Die Bewegung im Raum
Land-Art-Künstler ziehen in entlegene Landschaften und hinterlassen Spuren. Dabei entstehen dann Steinkreise auf einer Hochebene oder es werden tonnenweise Gestein gesprengt. Der Britte Richard Long ist Land-Art-Künstler der ersten Generation. In Hamburg werden jetzt seine gesamten Prints gezeigt.
Auf großformatigen Fotografien sieht man einen effektvollen Sonnenuntergang in Alaska, daneben einen dramatischen Wolkenhimmel über einer weiten Ebene in Südafrika, im Vordergrund liegt ein Steinkreis im Gras.
Eine Grafikserie zeigt Abdrücke großer Flusskiesel. Richard Long brachte sie in einem Tintenstrahldruck mit viel schwarzer Farbe auf dünnes Japanpapier, wodurch die unterschiedlichen Formen etwas Skulpturales erhalten. Und in einer dreiteiligen Folge mit Fingerabdrücken des Künstlers sieht man einen Kreis, eine eckige Spirale, und zwei parallele Dreierreihen. "Ein einzelner Fingerabdruck", so verrät die nebenstehende Beschreibung, "misst ca. 3-3,5 cm". Kuratorin Brigitte Kölle:
"Die zentrale Fragestellung, die ihn umtreibt, denke ich, ist die Erfahrung, die er selber macht mit seiner Kunst, in der Natur, im Außenraum. Weil er auch immer wieder betont, dass seine Kunst nicht die Darstellung von etwas ist, sondern die Essenz einer Erfahrung. Und dann ist natürlich die Frage, inwiefern können sich diese Erfahrungen auch dem Ausstellungsbesucher vermitteln.
Und ich denke, dass es bei Richard Long sehr gut funktioniert, weil er eben auf Materialien zurückgreift, auch auf ein Formenvokabular zurückgreift, was uns alle angeht. Zum Beispiel diese einfachen Formen von Kreis und Linie ist ja etwas, was sich durch die Menschheitsgeschichte hindurchzieht."
Und durch das Werk von Richard Long. Seit 43 Jahren erwandert sich der mittlerweile 68-jährige Brite Landschaften, in denen er Linien und Kreise hinterlässt, aus Steinen und aus Holz. Mal, wie Fotos zeigen, auf dem Rand des Fuji, mal auf einer Hochebene in der Schweiz.
Long gehört zur ersten Generation der Land-Art-Künstler. Die brachen Ende der 60er Jahre auf, um den engen Raum von Museen und Galerien zu sprengen. Mit Vorliebe suchten sie menschenleere Gegenden auf - Wüsten und Gebirge. Dort genossen sie nicht die Einsamkeit, und eine vermeintlich unberührte Natur - sondern hinterließen ihre Spuren.
"Zum einen war natürlich für die Künstler interessant, dass sie neue Möglichkeiten hatten: Sie hatten neue Materialien. Sie hatten auch die Möglichkeit, mit dem unbegrenzten Raum zu arbeiten, und auch mit der Dimension der Zeitlichkeit, die ja bei Werken, die im Innenraum sind, in diesem Maße nicht wichtig ist.
Also wenn beispielsweise Richard Long eine Arbeit macht, in der er Schnee in einen Kreis wirft, dann ist das eine sehr flüchtige, sehr ephemere Arbeit, die vermutlich nach wenigen Minuten oder Stunden wieder aufgelöst war."
Je nach Naturell und Anliegen fielen ihre Spuren dezent oder grob aus. Michael Heizer etwa ließ in einer Wüstenhochebene bei Las Vegas mithilfe von Baggern und Sprengstoff 240.000 Tonnen Gestein wegschaffen und verpasste der Landschaft eine riesige Narbe. Andere rammten Eisenstäbe in die Erde. Richard Long interessiert vor allem das Erlaufen einer Landschaft, die Bewegung im Raum, und, so Brigitte Kölle:
"Auch die Frage nach der eigenen körperlichen Präsenz und Bewegung im Raum. Und ich glaube auch, dass es in den 60er Jahren auch die Frage danach war, diesen Aspekt des Kunstmarktes auch etwas zu unterlaufen: Also die Galerien... Und den Kunstmarkt damit zu unterwandern, dass man Arbeiten schafft, die eben nicht verkäuflich sind."
