Die Bairishe Geisha
Was ist aus unseren Träumen geworden? In München arbeiten drei Frauen, die sich mit dem üblichen "Träume sind Schäume"-Spruch nicht abspeisen lassen wollen - die Bairishe Geisha: Unterhaltungsdamen zwischen hoher Kultur und derbem Witz. Es ist eine wunderliche Erscheinung in der Münchner Theaterszene.
Musik: "Sitzen zwei sehr erhabene Geishas in einem sehr einfachen Bierstüberl. Das Gesicht weiß, die Lippen kirschrot. Kimono, straff getürmtes, schwarzes Haar."
"Ich tät zur Olga vorgehn."
Schlägt die eine vor.
"Ist des so eine Blonde?"
Antwortet die andere.
"Naa, ganz a schwoarze."
Mischt sich ungefragt die Mutter der beiden ein. Mausgraues Kostüm, altmodische graue Perücke.
"Total schwoarze Haar.
Griechin, Typ Griechin.
Net Typ, is a waschechte Griechin.
Is a Griechin.
Alle: Typ Griechin. Haha"
Die Bairishe Geisha in Aktion. Judith Huber, Marianne Kirch und Eva Löbau treten auf, zur SPIELART 2005, dem Münchner Theaterfestival.
Einige Stunden früher: Die Bairishe Geisha ist ungeschminkt und spricht hochdeutsch. Drei Frauen um die 30 bitten zum Teekränzchen auf die leere Bühne. Marianne Kirch strahlt auch ohne Kimono die Souveränität einer Dame aus. Eva Löbau, als Geisha die Mutter im grauen Kostüm, könnte auch erst Mitte 20 sein. Und Judith Huber wirkt, als sei sie die, die im Zweifel die Ärmel hochkrempelt und anpackt.
"Ich hatte irgendwann mal diesen Namen im Kopf. Weil mich die Geisha schon als Kind fasziniert hat. Ich fand das ein total spannendes Konzept von Frau-Sein, oder ich hab's mir als Kind immer ganz toll vorgestellt."
Geisha als Solonummer schwebte Judith Huber vor - doch daraus wurde nichts. Denn Marianne Kirch, eigentlich engagiert als Hackbrett-Lehrerin, entpuppte sich als ideale Gesangs- und Spielpartnerin.
Ähnlich spontan erweiterte sich das Duo dann zum Trio. Eva Löbau war nur angereist, um die Proben zu leiten. Doch die Schauspielerin hielt es nicht lange auf dem Regie-Sessel aus:
"Eva saß da vorne Und irgendwann war das Wort "Mama" da. Das war so "buff". Und dann haben wir so gedacht: "Was sitzt Du eigentlich da? Komm bitte zu uns auf die Bühne. Das war auch was, das ich dachte: Zu zweit ist nicht so spannend wie zu dritt. Das ist dann gleich eine Paarsituation. Aber bei drei verlagern sich immer sofort die Schwerpunkte. Einer ist immer der Springer, der zu den anderen hält und der Springer verändert sich."
Bairishe Geisha – damit en stapeln die drei Frauen ganz schön hoch: Denn keine von ihnen war bislang auch nur zum Urlaub in Japan. Und nur Judith Huber darf sich waschecht bayrisch nennen. Die beiden anderen gelten als "zuagroast". Eva, weil ihre Eltern aus Österreich kommen, und Marianne allein schon deshalb, weil sie keinen urbayrischen Stammbaum vorweisen kann:
"Also es gibt nichts, was mich mehr rührt als Bayrische Blaskapellen. Ich weiß nicht warum, Aber ich bin sozusagen: von der Stammfamilie her komm ich nicht von hier. Und das ist ja schon auch: Wie im Japanischen hat das Bayrische so ein "wer nicht hier geboren ist, ist kein Bayer". "
Echt oder nur als ob, japanisch oder bayrisch. Letztendlich sind Kategorien der Geisha herzlich egal.
"Die Bairishe Geisha behauptet, sie ist die Bairishe Geisha, und dann kann uns sowieso keiner mehr was."
