Die Choreografie der Ballkünstler
Die Fotografin Regina Schmeken bekennt, eigentlich keine Ahnung von Fußball zu haben. Vielleicht sind ihr deshalb solch beeindruckende Bilder der Nationalmannschaft gelungen: Rasenduette, Tanzszenen, harte und weiche Landungen. Ihre Fußballbilder mit dem unvoreingenommenen Blick sind jetzt im Martin-Gropius-Bau zu sehen.
Sport und Politik: Das waren früher zwei Welten, die streng voneinander geschieden sein sollten, es aber im Grunde nie waren – und die inzwischen einen routinierten Umgang miteinander gefunden haben. Sport und Kultur indes ...
Regina Schmeken: "Eigentlich versteh ich kaum was von Fußballspielen, muss ich gestehen, ich hab mich aber schon 2004 zum ersten Mal bei Bundesligaspielen auseinandergesetzt mit dieser Intention, dass ich gedacht hab, dass dort so viel passiert zwischen den Spielern und dem Ball auf so einem Fußballplatz."
... nun ja, Sport und Kultur: Das sind zwei Welten, die keineswegs voneinander geschieden sein müssen, die aber doch noch etwas fremdeln, wenn sie einander begegnen.
Oliver Bierhoff: "Das wird jetzt keinen riesen Impact haben können, aber ich denke, es ist immer wieder gut, dass wir uns auch der Kunst und Kultur öffnen, das ist mal 'ne schöne Art und Weise, Fußball anders darzustellen, man ist präsent, auf hohem Niveau mit einer tollen Künstlerin in einem wunderbaren Bau, aber natürlich das große Image müssen wir auf dem Platz schaffen, und das durch gute Leistung."
Regina Schmeken, die Ausnahmefotografin, die freimütig bekennt, dass ihr die Welt des Fußballs eigentlich fremd ist – und Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, der ebenso freimütig bekennt, dass ihm der Martin-Gropius-Bau, einer der prominentesten Ausstellungsorte der Bundeshauptstadt, fremd war – und der sich freut, seine Mannschaft hier auf hohem Niveau dargestellt zu sehen.
Und dann ist da noch der Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, der freimütig bekennt, dass es etwas ungewöhnlich sei, wenn sich der Kulturstaatsminister mit dem Manager der Nationalmannschaft in einem Museum trifft. Aber Neumann ist Politiker genug, um mit markigen Worten die Bande zwischen Sport, Kunst und Kultur zu knüpfen:
"Ich würde sagen, freuen wir uns auf die Begegnung zwischen Sport und Kunst, ja, nicht nur auf eine Begegnung, sondern auf die Kooperation dieser beiden Bereiche – Sport ist Kultur, manchmal Kunst, wie der hohe Sieg gegen Irland, das ist schon eine Kunst, so hoch zu gewinnen, nicht immer Kunst, aber immer irgendwie kulturell."
Fußballbilder, es gibt nichts Alltäglicheres als Fußballbilder. Jedes verlängerte Wochenende - und inzwischen um fast jede Wochenmitte herum - sind Heerscharen von Kameras auf die Spieler und ihren Kampf um den Ball gerichtet. Unsere Medien sind voll von Fußballbildern. Und nun können die Besucher des Martin-Gropius-Baus, die sich im Erdgeschoss den antiken Olympiakult angesehen haben, auf der Empore Fotografien unserer Fußballnationalspieler ansehen. Passgenau eröffnet zu dem Zeitpunkt, da die Nationalmannschaft in Berlin ihr WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden austrägt. Da drängt sich die Frage auf: Muss das sein?
Antwort: nein, nichts muss sein, aber: Es ist ein Erlebnis, diese Fußballbilder zu sehen. Denn sie haben nichts mit den Fotos gemein, von denen wir förmlich überschwemmt werden. Regina Schmeken ignoriert auf souveräne Weise das Spielgeschehen auf dem Platz. Vielleicht hat sie am Ende eines Spiels, bei dem sie nach eigenem Bekunden über tausend Aufnahmen gemacht hat, kaum gewusst, wie die Partie auf dem Platz ausgegangen ist. Ihr Blick ist ein anderer.
