Die Beschwörung der Zeit

Von Florian Ehrich · 29.06.2013
Die Langeweile ist ein Phänomen, das alle Lebensbereiche des Menschen berührt. Ihr Empfinden ist vielfach beschrieben und gedeutet worden: in der antiken Philosophie, bei christlichen Theologen in der Gestalt der sündhaften Acedia oder der Melancholie, bei den französischen Moralisten ebenso wie in jüngerer Zeit bei Kierkegaard, Iwan Gontscharow oder Emile Cioran.
Paradoxerweise erleben wir die Langeweile gerade durch das Fehlen äußerlicher oder innerer Reize als etwas sehr intensives. Diese "Windstille der Seele", wie Friedrich Nietzsche sie nannte, wirft uns erbarmungslos auf uns selbst und die verrinnende Zeit zurück. Weil die Langeweile immer subjektiv und in höchst unterschiedlichen Intensitäten empfunden wird, bleibt sie ein rätselhafter Seelenzustand zwischen Inspiration und Überdruss.

Der menschliche Umgang mit der Zeit zeigt sich auch an der Bewertung der Langeweile, die wir aus unserem Leben zu verbannen suchen oder willkommen heißen als sammelnde Auszeit unseres hektischen Alltags. Wir klagen darüber, zu wenig Zeit zu haben, sich zu langweilen ist dagegen ein Tabu der aktivistischen Gesellschaft. Ob sie nun als Wurzel allen Übels oder als Quelle wahrer Muße erlebt wird, die Langeweile steckt voller Überraschungen.

Symbolbild Gähnen Müdigkeit LangeweileWindstille der Seele
Die Langeweile-Forscher können uns erklären, wieso die Zeit manchmal dahinzukriechen scheint. Ihre Ergebnisse lesen sich dem Thema entsprechend fad - und erklären doch, welche Leistungen das Gefühl ermöglicht.

Émile Michel Cioran äußerte sich in einem in der Weihnachtsausgabe 1994 der ‚Frankfurter Rundschau' abgedruckten Interview folgendermaßen zum Thema:

"Die Erfahrung der Langeweile, nicht die vulgäre aus Mangel an Gesellschaft, sondern die absolute, war für mich persönlich wichtig. Wenn jemand sich von seinen Freunden verlassen fühlt, so ist das nichts. Die Langeweile an und für sich geschieht grundlos ohne äußere Einwirkungen. Damit verbindet sich das Gefühl leerer Zeit, so etwas wie Leerheit, die ich immer gekannt habe. Ich kann mich gut an das erste Mal mit fünf Jahren erinnern. Ich war damals nicht in Hermannstadt, sondern in Altrumänien mit meiner ganzen Familie. Da wurde mir auf einmal bewusst, was Langeweile ist. Es war gegen drei Uhr nachmittags, als mich so ein Gefühl des Nichts, der Substanzlosigkeit beschlich. Es war, als wenn alles plötzlich irgendwie verschwunden sei, das Vorbild von all diesen Anfällen der Langeweile, der Einstieg in die Nichtigkeit und der Anfang meiner philosophischen Reflexion. Dieser intensive Zustand des Alleinseins machte mich so betroffen, dass ich mich frage, was er zu bedeuten habe. Sich nicht dagegen wehren und sich nicht davon durch Reflexion befreien zu können, und die Ahnung, dass es wiederkehrt, wenn man es einmal erlebt hat, das verunsicherte mich so sehr, dass ich es als Orientierungspunkt akzeptierte. Auf dem Gipfel der Langeweile erfährt man den Sinn des Nichts, insofern ist dieses auch kein deprimierender Zustand, da es für einen Nicht-Gläubigen die Möglichkeit darstellt, das Absolute zu erfahren, so etwa wie den letzten Augenblick." Aus:
Langeweile bei Wikipedia


Zitate aus der Langen Nacht der Langeweile, mit Links und Literaturhinweisen:


Heinz Rölleke ist ein deutscher Germanist und Erzählforscher.

