Staffel immer weiter zu. Leid und Intrigen bestimmen den Tag, hin und wieder unterbrochen von aufwendigen Ankleideritualen oder den Vorbereitungen zum nächsten Empfang. Die schwülstige Sprache verstärkt den Eindruck:
"Meine Liebe, ich muss morgen nach London fahren. Ich werde den ersten Zug nehmen."
"Das kommt ja recht unerwartet. Logierst du in unserem Haus?"
"Nein, ich werde sofort zurückkommen."
"Weshalb fährst du dort hin?"
"Du solltest dich damit nicht belasten."
Die Serie verhält sich zum bestehenden Klassensystem der damaligen Zeit äußerst kritiklos. Die Herrschaftsverhältnisse Anfang des 20. Jahrhunderts werden zwar ausgiebig thematisiert, zum Teil sogar geschickt mit dem Plot verwoben, doch letztendlich steht am Ende eines jeden Konflikts: Es ist schon immer so gewesen und deshalb auch völlig in Ordnung.
"Viel Besitz schafft viele Sorgen."
"Immer unter der Voraussetzung, dass wir es uns aussuchen können."
"Oh, sag das nicht. Es ist unsere Pflicht, Arbeit zu vergeben. Ein Aristokrat ohne Bedienstete ist für das County gerade so nützlich wie ein Glashammer."
Und selbst als ein irischer Kommunist und ehemaliger Chauffeur Teil der herrschaftlichen Familie Crawley wird - am Ende sind alle froh, dass dieser sich endlich standesgemäß kleidet und seine politischen Tiraden herunterschluckt.
Oben wie unten:
"Tut mir Leid. Das mache ich nicht. Und dabei bleibt es."
"Dann müssen sie es erledigen, Mr. Carson."
"Ich werde keinen Chauffeur ankleiden!"
"Er ist doch jetzt kein Chauffeur mehr. Verstehen Sie? Abgesehen davon, brauchen Sie ihn nicht anzukleiden, sondern nur nachzusehen, ob er alles hat, was er benötigt."
So ist die einzige Moral, die die Serie den Zuschauern mitgibt, dass Glück und Unglück nichts mit Stand und Reichtum zu tun haben. Dennoch: Auch Staffel drei des Emmygewinners Downton Abbey ist bestes und hochwertig produziertes Unterhaltungsfernsehen. Es macht weiterhin viel Spaß als unsichtbarer Beobachter durch das riesige Anwesen zu ziehen und die Konflikte und Tragödien oben und unten zu beobachten.
Verstärkt wird dieser Effekt durch die detaillierte Ausstattung, der Einbezug zahlreicher realhistorischer Ereignisse und nicht zuletzt durch das serielle Erzählformat - anders als beim klassischen Kostümfilm ermöglicht das dem Zuschauer, über lange Zeit die Menschen in Downton Abbey begleiten zu können.
Oben bei den Herrschaften:
"Er schafft Probleme wo gar keine sind. Es interessiert wirklich keinen, ob Branston bei der Hochzeit ist oder nicht."
"Du vermutest wohl, das Landleben sei aufregender als es ist, wenn du meinst, den Leuten sei es egal dass die Tochter eines Earls mit einem Chauffeur davon gelaufen ist."
Und unten bei der Dienerschaft:
"Was ist denn los mit dir?"
"Ich habe die Nase voll! Man hatte mir eine Beförderung versprochen. Sie sagte, wir kriegen ein neues Küchenmädchen und ich würde dann Mrs Patmores Assistentin."
"Nun, wenn sie es dir wirklich versprochen haben, solltest du deinen Dienst verweigern. Aber sage nicht, ich hätte dir dazu geraten."
Downton Abbey ist eine geschlossene Welt. Ein autonomer Raum, wie er im England vor 100 Jahren wohl noch existieren konnte. Die nun auf DVD erschienene dritte Staffel der britischen Miniserie beginnt im Jahr 1920, der erste Weltkrieg ist schon wieder weit weg, die europäischen Gesellschaften befinden sich im Umbruch, wirtschaftliche Probleme machen sich langsam bemerkbar. Doch in Downton Abbey hängt man der Zeit immer etwas hinterher.
"Guten Abend, Mama! Darf ich dich zu einem dieser neuartigen Cocktails überreden?"
