Die Bildwelt der sadomasochistischen Subkultur

Von Michael Köhler |
Der US-Fotograf Robert Mapplethorpe (1946 bis 1989), der mit Patti Smith zusammenlebte, führte das homoerotische und SM-Sujet in die Kunstfotografie ein. Seine Kunst gilt als streitbar und gefährlich schön. Nun zeigt das NRW-Forum Düsseldorf eine Retrospektive unter dem Titel "Schock und Schönheit".
Robert Mapplethorpe: "Meine Arbeit handelt von der Ordnung, ich bin Perfektionist."

Klaus Honnef: "Er war ein ganz bewusster Klassizist."

Feridun Zaimoglu: "Das ist Infektionskunst."

Mapplethorpe: "Ich bin besessen von Schönheit."

Lothar Schirmer: "Was jetzt revolutionär war, und wirklich zunächst mal schockiert hat, war, dass da mit äußerster gefährlicher Schönheit gearbeitet wurde."

Lisa Ortgies: "Also, das war die erste relativ brutale, aber auch interessante Konfrontation mit Nacktheit und Pornografie."

Schirmer: "Ja, ganz lieber Junge eigentlich."

Robert Mapplethorpe wuchs als Kind einer achtköpfigen katholischen Arbeiterfamilie in Floral Park, Queens, N.Y., auf. Nach der Kunstgewerbeschule traf er 1967 die Punk-Poetin, Sängerin und Dichterin Patti Smith. Mit ihr zog er ins Chelsea Hotel, einer Lasterhöhle für Künstler, in der auch Andy Warhol verkehrte, den Mapplethorpe bewunderte. Er begann mit Polaroids zu experimentieren, machte Collagen und tauchte bald in die schwule Subkultur Manhattans ein. Fotos von Blumen, Vasen, Stillleben, homoerotischen Sujets, SM-Praxis und schwarzen Männern entstehen in den folgenden Jahren: Figurstudien, Aktfotos, Porträts. Es war für Musiker und Schauspieler bald angesagt, sich von Mapplethorpe porträtieren zu lassen.

Mapplethorpe: "Listen to me! Mein Leben ist noch viel interessanter als meine Fotografie."

Ortgies: "Es war das Spielen mit der Angst vorm schwarzen Mann. Diese Vorurteile waren ganz klar noch da."

Mapplethorpe: "Schwarze Männer zu Fotografieren ist wie eine Bronzefigur abzulichten."

Honnef: "Er war sicher ein großer Formalist."

Klaus Honnef, Fotohistoriker, der Mapplethorpe 1977 auf der documenta 6 in Kassel erstmals in Deutschland zeigte,

"die Form als Form, das war mindestens so wichtig wie die Gegenstände, die er dann vergegenwärtigte."

Mapplethorpe: "Ich mag das alles, es ist, als ob ich die Bildhauerei mit der Kamera neu erfinde, und danach suche, was ich vorher nicht gesehen habe, das ist aufregend."

Die Bilder Robert Mapplethorpes sind immer noch von gefährlicher Schönheit wie sein Verleger Lothar Schirmer sagt. Der Fotograf erschloss der ästhetischen Hochkultur die Bildwelt der sadomasochistischen Subkultur. Noch 1990, ein Jahre nach dem Tod des Künstlers an AIDS, wurde ein Museumsdirektor in Cincinatti vor Gericht gezogen und wegen Verbreitung von Pornographie angeklagt, weil er einschlägige Bilder von Robert Mapplethorpe zeigte. Der Museumsmann wurde schließlich freigesprochen. In Japan waren Mapplethorpes Fotobücher bis vor Kurzem sogar noch verboten.

Honnef: "In diesem Werk von Robert Mapplethorpe tauchen immer, aber eher im Kopf der Betrachter gesellschaftliche Bezüge auf. (...) Man kann sich an viele Bilder von ihm einfach nicht gewöhnen, und immer wieder, wenn man sie von Neuem sieht, auch wenn man sie glaubt gut zu kennen, dann erfährt man doch einen kleinen leichten Schock."

Mapplethorpe: "Ich suche wirklich so was, wie die perfekte Ansicht."

Schirmer: "Ja, ganz lieber Junge eigentlich. Der war sehr gutherzig."

Mapplethorpe: "Pornographische Bilder zu betrachten, setzten Gefühle in mir frei, die ich irgendwie behalten wollte, um sie in eine Kunstaussage zu verwandeln, mit einer gewissen Perfektion, die nur ich tun konnte."
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