Weil man davon aber nicht leben kann, begannen die Land-Art-Künstler bald, ihre vergänglichen Arbeiten zu dokumentieren, und dorthin zu bringen, von wo sie geflohen waren: In Galerien und Museen. Auf den Kunstmarkt. Long machte dies von Anfang an. Und bis heute sammelt er auf seinen "Walks" Fundstücke wie Steine und Holz, die er dann in Museen so arrangiert, wie er es auch in der Natur macht.
Dagegen sind seine Drucke geradezu abwechslungsreich: Er fügt Fotos, Landkarten und Texte zusammen, die dem Betrachter ermöglichen, sich ein Bild von einer Reise zu machen. Er lässt Schlamm das Papier herablaufen, wobei Muster entstehen, die an geologische Strukturen erinnern. Zwischendurch fotografiert er reisemagazinverdächtige Panoramalandschaften. Und er arrangiert Schriftzeichen in der Form einer Reiseroute.
"Also für ihn ist, das sagt er auch so, das ist ein Zitat von ihm: ´In meiner Kunst kann ein Schritt oder ein Stein relevant sein, ein Text, eine Skulptur, eine Karte.` Alles ist letztendlich einander komplementär und sich ergänzend."
Es ist eine sehr eigene Welt, die man in der Ausstellung entdecken kann. Ein Kosmos, der an der wirklichen Welt, die außerhalb von Landschaften, Linien und Kreisen existiert, nicht interessiert ist. Und genau das befremdet irgendwann: Dass das wirkliche Leben hier keine Spuren hinterlässt. Dass da einer - offensichtlich unberührt von dem, was auf der Welt geschieht - durch Landschaften wandert, und archaische Muster und Zeichen setzt. Um mit dem Autoren und Kulturwissenschaftler Georg Seeßlen zu sprechen: "Im schönsten Augenblick ist das erhebend - und zugleich erhaben sinnlos."
Eine Grafikserie zeigt Abdrücke großer Flusskiesel. Richard Long brachte sie in einem Tintenstrahldruck mit viel schwarzer Farbe auf dünnes Japanpapier, wodurch die unterschiedlichen Formen etwas Skulpturales erhalten. Und in einer dreiteiligen Folge mit Fingerabdrücken des Künstlers sieht man einen Kreis, eine eckige Spirale, und zwei parallele Dreierreihen. "Ein einzelner Fingerabdruck", so verrät die nebenstehende Beschreibung, "misst ca. 3-3,5 cm". Kuratorin Brigitte Kölle:
"Die zentrale Fragestellung, die ihn umtreibt, denke ich, ist die Erfahrung, die er selber macht mit seiner Kunst, in der Natur, im Außenraum. Weil er auch immer wieder betont, dass seine Kunst nicht die Darstellung von etwas ist, sondern die Essenz einer Erfahrung. Und dann ist natürlich die Frage, inwiefern können sich diese Erfahrungen auch dem Ausstellungsbesucher vermitteln.
Und ich denke, dass es bei Richard Long sehr gut funktioniert, weil er eben auf Materialien zurückgreift, auch auf ein Formenvokabular zurückgreift, was uns alle angeht. Zum Beispiel diese einfachen Formen von Kreis und Linie ist ja etwas, was sich durch die Menschheitsgeschichte hindurchzieht."
Und durch das Werk von Richard Long. Seit 43 Jahren erwandert sich der mittlerweile 68-jährige Brite Landschaften, in denen er Linien und Kreise hinterlässt, aus Steinen und aus Holz. Mal, wie Fotos zeigen, auf dem Rand des Fuji, mal auf einer Hochebene in der Schweiz.