"Nein, nein, ich denke eigentlich eher nicht. Sie sehen zu aufregend für diese frühe Abendstunde aus. Finden Sie das nicht auch, Carson?"
"Vermeiden Sie derartiges, Mylady."
"Ja, das meine ich auch."
Für die unten, also die Bediensteten, gibt es im riesigen Anwesen so viel zu tun, dass man von der Außenwelt nur wenig mitbekommt. Jeden Tag aufs neue geben sie alles dafür, die Welt für die oben, also die Herrschaften um Lord und Lady Crawley, ihre drei Töchter und die Großmutter zu konservieren. Wer in einem Haus so viele kleine und große Tragödien erlebt oder einfach viel zu tun hat, braucht wohl keine Außenwelt.
"Nun, ich kenne den jungen Mann außer vom ‚Guten Morgen’ und ‚Guten Abend’ nicht weiter. Aber er scheint mir eine interessante Ergänzung der Familie zu sein."
"Da haben wir es wieder!"
"Und warum sollte er sich normal benehmen, wie Sie es nennen? Ich denke, er sollte herkommen und sich hier behaupten."
Serienschöpfer und Autor Julian Fellowes hat mit Downton Abbey eigentlich eine britische Soap Opera im Gewand einer aufwendig produzierten Miniserie geschrieben. Pathos, Weltschmerz und Drama spitzen sich gerade in der dritten Staffel immer weiter zu. Leid und Intrigen bestimmen den Tag, hin und wieder unterbrochen von aufwendigen Ankleideritualen oder den Vorbereitungen zum nächsten Empfang. Die schwülstige Sprache verstärkt den Eindruck:
"Meine Liebe, ich muss morgen nach London fahren. Ich werde den ersten Zug nehmen."
"Das kommt ja recht unerwartet. Logierst du in unserem Haus?"
"Nein, ich werde sofort zurückkommen."
"Weshalb fährst du dort hin?"
"Du solltest dich damit nicht belasten."
Die Serie verhält sich zum bestehenden Klassensystem der damaligen Zeit äußerst kritiklos. Die Herrschaftsverhältnisse Anfang des 20. Jahrhunderts werden zwar ausgiebig thematisiert, zum Teil sogar geschickt mit dem Plot verwoben, doch letztendlich steht am Ende eines jeden Konflikts: Es ist schon immer so gewesen und deshalb auch völlig in Ordnung.
"Viel Besitz schafft viele Sorgen."
"Immer unter der Voraussetzung, dass wir es uns aussuchen können."
"Oh, sag das nicht. Es ist unsere Pflicht, Arbeit zu vergeben. Ein Aristokrat ohne Bedienstete ist für das County gerade so nützlich wie ein Glashammer."
Und selbst als ein irischer Kommunist und ehemaliger Chauffeur Teil der herrschaftlichen Familie Crawley wird - am Ende sind alle froh, dass dieser sich endlich standesgemäß kleidet und seine politischen Tiraden herunterschluckt.
Oben wie unten:
"Tut mir Leid. Das mache ich nicht. Und dabei bleibt es."
"Dann müssen sie es erledigen, Mr. Carson."
"Ich werde keinen Chauffeur ankleiden!"
"Er ist doch jetzt kein Chauffeur mehr. Verstehen Sie? Abgesehen davon, brauchen Sie ihn nicht anzukleiden, sondern nur nachzusehen, ob er alles hat, was er benötigt."
So ist die einzige Moral, die die Serie den Zuschauern mitgibt, dass Glück und Unglück nichts mit Stand und Reichtum zu tun haben. Dennoch: Auch Staffel drei des Emmygewinners Downton Abbey ist bestes und hochwertig produziertes Unterhaltungsfernsehen. Es macht weiterhin viel Spaß als unsichtbarer Beobachter durch das riesige Anwesen zu ziehen und die Konflikte und Tragödien oben und unten zu beobachten.
Verstärkt wird dieser Effekt durch die detaillierte Ausstattung, der Einbezug zahlreicher realhistorischer Ereignisse und nicht zuletzt durch das serielle Erzählformat - anders als beim klassischen Kostümfilm ermöglicht das dem Zuschauer, über lange Zeit die Menschen in Downton Abbey begleiten zu können.