So dürfen die drei Frauen – ernsthaft, eloquent und charmant – behaupten, dass man alte Semmeln hygienisch und mit bloßen Füßen zu Knödelteig verarbeitet kann. Dass Fans von Dynamo Dresden hervorragend in Passions-Spiele passen. Oder dass der Teufel persönlich den drei Geishas demnächst den Hit zum Oktoberfest 2006 bescheren wird:
"Ich glaub', dass unsere Arbeit extrem weiblich ist. Und dass es eben aus diesen Polen besteht: aus diesem ganz zarten und aus dem kräftigen. Was wir ursprünglich auch aus der Beschäftigung mit der japanischen Kultur hatten. Wo uns aufgefallen ist, dass es eine ganz ganz raffinierte, künstliche Kultur ist. Und auf der anderen Seite so was wie Saufgelage da stattfinden."
Bairishe Geisha sein heißt auch: hart im Nehmen sein. Auch im Privatleben. Denn die Damen Huber, Löbau, Kirch sind bereit, im Namen der Kunst in der Freizeit sehr fremde Welten zu erkunden. Für die jüngste Performance etwa: "Stüberl. Eingänge zur Hölle":
"Wir ham alles, was Stüberl heißt besucht. Wo Stüberl draufstand waren wir drin."
Bayrische Stüberlluft atmen, anhalten – und dann das Erlebte, gemischt mit Gelesenem und Erdachtem, von sich geben. Aus dem Kirschmund der Geisha.
"Bedien einmal die drei Grazien.
Vielleicht ham die auch einen Durst.
Die drei Weiber? Die ham alle einen Mund!"
"Dadurch, dass wir jetzt kontinuierlich seit fünf Jahren arbeiten und diese Figuren kontinuierlich reichert sich die Biographien der Mutter und der Töchter einfach an. Einfach diese drei haben Sachen schon erlebt und haben ein reales Leben einfach auch."
Die drei Frauen jedenfalls treffen mittlerweile in ihrem Berufsalltag häufig auf die eigenwillige, selbstbewusste Bairishe Geisha. Etwa, wenn sie von Regisseuren engagiert werden, die folgsame junge Künstlerinnen erwarten – und dann auf gestandene Frauen treffen, die es nicht lassen können, ein Wörtchen mitreden.
"Ich tät zur Olga vorgehn."
Schlägt die eine vor.
"Ist des so eine Blonde?"
Antwortet die andere.
"Naa, ganz a schwoarze."
Mischt sich ungefragt die Mutter der beiden ein. Mausgraues Kostüm, altmodische graue Perücke.
"Total schwoarze Haar.
Griechin, Typ Griechin.
Net Typ, is a waschechte Griechin.
Is a Griechin.
Alle: Typ Griechin. Haha"
Die Bairishe Geisha in Aktion. Judith Huber, Marianne Kirch und Eva Löbau treten auf, zur SPIELART 2005, dem Münchner Theaterfestival.
Einige Stunden früher: Die Bairishe Geisha ist ungeschminkt und spricht hochdeutsch. Drei Frauen um die 30 bitten zum Teekränzchen auf die leere Bühne. Marianne Kirch strahlt auch ohne Kimono die Souveränität einer Dame aus. Eva Löbau, als Geisha die Mutter im grauen Kostüm, könnte auch erst Mitte 20 sein. Und Judith Huber wirkt, als sei sie die, die im Zweifel die Ärmel hochkrempelt und anpackt.
"Ich hatte irgendwann mal diesen Namen im Kopf. Weil mich die Geisha schon als Kind fasziniert hat. Ich fand das ein total spannendes Konzept von Frau-Sein, oder ich hab's mir als Kind immer ganz toll vorgestellt."
Geisha als Solonummer schwebte Judith Huber vor - doch daraus wurde nichts. Denn Marianne Kirch, eigentlich engagiert als Hackbrett-Lehrerin, entpuppte sich als ideale Gesangs- und Spielpartnerin.