Der Literaturwissenschaftler und Spezialist für Märchen Heinz Röllecke erklärt das Wort Langeweile:
" Das Wort taucht im 13. Jahrhundert auf, im Mittelhochdeutschen und bedeutet zunächst einmal nichts anderes als einen Zeitabschnitt: Es gibt lange Weilen und kurze Weilen, also was wir heute mit langwierig neutral bezeichnen würden, das muss ja nicht negativ sein, wenn etwas langwierig ist, kann, muss aber nicht. Und daraus entwickelt sich etwa im späten 17. Jahrhundert eine Negativbedeutung, und das sieht man an der Betonung wenn das Wort zum Kompositum wird, also zusammen gesetzt wird: Die Langeweile. Wenn die erste Silbe betont wird, die "Langeweile", dann ist es negativ besetzt, wenn die zweite Silbe betont wird, was noch lange der Fall ist, bis ins 20. Jahrhundert auch, dann heißt es "Langeweile" und dann ist wieder nur neutral ein Zeitabschnitt bezeichnet. Man kann das sehr schön bei Goethe sehen, der das Wort oft benutzt, in gebundener Sprache, also im Versmaß betonte er einmal Langeweile wenn er es negativ meint und Langeweile wenn er es positiv meint. Also man muss sehen, warum im 17. Jahrhundert, im späten 17. Jahrhundert oder man kann auch sagen zu Beginn der Aufklärung dieser Begriff der Langeweile auf einmal negativ konnotiert ist, das hat wohl etwas mit dem Zeitenumbruch zu tun. Also im 17. Jahrhundert, ich sag nur ein Beispiel, entstehen dicke Wälzer, wissenschaftlich oder auch Romane und Dramen, die waren ungeheuer dick und inhaltsreich, man nannte sie auch "Umständlich" das war aber ein lobendes Wort, also man wollte alle Umstände erfasst wissen und zur Kenntnis gebracht bekommen. Jetzt kommt aber im 17. Jahrhundert ein anderes Zeittempo sozusagen auf und mit ihm auch zum ersten Mal der Begriff der Kurzweil. Also, vor allem das Rokoko später will in jedem Fall Kurzweil bieten oder will den Menschen sogar durch Kurzweil definieren als gesellschaftliches Wesen, es muss immer geplaudert werden, es muss immer unterhaltsam sein und es muss eben immer kurz sein, kurz und bündig, man will sich nicht zu lange zu umständlich, das ist jetzt auch negativ, mit einer Sache befassen. "

Wilhelm Schmid, freier Philosoph, außerplanmäßiger Professor für Philosophie an der Universität Erfurt und Autor bei Suhrkamp


Der in Berlin lebende Philosophieprofessor Wilhelm Schmid, der sich intensiv mit der Lebenskunst beschäftigt, vermutet eine besondere Anfälligkeit des heutigen Menschen für die Langeweile:

" Moderne Menschen werden sicherlich mehr als andere heimgesucht von Langeweile, aus dem einfachen Grunde weil sie ein intensives Leben erwarten. Moderne Menschen sind darauf geeicht dass es ein intensives Leben, ein erfülltes Leben ist, ein spektakuläres Leben ist, in dem ständig was Neues passiert, in dem ständig unglaubliche Dinge geschehen, viele angenehmen Erfahrungen zu machen sind. Ich will dass niemandem nehmen, aber das Problem ist: Das kann so nicht eingelöst werden. Und als Nebeneffekt tritt auf, dass umso mehr die Zeiten empfunden werden, in denen die Intensität nicht so groß ist oder gar nicht da ist. Langeweile gab es vielleicht zu allen Zeiten, aber nicht zu allen Zeiten wurde sie so dramatisch genommen. Und dramatisch wird sie nur, weil der Kontrast so stark geworden ist. Einerseits intensives Leben, so jedenfalls der Anspruch, und dann wird erst spürbar, wenn das Leben mal nicht intensiv ist, und das wird dann als fürchterliche Auszeit wahrgenommen und diese fürchterliche Auszeit hat den Namen Langeweile bekommen. "

James Ward

A Boring Conference und Her mit der Langeweile! (SZ, 2.12.2012)