"Ich hatte eine Langzeitidee, ein Projekt, ich wollte verschiedenste Aspekte beleuchten, jetzt nicht nur Helden zeigen, die natürlich auch, weil mich das schon sehr beeindruckt hat, das Spiel, und die Intensität, die Konzentration, die nötig ist, um solche 90 Minuten auch zu überstehen jedes Mal, und ich hab keine spielentscheidenden Momente abbilden müssen. Sondern war ganz frei in der Auswahl."
Unter Spielern – die Nationalmannschaft: Wir sehen einen Unterkörper, die Beine fast schwebend über dem Rasen, der Ball wie an einer unsichtbaren Leine mitgezogen. Wir sehen Unterschenkel und Füße und die Fußballschuhe, wiederum fast schwebend über dem Rasen – aber die Beine: gezeichnet von Strapazen, Kampf und Verletzungen, bandagiert. Wir sehen Tanzszenen, immer wieder Tanzszenen: Spieler, die sich den Rücken zudrehen, in zwei gegensätzliche Richtungen zum Ball zu schauen scheinen. Zwei Spieler der gegnerischen Mannschaften in einem Rasenduett. Die Choreografie leichter und harter Landungen auf dem Rasen. Wir sehen Mats Hummels, der sich durch das Bild, durch die Szene zu pflügen scheint; Manuel Neuer und die unglaubliche Wucht seines Ballabwurfs; die blickabgewandte Zuschauermasse vor dem in die Knie gegangenen Spieler.
Bernd Neumann: "Das Foto lebt länger."
Warf Kulturstaatsminister Neumann ein. Diese Fotos von Regina Schmeken, reduziert auf eindrucksvolles Schwarz-Weiß und bereinigt von allen störenden Werbebannern am Spielfeldrand, wirken besonders intensiv und nachhaltig. Sie öffnen einen anderen Blick auf das Fußballspiel, seine Dynamik, seine Härte, und sind zugleich theatralische Inszenierungen des Geschehens auf dem Platz.
Die Spieler werden zu Darstellern, Tänzern, Schachfiguren. Die Fotografin hat den Rasenplatz zu einer Bühne für ihr Spiel mit den Spielern gemacht: Es ist ein Vergnügen, sich das anzusehen. Sport und Kultur: ein gelungenes Zusammenspiel.
Service:
Die Ausstellung Ausstellung: Regina Schmeken: Unter Spielern - Die Nationalmannschaft ist vom 16. Oktober 2012 bis 6. Januar 2013 im Martin-Gropius-Bau zu sehen.
Regina Schmeken: "Eigentlich versteh ich kaum was von Fußballspielen, muss ich gestehen, ich hab mich aber schon 2004 zum ersten Mal bei Bundesligaspielen auseinandergesetzt mit dieser Intention, dass ich gedacht hab, dass dort so viel passiert zwischen den Spielern und dem Ball auf so einem Fußballplatz."
... nun ja, Sport und Kultur: Das sind zwei Welten, die keineswegs voneinander geschieden sein müssen, die aber doch noch etwas fremdeln, wenn sie einander begegnen.
Oliver Bierhoff: "Das wird jetzt keinen riesen Impact haben können, aber ich denke, es ist immer wieder gut, dass wir uns auch der Kunst und Kultur öffnen, das ist mal 'ne schöne Art und Weise, Fußball anders darzustellen, man ist präsent, auf hohem Niveau mit einer tollen Künstlerin in einem wunderbaren Bau, aber natürlich das große Image müssen wir auf dem Platz schaffen, und das durch gute Leistung."
Regina Schmeken, die Ausnahmefotografin, die freimütig bekennt, dass ihr die Welt des Fußballs eigentlich fremd ist – und Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, der ebenso freimütig bekennt, dass ihm der Martin-Gropius-Bau, einer der prominentesten Ausstellungsorte der Bundeshauptstadt, fremd war – und der sich freut, seine Mannschaft hier auf hohem Niveau dargestellt zu sehen.