Ähnlich spontan erweiterte sich das Duo dann zum Trio. Eva Löbau war nur angereist, um die Proben zu leiten. Doch die Schauspielerin hielt es nicht lange auf dem Regie-Sessel aus:
"Eva saß da vorne Und irgendwann war das Wort "Mama" da. Das war so "buff". Und dann haben wir so gedacht: "Was sitzt Du eigentlich da? Komm bitte zu uns auf die Bühne. Das war auch was, das ich dachte: Zu zweit ist nicht so spannend wie zu dritt. Das ist dann gleich eine Paarsituation. Aber bei drei verlagern sich immer sofort die Schwerpunkte. Einer ist immer der Springer, der zu den anderen hält und der Springer verändert sich."
Bairishe Geisha – damit en stapeln die drei Frauen ganz schön hoch: Denn keine von ihnen war bislang auch nur zum Urlaub in Japan. Und nur Judith Huber darf sich waschecht bayrisch nennen. Die beiden anderen gelten als "zuagroast". Eva, weil ihre Eltern aus Österreich kommen, und Marianne allein schon deshalb, weil sie keinen urbayrischen Stammbaum vorweisen kann:
"Also es gibt nichts, was mich mehr rührt als Bayrische Blaskapellen. Ich weiß nicht warum, Aber ich bin sozusagen: von der Stammfamilie her komm ich nicht von hier. Und das ist ja schon auch: Wie im Japanischen hat das Bayrische so ein "wer nicht hier geboren ist, ist kein Bayer". "
Echt oder nur als ob, japanisch oder bayrisch. Letztendlich sind Kategorien der Geisha herzlich egal.
"Die Bairishe Geisha behauptet, sie ist die Bairishe Geisha, und dann kann uns sowieso keiner mehr was."
So dürfen die drei Frauen – ernsthaft, eloquent und charmant – behaupten, dass man alte Semmeln hygienisch und mit bloßen Füßen zu Knödelteig verarbeitet kann. Dass Fans von Dynamo Dresden hervorragend in Passions-Spiele passen. Oder dass der Teufel persönlich den drei Geishas demnächst den Hit zum Oktoberfest 2006 bescheren wird:
"Ich glaub', dass unsere Arbeit extrem weiblich ist. Und dass es eben aus diesen Polen besteht: aus diesem ganz zarten und aus dem kräftigen. Was wir ursprünglich auch aus der Beschäftigung mit der japanischen Kultur hatten. Wo uns aufgefallen ist, dass es eine ganz ganz raffinierte, künstliche Kultur ist. Und auf der anderen Seite so was wie Saufgelage da stattfinden."
Bairishe Geisha sein heißt auch: hart im Nehmen sein. Auch im Privatleben. Denn die Damen Huber, Löbau, Kirch sind bereit, im Namen der Kunst in der Freizeit sehr fremde Welten zu erkunden. Für die jüngste Performance etwa: "Stüberl. Eingänge zur Hölle":
"Wir ham alles, was Stüberl heißt besucht. Wo Stüberl draufstand waren wir drin."
Bayrische Stüberlluft atmen, anhalten – und dann das Erlebte, gemischt mit Gelesenem und Erdachtem, von sich geben. Aus dem Kirschmund der Geisha.
"Bedien einmal die drei Grazien.
Vielleicht ham die auch einen Durst.
Die drei Weiber? Die ham alle einen Mund!"
"Dadurch, dass wir jetzt kontinuierlich seit fünf Jahren arbeiten und diese Figuren kontinuierlich reichert sich die Biographien der Mutter und der Töchter einfach an. Einfach diese drei haben Sachen schon erlebt und haben ein reales Leben einfach auch."
Die drei Frauen jedenfalls treffen mittlerweile in ihrem Berufsalltag häufig auf die eigenwillige, selbstbewusste Bairishe Geisha. Etwa, wenn sie von Regisseuren engagiert werden, die folgsame junge Künstlerinnen erwarten – und dann auf gestandene Frauen treffen, die es nicht lassen können, ein Wörtchen mitreden.