Die Bundeswehr und Afghanistan
Na klar, da ist überall Abscheu und Empörung. Stolze Soldatenposen mit Totenschädel, fern in Afghanistan. Widerliche Bilder teils, Jahre später nun groß in Deutschland veröffentlicht: Es liegt auf der Hand, wie die Politik da reagiert und reagieren muss.
Schnelle Aufklärung und harte Konsequenzen, soweit die Hirnlosen von damals noch bei der Bundeswehr sind: Etwas anderes kommt als Reaktion nicht in Frage. Und doch hinterlässt all das viele offene Fragen, von Tag zu Tag drängender. Längst nicht nur die nach zusätzlichen Gefahren für die Afghanistan-Soldaten von heute, weil die Gefahr von Anschlägen auf sie wegen der provozierenden Wirkung solcher Bilder weiter steigen wird.
Soviel scheint bislang klar: Da geht es um mehr als um vereinzelte Dummheiten. Hunderte Handyfotos existieren offenkundig, und das aus mehreren Jahren. Es muss ihnen immer wieder eine nette Abwechselung gewesen sein, am Rand von Kabul mit Skelettteilen zu posieren. Und dass dies so passieren konnte, wirft doch ein neues Licht auf Truppen wie diese, die doch eigentlich – im UN-Auftrag – immer so betulich daher kommt. Und in Kabul immer so schön den Straßenverkehr regelt, wenn es nötig ist.
Am Rande des militärischen Alltags, innerhalb wie außerhalb der Landesgrenzen, war der Weg zu männerbündischem Imponiergehabe von jeher nicht weit. Das eine oder andere geschmacklose, menschenrechtlich unakzeptable Vorkommnis auch auf deutschen Truppenübungsplätzen kam immer wieder ans Licht. Nun, bei den vielen Auslandseinsätzen, wäre es im Grunde eher erstaunlich, wenn da gar nichts wäre. Indes: Das entschuldigt überhaupt nichts. Hier hat die vielgelobte innere Führung versagt. Und die Ausbildung, womöglich noch viel zu sehr an Traditionsaufgaben in Europa orientiert, allemal.
Schwer vorstellbar, dass solche Fotos nie im Kameradenkreis gezeigt wurden. Unwahrscheinlich, dass nicht weitere Vorgesetzte zumindest eine Ahnung davon gehabt haben müssen. Wieder einmal stellt sich da nun auch die Frage nach Verschweigen und/oder Vertuschen innerhalb der Befehlskette. Und die Frage nach dem System hinter den Auswüchsen steht im Raum. Trotz aller berechtigten Lobreden für den insgesamt bislang so vorbildlichen, im Vergleich zu anderen Armeen geradezu zivilen Auftritt der Bundeswehr im Ausland.
Ist auch sie nun angekommen in einer schmutzigen Normalität des internationalen Militärgeschäfts? Das glattweg zu bejahen, ginge eindeutig zu weit. Gerade die jahrelange, mühsame Diskussion um UN-mandatierte, Sicherheit und Aufbau miteinander verknüpfende Auslandseinsätze hat klar gemacht: Nicht alles, wofür Soldaten heute eingesetzt sind, ist Kriegsführung. Im Falle der Bundeswehr geht es ganz überwiegend sogar um eher klassische polizeiliche Aufgaben, aber mit starker Bewaffnung. Das Wort Schutztruppe trifft das schon sehr gut. Militärübergriffe in Kriegssituationen gegen Menschen dagegen, zuletzt speziell im Irak, sind etwas anderes als das dumme Imponiergehabe der Deutschen in Afghanistan. Gerade weil womöglich einige Radikalislamisten diesen Unterschied ignorieren mögen, ist es umso wichtiger, ihn klar zu sehen.
Aber was nutzt das, politisch betrachtet? Der moralische Schaden ist nicht rückholbar. Gerade die militärisch weichen, auf Friedensstabilisierung ausgerichteten UN-Missionen werden darüber diffamierbarer. Und, nebenbei bemerkt: Auch auf die Entschiedenheit im Umgang mit unakzeptablen Vorfällen kommt es an, wenn sie denn schon nicht verhindert werden konnten. Verbale Härte reicht da nicht. Die Entschiedenheit muss glaubwürdig sein. Wenn es Grund zu der Vermutung gibt, dass erst dann reagiert wird, wenn eine Dummheit an die Öffentlichkeit kam, lässt sich nichts mehr retten. Dann sind auch nicht nur ein paar ausgerastete Soldaten das Problem, sondern die gesamte Truppe verliert mit einem Schlag die moralische Autorität, die sie braucht.
Hier Klarheit zu schaffen, ist jetzt die allerwichtigste Aufgabe. Nicht allein wegen der Afghanistan-Mission Ifor, aber wegen ihr doch besonders. Denn auch die Nachrichten über das Wirken der deutschen Elitetruppe KSK in demselben Afghanistan – wenn auch mit einem anderen Mandat, einem zum Anti-Terror-Kampf – klingen mittlerweile alles andere als vertrauenserweckend. Deren umstrittene Begegnung mit dem illegalen US-Häftling Kurnaz, das offenkundige Dulden von dessen Inhaftierung durch deutsche Behörden: Auch hier geht es längst um Grenzüberschreitungen. Um Verschweigen, womöglich um Vertuschen.
Während damit nun in Berlin viel Stoff zur parlamentarischen Aufklärung bleibt, wird die Lage in Afghanistan immer instabiler. Mag sein, dass daran auch ein superkorrektes Auftreten aller deutschen Soldaten letztlich nichts ändern könnte, was schlimm wäre. Ein Desaster allerdings wäre, wenn man irgendwann doch mit einigem Fug und Recht sagen könnte: So wie das UN-Militär sich in Afghanistan aufführte, muss sich über den langsamen Rückfall des Landes ins Chaos und zum Faustrecht niemand wundern.