Und dann ist da noch der Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, der freimütig bekennt, dass es etwas ungewöhnlich sei, wenn sich der Kulturstaatsminister mit dem Manager der Nationalmannschaft in einem Museum trifft. Aber Neumann ist Politiker genug, um mit markigen Worten die Bande zwischen Sport, Kunst und Kultur zu knüpfen:
"Ich würde sagen, freuen wir uns auf die Begegnung zwischen Sport und Kunst, ja, nicht nur auf eine Begegnung, sondern auf die Kooperation dieser beiden Bereiche – Sport ist Kultur, manchmal Kunst, wie der hohe Sieg gegen Irland, das ist schon eine Kunst, so hoch zu gewinnen, nicht immer Kunst, aber immer irgendwie kulturell."
Fußballbilder, es gibt nichts Alltäglicheres als Fußballbilder. Jedes verlängerte Wochenende - und inzwischen um fast jede Wochenmitte herum - sind Heerscharen von Kameras auf die Spieler und ihren Kampf um den Ball gerichtet. Unsere Medien sind voll von Fußballbildern. Und nun können die Besucher des Martin-Gropius-Baus, die sich im Erdgeschoss den antiken Olympiakult angesehen haben, auf der Empore Fotografien unserer Fußballnationalspieler ansehen. Passgenau eröffnet zu dem Zeitpunkt, da die Nationalmannschaft in Berlin ihr WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden austrägt. Da drängt sich die Frage auf: Muss das sein?
Antwort: nein, nichts muss sein, aber: Es ist ein Erlebnis, diese Fußballbilder zu sehen. Denn sie haben nichts mit den Fotos gemein, von denen wir förmlich überschwemmt werden. Regina Schmeken ignoriert auf souveräne Weise das Spielgeschehen auf dem Platz. Vielleicht hat sie am Ende eines Spiels, bei dem sie nach eigenem Bekunden über tausend Aufnahmen gemacht hat, kaum gewusst, wie die Partie auf dem Platz ausgegangen ist. Ihr Blick ist ein anderer.
"Ich hatte eine Langzeitidee, ein Projekt, ich wollte verschiedenste Aspekte beleuchten, jetzt nicht nur Helden zeigen, die natürlich auch, weil mich das schon sehr beeindruckt hat, das Spiel, und die Intensität, die Konzentration, die nötig ist, um solche 90 Minuten auch zu überstehen jedes Mal, und ich hab keine spielentscheidenden Momente abbilden müssen. Sondern war ganz frei in der Auswahl."
Unter Spielern – die Nationalmannschaft: Wir sehen einen Unterkörper, die Beine fast schwebend über dem Rasen, der Ball wie an einer unsichtbaren Leine mitgezogen. Wir sehen Unterschenkel und Füße und die Fußballschuhe, wiederum fast schwebend über dem Rasen – aber die Beine: gezeichnet von Strapazen, Kampf und Verletzungen, bandagiert. Wir sehen Tanzszenen, immer wieder Tanzszenen: Spieler, die sich den Rücken zudrehen, in zwei gegensätzliche Richtungen zum Ball zu schauen scheinen. Zwei Spieler der gegnerischen Mannschaften in einem Rasenduett. Die Choreografie leichter und harter Landungen auf dem Rasen. Wir sehen Mats Hummels, der sich durch das Bild, durch die Szene zu pflügen scheint; Manuel Neuer und die unglaubliche Wucht seines Ballabwurfs; die blickabgewandte Zuschauermasse vor dem in die Knie gegangenen Spieler.
Bernd Neumann: "Das Foto lebt länger."
Warf Kulturstaatsminister Neumann ein. Diese Fotos von Regina Schmeken, reduziert auf eindrucksvolles Schwarz-Weiß und bereinigt von allen störenden Werbebannern am Spielfeldrand, wirken besonders intensiv und nachhaltig. Sie öffnen einen anderen Blick auf das Fußballspiel, seine Dynamik, seine Härte, und sind zugleich theatralische Inszenierungen des Geschehens auf dem Platz.
Die Spieler werden zu Darstellern, Tänzern, Schachfiguren. Die Fotografin hat den Rasenplatz zu einer Bühne für ihr Spiel mit den Spielern gemacht: Es ist ein Vergnügen, sich das anzusehen. Sport und Kultur: ein gelungenes Zusammenspiel.
Service:
Die Ausstellung Ausstellung: Regina Schmeken: Unter Spielern - Die Nationalmannschaft ist vom 16. Oktober 2012 bis 6. Januar 2013 im Martin-Gropius-Bau zu sehen.