Long gehört zur ersten Generation der Land-Art-Künstler. Die brachen Ende der 60er Jahre auf, um den engen Raum von Museen und Galerien zu sprengen. Mit Vorliebe suchten sie menschenleere Gegenden auf - Wüsten und Gebirge. Dort genossen sie nicht die Einsamkeit, und eine vermeintlich unberührte Natur - sondern hinterließen ihre Spuren.
"Zum einen war natürlich für die Künstler interessant, dass sie neue Möglichkeiten hatten: Sie hatten neue Materialien. Sie hatten auch die Möglichkeit, mit dem unbegrenzten Raum zu arbeiten, und auch mit der Dimension der Zeitlichkeit, die ja bei Werken, die im Innenraum sind, in diesem Maße nicht wichtig ist.
Also wenn beispielsweise Richard Long eine Arbeit macht, in der er Schnee in einen Kreis wirft, dann ist das eine sehr flüchtige, sehr ephemere Arbeit, die vermutlich nach wenigen Minuten oder Stunden wieder aufgelöst war."
Je nach Naturell und Anliegen fielen ihre Spuren dezent oder grob aus. Michael Heizer etwa ließ in einer Wüstenhochebene bei Las Vegas mithilfe von Baggern und Sprengstoff 240.000 Tonnen Gestein wegschaffen und verpasste der Landschaft eine riesige Narbe. Andere rammten Eisenstäbe in die Erde. Richard Long interessiert vor allem das Erlaufen einer Landschaft, die Bewegung im Raum, und, so Brigitte Kölle:
"Auch die Frage nach der eigenen körperlichen Präsenz und Bewegung im Raum. Und ich glaube auch, dass es in den 60er Jahren auch die Frage danach war, diesen Aspekt des Kunstmarktes auch etwas zu unterlaufen: Also die Galerien... Und den Kunstmarkt damit zu unterwandern, dass man Arbeiten schafft, die eben nicht verkäuflich sind."
Weil man davon aber nicht leben kann, begannen die Land-Art-Künstler bald, ihre vergänglichen Arbeiten zu dokumentieren, und dorthin zu bringen, von wo sie geflohen waren: In Galerien und Museen. Auf den Kunstmarkt. Long machte dies von Anfang an. Und bis heute sammelt er auf seinen "Walks" Fundstücke wie Steine und Holz, die er dann in Museen so arrangiert, wie er es auch in der Natur macht.
Dagegen sind seine Drucke geradezu abwechslungsreich: Er fügt Fotos, Landkarten und Texte zusammen, die dem Betrachter ermöglichen, sich ein Bild von einer Reise zu machen. Er lässt Schlamm das Papier herablaufen, wobei Muster entstehen, die an geologische Strukturen erinnern. Zwischendurch fotografiert er reisemagazinverdächtige Panoramalandschaften. Und er arrangiert Schriftzeichen in der Form einer Reiseroute.
"Also für ihn ist, das sagt er auch so, das ist ein Zitat von ihm: ´In meiner Kunst kann ein Schritt oder ein Stein relevant sein, ein Text, eine Skulptur, eine Karte.` Alles ist letztendlich einander komplementär und sich ergänzend."
Es ist eine sehr eigene Welt, die man in der Ausstellung entdecken kann. Ein Kosmos, der an der wirklichen Welt, die außerhalb von Landschaften, Linien und Kreisen existiert, nicht interessiert ist. Und genau das befremdet irgendwann: Dass das wirkliche Leben hier keine Spuren hinterlässt. Dass da einer - offensichtlich unberührt von dem, was auf der Welt geschieht - durch Landschaften wandert, und archaische Muster und Zeichen setzt. Um mit dem Autoren und Kulturwissenschaftler Georg Seeßlen zu sprechen: "Im schönsten Augenblick ist das erhebend - und zugleich erhaben sinnlos."