Als im Jahre 2010 die Veranstalter der Londoner Interest-Konferenz bekannt gaben, dass die Vortragsreihe über neue und interessante Entwicklungen aus organisatorischen Gründen nicht stattfinden könne, machte der Brite James Ward via Twitter den Vorschlag, statt dessen eine Langeweile-Konferenz abzuhalten. Diese Idee, zunächst bloß scherzhaft gemeint, fand so viele begeisterte Fürsprecher, dass "Boring 2010" tatsächlich über die Bretter ging, etwa mit Vorträgen über Möglichkeiten, seine Krawatten nach verschiedenen Ordnungsprinzipien - Farbe, Stoff, Muster oder Stoffdicke - zu sortieren, oder über die Geschichte des Staubs. Die Konferenz war mit über 200 Teilnehmern ein voller Erfolg und wurde in den folgenden Jahren wiederholt. James Ward ist ein vehementer Verteidiger der Langeweile, die er als Gegenkultur zu den um Aufmerksamkeit buhlenden Massenmedien und der Werbeindustrie schätzt:

" Die Langeweile ist das Gegenteil davon - sie ist langsam und lässt dich tiefer nachdenken. Es geht um Stille und Geduld. "

Iwan Alexandrowitsch Gontscharows Roman "Die Schlucht".
Diese Parabel auf das russische Leben in Zeiten des Übergangs von der alten patriarchalischen Gesellschaft zur Industrialisierung ist zugleich ein Epos über die Langeweile:

Der adlige Gutsbesitzer Raiski ist bestrebt, das ewige Einerlei des Landlebens als Material für einen Roman über die Langeweile zu nutzen:

" Er lag ganz im Bann ödester Langeweile, und mit Schrecken sah er eine endlos lange Reihe ziel- und zweckloser Tage vor sich liegen. Ein Gedanke, er ihm schon früher zuweilen gekommen, schoss ihm durch den Kopf: das "Buch der Langeweile" zu schreiben. Das Leben, sagte er sich, ist doch so vielseitig und vielgestaltig, und wenn diese breite, kahle, an die einförmige Steppenlandschaft gemahnende Langeweile im Leben selbst begründet liegt und etwas Vorhandenes, Seiendes ist wie die uferlosen Sandflächen, die Kahlheit und Dürftigkeit der Wüste, dann kann und darf auch die Langeweile im Leben selbst als eine der vielen Seiten des Lebens ein Gegenstand des Denkens, der Analyse, der Darstellung durch Feder oder Pinsel werden. "Ja", sagte er sich, "ich will dieses endlos breite, nebelhaft einförmige Wesen der Langeweile in meinem Romane schildern, und die Kälte, der Widerwille, die Bitterkeit, die von meinem Innern Besitz ergriffen, sollen dem Bilde Farbe und Kolorit geben! Es soll der Wirklichkeit entsprechen, dieses Bild." "


Eberhard Straub
Vom Nichtstun
Leben in einer Welt ohne Arbeit..
2009 WJS
Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde so gearbeitet wie seit dem 19. Jahrhundert. Inzwischen sieht es aber so aus, als sei der modernen Welt die Arbeit ausgegangen. Die "Freizeitgesellschaft" wird wohl das Merkmal der Zukunft sein.

Bürgerliche Philosophen der Aufklärung wie Immanuel Kant sahen in der Arbeit das einzig wirksame Mittel gegen Überdruss und Leere. Voltaire empfahl in seinem Candide "einen Garten zu bestellen", da die Arbeit den Menschen von "Langeweile, Laster und Sorge" befreie. Die Langeweile wurde gerne einem dekadenten Adel zugeschrieben, der sich mit Pasteten und Maitressen vergnügte oder eben im Ennui versank, statt einer nützlichen Tätigkeit nachzugehen. Das Bürgertum jedoch sah sich seit jeher gegen die Anfechtungen des Überdrusses und der tumben Leere gefeit. Muße wurde verdächtig. Die Arbeit dagegen wurde zu einer moralischen Institution erhoben die der bürgerlichen Selbstvergewisserung diente und zu einem neuen Menschenbild führte.

