Die Besatzungsmacht in ihrer Zone: die USA
Vor 60 Jahren tagten im Potsdamer Cecilienhof die Staats- und Regierungschefs der drei Siegermächte USA, Großbritannien und Sowjetunion. Da sie sich nicht auf eine einheitliche Politik in den Besatzungszonen einigen konnten, ging jede der vier Besatzungsmächte (Frankreich bekam auch eine Zone) nach eigenen Vorstellungen ans Werk.
19. April 1945. Amerikanische und französische Truppen ziehen einen Ring um den Landkreis Esslingen. Noch halten die Nazis an ihren Durchhalteparolen fest: Jeder Quadratmeter ist zu verteidigen. Plochingen liegt unter amerikanischem Dauerbeschuss. Mutige Frauen und einige wenige Männer überzeugen die deutschen Soldaten, doch endlich zu kapitulieren. Einen Tag später, es ist ein Sonntag, fahren amerikanische Panzer auf die Stadt zu:
"Sie kamen von zwei Seiten; sie kamen einmal über den Schurwald und die andere Einheit kam über den so genannten Herrmannsberg, dieser Hang, der also bei den Plochingern großes Erstaunen auslöste, weil das halt ein sehr steiler und abschüssiger Weg ist, also keine Straße, aber die Fahrzeuge waren halt damals schon so, dass das überhaupt kein Problem war. "
Siegfried Weber, gerade 10 Jahre alt, begreift schnell: Die erste Begegnung mit dem Amerikaner findet gleich an jenem Sonntag im April 1945 statt:
"Ja, eigentlich als er bei uns an der Haustüre auftauchte und uns zu verstehen gab, ich stand mit meiner Mutter dabei und mit meinem Vater - ob er Eier haben könnte. "
Die Soldaten lassen alle Häuser der Adolf- Hitler Straße in Plochingen räumen. Dort, wo die schönsten Häuser der Stadt stehen, wollen sie einziehen. Die Besatzer sind freundlich, aber nervös. Ein heimkehrender Soldat, der noch seine Soldatenmütze trägt, wird vor den Augen seiner Kinder erschossen:
"Das war nun sehr tragisch. Und man hat ihn dann hinter her, den Amerikaner, aufgeklärt und es tat ihm furchtbar leid, aber das war halt auch noch Krieg. "
Das staatliche Leben in Plochingen steht still. Der Bürgermeister wartet auf den Befehl des amerikanischen Ortskommandanten. Am 4. Mai 1945 erscheint der von der Besatzungsmacht neu bestellte Landrat, es ist ein Augenarzt. Er beruft einen Politischen Beirat ein, dem nur ehrenwerte, politisch unbelastete und von der Militärregierung bestätigte Leute angehören sollen. Doch wem kann man trauen? Eine Frage, die auch die Besatzer überfordert. Dr. Ulrich Bausch hat sich viele Jahre wissenschaftlich mit der Rolle der Amerikaner während der Besatzungszeit beschäftigt. Aus persönlichen Gesprächen mit Zeitzeugen weiß er, wie überrascht die Amerikaner waren, dass scheinbar über Nacht alle NSDAPler verschwunden waren. Ulrich Bausch, heute Geschäftsführer der Reutlinger Volkshochschule:
"Das führte dann dazu, dass die "Information Control Division" ein Team von Psychologen einfliegen ließ, aus den USA, und die sollten herauskriegen wie sieht eigentlich ein Nazi aus ... das Psychogramm eines Nationalsozialisten. Da wurden dann unter dem Psychologen Debbies wurden psychoanalytische Studien in Kornwestheim angefertigt, weil die Amerikaner wissen wollten, wie ist nun eigentlich die Psyche eines krankhaft bösen Nazis gestrickt. "
Das Vorhaben scheitert. D e r böse Nazi lässt sich auch mit analytischen Methoden nicht eindeutig erkennen. In Plochingen werden öffentlich bekannte Nazis verhaftet. Weniger eindeutige Fälle werden zu so genannten Sühnemaßnahmen verurteilt. Siegfried Weber erinnert sich:
"In der Zeit nach dem Krieg gab es hier sehr viele Kartoffelkäfer. Es hat geheißen, die hätten die Amerikaner abgeworfen, und die ganzen Lehrer, die in der Partei waren und also vom Schuldienst suspendiert waren, die mussten mit den Schülern Kolonnen bilden und die Kartoffelkäfer aufsammeln. "
Der Schulunterricht wird mit unbelasteten Junglehrern fortgesetzt. Siegfried Webers neuer Lehrer ist gerade 18 Jahre alt; es ist Gotthilf Fischer – der spätere Chorleiter mit Weltruhm. Doch den Schülern geht es schlecht in diesen Tagen, sie leiden an Unterernährung. Die nach dem amerikanischen Präsidenten Hoover benannte Schulspeisung wird eingeführt:
"Es gab dann, für uns Kinder war das unfassbar, also Kakao oder Dampfnudeln oder es gab Reisbrei, also Sachen, die wir als Kinder nicht kannten. "
Immer beliebter werden die Besatzer. Ihre Taktik geht auf: Sie gewinnen die Kinder für sich. Die gemeinsame Sprache besteht aus Naturalien:
"Zu den Kindern hatten die von Anfang an ein gutes Verhältnis, weil ihr so genannter Chewing Gum und Schokolade und Erdnüsse und was die alles hatten, das war natürlich hoch begehrt. "
Die Besatzer waren auf einen jahrelangen Einsatz in Deutschland vorbereitet. Nun sind sie überrascht, wie schnell die Reorganisation und der Neuaufbau gelingt. Noch einmal Ulrich Bausch:
"Was die Amerika befürchtet hatten: Terrorakte, Werwolfaktionen usw., wurde durch eine Doppelstrategie unterbunden. Zum einen, ein hohes Maß an militärischer Präsenz, die Leute wurden entwaffnet, zweitens: Sicherung der Infrastruktur: Krankenhäuser, Brücken, Denkmäler und drittens: Die Bevölkerung wurde nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit Kultur versorgt. Und das ermöglichte ein schnelles Miteinander zwischen Einheimischen und Besatzern. "
"Sie kamen von zwei Seiten; sie kamen einmal über den Schurwald und die andere Einheit kam über den so genannten Herrmannsberg, dieser Hang, der also bei den Plochingern großes Erstaunen auslöste, weil das halt ein sehr steiler und abschüssiger Weg ist, also keine Straße, aber die Fahrzeuge waren halt damals schon so, dass das überhaupt kein Problem war. "
Siegfried Weber, gerade 10 Jahre alt, begreift schnell: Die erste Begegnung mit dem Amerikaner findet gleich an jenem Sonntag im April 1945 statt:
"Ja, eigentlich als er bei uns an der Haustüre auftauchte und uns zu verstehen gab, ich stand mit meiner Mutter dabei und mit meinem Vater - ob er Eier haben könnte. "
Die Soldaten lassen alle Häuser der Adolf- Hitler Straße in Plochingen räumen. Dort, wo die schönsten Häuser der Stadt stehen, wollen sie einziehen. Die Besatzer sind freundlich, aber nervös. Ein heimkehrender Soldat, der noch seine Soldatenmütze trägt, wird vor den Augen seiner Kinder erschossen:
"Das war nun sehr tragisch. Und man hat ihn dann hinter her, den Amerikaner, aufgeklärt und es tat ihm furchtbar leid, aber das war halt auch noch Krieg. "
Das staatliche Leben in Plochingen steht still. Der Bürgermeister wartet auf den Befehl des amerikanischen Ortskommandanten. Am 4. Mai 1945 erscheint der von der Besatzungsmacht neu bestellte Landrat, es ist ein Augenarzt. Er beruft einen Politischen Beirat ein, dem nur ehrenwerte, politisch unbelastete und von der Militärregierung bestätigte Leute angehören sollen. Doch wem kann man trauen? Eine Frage, die auch die Besatzer überfordert. Dr. Ulrich Bausch hat sich viele Jahre wissenschaftlich mit der Rolle der Amerikaner während der Besatzungszeit beschäftigt. Aus persönlichen Gesprächen mit Zeitzeugen weiß er, wie überrascht die Amerikaner waren, dass scheinbar über Nacht alle NSDAPler verschwunden waren. Ulrich Bausch, heute Geschäftsführer der Reutlinger Volkshochschule:
"Das führte dann dazu, dass die "Information Control Division" ein Team von Psychologen einfliegen ließ, aus den USA, und die sollten herauskriegen wie sieht eigentlich ein Nazi aus ... das Psychogramm eines Nationalsozialisten. Da wurden dann unter dem Psychologen Debbies wurden psychoanalytische Studien in Kornwestheim angefertigt, weil die Amerikaner wissen wollten, wie ist nun eigentlich die Psyche eines krankhaft bösen Nazis gestrickt. "
Das Vorhaben scheitert. D e r böse Nazi lässt sich auch mit analytischen Methoden nicht eindeutig erkennen. In Plochingen werden öffentlich bekannte Nazis verhaftet. Weniger eindeutige Fälle werden zu so genannten Sühnemaßnahmen verurteilt. Siegfried Weber erinnert sich:
"In der Zeit nach dem Krieg gab es hier sehr viele Kartoffelkäfer. Es hat geheißen, die hätten die Amerikaner abgeworfen, und die ganzen Lehrer, die in der Partei waren und also vom Schuldienst suspendiert waren, die mussten mit den Schülern Kolonnen bilden und die Kartoffelkäfer aufsammeln. "
Der Schulunterricht wird mit unbelasteten Junglehrern fortgesetzt. Siegfried Webers neuer Lehrer ist gerade 18 Jahre alt; es ist Gotthilf Fischer – der spätere Chorleiter mit Weltruhm. Doch den Schülern geht es schlecht in diesen Tagen, sie leiden an Unterernährung. Die nach dem amerikanischen Präsidenten Hoover benannte Schulspeisung wird eingeführt:
"Es gab dann, für uns Kinder war das unfassbar, also Kakao oder Dampfnudeln oder es gab Reisbrei, also Sachen, die wir als Kinder nicht kannten. "
Immer beliebter werden die Besatzer. Ihre Taktik geht auf: Sie gewinnen die Kinder für sich. Die gemeinsame Sprache besteht aus Naturalien:
"Zu den Kindern hatten die von Anfang an ein gutes Verhältnis, weil ihr so genannter Chewing Gum und Schokolade und Erdnüsse und was die alles hatten, das war natürlich hoch begehrt. "
Die Besatzer waren auf einen jahrelangen Einsatz in Deutschland vorbereitet. Nun sind sie überrascht, wie schnell die Reorganisation und der Neuaufbau gelingt. Noch einmal Ulrich Bausch:
"Was die Amerika befürchtet hatten: Terrorakte, Werwolfaktionen usw., wurde durch eine Doppelstrategie unterbunden. Zum einen, ein hohes Maß an militärischer Präsenz, die Leute wurden entwaffnet, zweitens: Sicherung der Infrastruktur: Krankenhäuser, Brücken, Denkmäler und drittens: Die Bevölkerung wurde nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit Kultur versorgt. Und das ermöglichte ein schnelles Miteinander zwischen Einheimischen und Besatzern. "