Das ist der Zusammenhang, weswegen der Umgang mit den diese Woche bekannt gewordenen Vorfällen so oder so wegweisend sein wird.
Soviel scheint bislang klar: Da geht es um mehr als um vereinzelte Dummheiten. Hunderte Handyfotos existieren offenkundig, und das aus mehreren Jahren. Es muss ihnen immer wieder eine nette Abwechselung gewesen sein, am Rand von Kabul mit Skelettteilen zu posieren. Und dass dies so passieren konnte, wirft doch ein neues Licht auf Truppen wie diese, die doch eigentlich – im UN-Auftrag – immer so betulich daher kommt. Und in Kabul immer so schön den Straßenverkehr regelt, wenn es nötig ist.
Am Rande des militärischen Alltags, innerhalb wie außerhalb der Landesgrenzen, war der Weg zu männerbündischem Imponiergehabe von jeher nicht weit. Das eine oder andere geschmacklose, menschenrechtlich unakzeptable Vorkommnis auch auf deutschen Truppenübungsplätzen kam immer wieder ans Licht. Nun, bei den vielen Auslandseinsätzen, wäre es im Grunde eher erstaunlich, wenn da gar nichts wäre. Indes: Das entschuldigt überhaupt nichts. Hier hat die vielgelobte innere Führung versagt. Und die Ausbildung, womöglich noch viel zu sehr an Traditionsaufgaben in Europa orientiert, allemal.
Schwer vorstellbar, dass solche Fotos nie im Kameradenkreis gezeigt wurden. Unwahrscheinlich, dass nicht weitere Vorgesetzte zumindest eine Ahnung davon gehabt haben müssen. Wieder einmal stellt sich da nun auch die Frage nach Verschweigen und/oder Vertuschen innerhalb der Befehlskette. Und die Frage nach dem System hinter den Auswüchsen steht im Raum. Trotz aller berechtigten Lobreden für den insgesamt bislang so vorbildlichen, im Vergleich zu anderen Armeen geradezu zivilen Auftritt der Bundeswehr im Ausland.
Ist auch sie nun angekommen in einer schmutzigen Normalität des internationalen Militärgeschäfts? Das glattweg zu bejahen, ginge eindeutig zu weit. Gerade die jahrelange, mühsame Diskussion um UN-mandatierte, Sicherheit und Aufbau miteinander verknüpfende Auslandseinsätze hat klar gemacht: Nicht alles, wofür Soldaten heute eingesetzt sind, ist Kriegsführung. Im Falle der Bundeswehr geht es ganz überwiegend sogar um eher klassische polizeiliche Aufgaben, aber mit starker Bewaffnung. Das Wort Schutztruppe trifft das schon sehr gut. Militärübergriffe in Kriegssituationen gegen Menschen dagegen, zuletzt speziell im Irak, sind etwas anderes als das dumme Imponiergehabe der Deutschen in Afghanistan. Gerade weil womöglich einige Radikalislamisten diesen Unterschied ignorieren mögen, ist es umso wichtiger, ihn klar zu sehen.
Aber was nutzt das, politisch betrachtet? Der moralische Schaden ist nicht rückholbar. Gerade die militärisch weichen, auf Friedensstabilisierung ausgerichteten UN-Missionen werden darüber diffamierbarer. Und, nebenbei bemerkt: Auch auf die Entschiedenheit im Umgang mit unakzeptablen Vorfällen kommt es an, wenn sie denn schon nicht verhindert werden konnten. Verbale Härte reicht da nicht. Die Entschiedenheit muss glaubwürdig sein. Wenn es Grund zu der Vermutung gibt, dass erst dann reagiert wird, wenn eine Dummheit an die Öffentlichkeit kam, lässt sich nichts mehr retten. Dann sind auch nicht nur ein paar ausgerastete Soldaten das Problem, sondern die gesamte Truppe verliert mit einem Schlag die moralische Autorität, die sie braucht.
Hier Klarheit zu schaffen, ist jetzt die allerwichtigste Aufgabe. Nicht allein wegen der Afghanistan-Mission Ifor, aber wegen ihr doch besonders. Denn auch die Nachrichten über das Wirken der deutschen Elitetruppe KSK in demselben Afghanistan – wenn auch mit einem anderen Mandat, einem zum Anti-Terror-Kampf – klingen mittlerweile alles andere als vertrauenserweckend. Deren umstrittene Begegnung mit dem illegalen US-Häftling Kurnaz, das offenkundige Dulden von dessen Inhaftierung durch deutsche Behörden: Auch hier geht es längst um Grenzüberschreitungen. Um Verschweigen, womöglich um Vertuschen.
Während damit nun in Berlin viel Stoff zur parlamentarischen Aufklärung bleibt, wird die Lage in Afghanistan immer instabiler. Mag sein, dass daran auch ein superkorrektes Auftreten aller deutschen Soldaten letztlich nichts ändern könnte, was schlimm wäre. Ein Desaster allerdings wäre, wenn man irgendwann doch mit einigem Fug und Recht sagen könnte: So wie das UN-Militär sich in Afghanistan aufführte, muss sich über den langsamen Rückfall des Landes ins Chaos und zum Faustrecht niemand wundern.
Das ist der Zusammenhang, weswegen der Umgang mit den diese Woche bekannt gewordenen Vorfällen so oder so wegweisend sein wird.