In seinem Buch "Vom Nichtstun - Leben in einer Welt ohne Arbeit" untersucht der Berliner Historiker Eberhard Straub das Verhältnis von Arbeit und Muße seit der Antike und plädiert unter sich verändernden ökonomischen Bedingungen für einen Abschied von überkommenen Vorstellungen über den Wert der Arbeit:

" Die Arbeitsgesellschaft befindet sich in heilloser Auflösung. Es gibt nicht Arbeit für alle, die Zeiten der Vollbeschäftigung sind vorüber, und dennoch wird mit trotzigem Pathos gefordert: Leistung muss sich wieder lohnen. Dass bald die Mehrheit der Deutschen überhaupt keine Arbeit hat, wird dabei geflissentlich übersehen. Soziale Gerechtigkeit, einst das Mittel, um den Menschen mit der Arbeitswelt auszusöhnen und seine Arbeitskraft desto effizienter zu verwerten, gilt inzwischen als kostenträchtige Sozialromantik. Doch Sozialromantik äußert sich fast nur noch in der hilflosen Beschwörung des Menschen als Arbeiter in einer Zeit, die in rasendem Tempo Arbeitsplätze vernichtet, dem Menschen Arbeit entzieht, ihn vollkommen überflüssig macht und ihn dennoch ganz antiquiert nur als Werkstoff oder Werkzeug im Produktionsprozess beurteilt und gelten lässt.

Soziale Gerechtigkeit als dennoch verpflichtende Aufgabe bedeutet heute, sich die Zukunft des Menschen jenseits von Arbeit und Leistung vorzustellen. Die Zeit des Arbeitens und des Arbeiters als Idee oder "Gestalt" ist vorbei. Das ist wahrscheinlich nicht einmal bedauerlich, denn die Würde des Menschen liegt in seiner Freiheit. Die Arbeit macht nicht frei. Der Markt macht nicht frei. Wer heute frei ist, kann sich nur fern der Arbeit, fern des Marktes und seiner Marken, fern von der Werbung für eine versinkende Welt der Freude durch Kraft, für eine Welt der Schönheit durch Anstrengung allmählich seiner Freiheit als verheißungsvolles Versprechen versichern. Das gelingt nur, wenn Arbeit und Leistung um ihr Ansehen gebracht werden und der Müßiggang nicht als aller Laster Anfang weiterhin verurteilt, vielmehr als Grundbedingung sittlicher Freiheit überhaupt geschätzt und gefördert wird. "

Shephard Zoe
Wer sich zuerst bewegt, hat verloren
Eine Beamtin langweilt sich zu Tode.
2013 Piper
Wir haben es doch immer geahnt: Beamte sind faule, dumme Schleimer, die die Arbeit scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Zoé Shepard hat es erlebt und aufgeschrieben. Ihr Tagebuch löste einen Skandal aus und wurde zum Bestseller. Nachdem die wahre Identität der Autorin aufgedeckt war, wurde sie vom Dienst suspendiert. Ihre Kollegen hatten sich wiedererkannt.

Zoe Shepard alias Aurélie Boullet wurde trotz ihres Pseudonyms bald nach Erscheinen des Buches in Frankreich demaskiert ihre Kollegen in der Regionalregierung von Aquitaine im französischen Südwesten hatten sich im Buch wiedererkannt und gaben zu, dass wenig des Geschilderten übertrieben ist. Im Sommer 2010 wurde die 32-Jährige für zwei Jahre vom Dienst suspendiert.

Im Jahr 2010 veröffentlichte Aurélie Boullet ihre Erfahrungen als Verwaltungsangestellte der Provinz Aquitanien unter dem Titel "Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Eine Beamtin langweilt sich zu Tode." Die junge Frau hatte an der renommierten französischen Akademie für Gebietskörperschaften studiert und war bestens qualifiziert für eine höhere Beamtenlaufbahn in der französischen Regional- und Kommunalverwaltung. Ihr Buch wurde zum Bestseller und löste eine Debatte über Sinn und Unsinn des Verwaltungsapparats und Langeweile am Arbeitsplatz aus. Die Autorin berichtet von acht Stunden realer Arbeitszeit pro Woche, absurden Abteilungssitzungen, in denen Scheinlösungen für echte oder fiktive Probleme diskutiert werden und grassierender Korruption und Vetternwirtschaft zu Lasten der Bürger. "Ich bin total überlastet!": Die ewige Klage einer unterbeschäftigten Vorgesetzten wird zum Mantra einer Behörde des Wahnsinns und der Ineffizienz, in der Arbeit nur gemimt wird und deren Ödnis die vollkommen unterforderte Autorin schließlich nicht mehr erträgt. Paradoxerweise kann eben auch Langeweile zu einer Form von Stress am Arbeitsplatz werden, wie der Gesundheitsbericht der Deutschen Angestellten Krankenkasse 2012 berichtet:

" Die EU-Kommission berichtete 2011 von einem Anstieg des arbeitsbezogenen Stresses in den letzten zehn Jahren in sechs Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland.

So wundert es wenig, dass die 3000 für den DAK-Gesundheitsreport 2012 befragten Erwerbstätigen vor allem zunehmende Belastungen am Arbeitsplatz beklagen. Sorgen bereiten vor allem: die Angst um den Job (14 Prozent), starker Konkurrenzdruck (11 Prozent), Zeitdruck (22 Prozent), Informationsüberflutung und ständige Erreichbarkeit (33 Prozent). Zu wenig Lohn (23 Prozent) und zu wenig Anerkennung (17 Prozent) sind weitere Stressverursacher. Dazu gehören auch ungenaue Anweisungen des Vorgesetzten, Mobbing und ein zu hohes Arbeitspensum. Aber wie Experten mittlerweile wissen, führt nicht nur Überforderung zu "Burn-out", sondern auch Unterforderung zu "Bore-out" mit ähnlichen körperlichen und geistigen Erschöpfungssymptomen. Und das passiert gar nicht so selten. Immer mehr Arbeitnehmer werden nicht ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt, sie fühlen sich unter Wert behandelt, zur Untätigkeit verdonnert und kaschieren oft aus Scham ihre Langeweile im Job mit vorgetäuschtem Aktionismus oder gar Hektik. "


Bewusste Blattlaus der französischen Literatur
Geburtstag des rumänisch-französischen Philosophen Emil M. Cioran vor 100 Jahren
Kalenderblatt im Deutschlandfunk

" Das Weltall, verwandelt in einen Sonntagnachmittag, das ist die Definition der Langeweile. "

Ein ewiger Sonntagnachmittag erscheint hier als Alptraum. Der große Pessimist traut den Menschen nicht zu, eine sorgenfreie Zeit ohne Arbeit zu genießen. Statt dessen ergötzt sich die "Scherbe der Weltseele", wie sich Cioran einmal nannte, an einem Schreckensbild orgiastischer Langeweile:

" Was wäre, wenn die Sonntagnachmittage sich über Monate hin ausdehnten, wohin gelangte dann eine Menschheit, die von der Last ihres ältesten Fluches, von der Arbeit im Schweiße ihres Angesichts, befreit wäre? Es ist mehr als wahrscheinlich, dass das Verbrechen zur einzigen Zerstreuung würde, dass man Ausschweifungen als Sittenreinheit, Gebrüll als Melodie und Hohngelächter als Zärtlichkeit empfände. Die in ihrer ganzen Unermesslichkeit erlebte Zeit ließe jede einzelne Sekunde zur Folter werden, zum Rahmen einer Hinrichtungsszene. In poesiedurchdrungenen Herzen hielten ein übersättigter Kannibalismus und eine Traurigkeit von Hyänen ihren Einzug. Henker und Schlächter vergingen vor lauter Nichtstun, Kirchen und Bordelle würden von Seufzern widerhallen. "
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tippt am Montag neben ihrem Sprecher Steffen Seibert im Bundeskanzleramt in Berlin in ihr Handy.
Moderne Menschen werden sicherlich mehr als andere heimgesucht von Langeweile - doch dagegen hilft dem modernen Menschen das Handy.© picture alliance / dpa / Michael Kappeler
Ein Stück Kuchen im Café
"Das Weltall, verwandelt in einen Sonntagnachmittag"© Deutschlandradio - Daniela Kurz