Die Auferstehung des "Elektronischen Gedichts"
Am 17. April 1958 wurde in Brüssel die Weltausstellung eröffnet. Wie üblich bei Weltausstellungen bauen die Aussteller am Ende ihre Hallen, Pavillons und Kunstwerke wieder ab. In Brüssel durfte nur das Atomium stehen bleiben. Abgerissen wurde unter anderem der Pavillon der Firma Philips, das so genannte "elektronische Gedicht". Dahinter verbirgt sich nicht nur ein Gebäude, sondern das erste multimediale Kunstwerk überhaupt. Und das wollen jetzt Wissenschaftler aus Europa wieder aufleben lassen, und zwar virtuell, also im Computer.
Brüssel 1958. Die Turmuhr schlägt. Aber nicht in einer Kirche, sondern aus 350 Lautsprechern in einem skurrilen Gebäude. Es hat die Form von zwei Zelten, die wie siamesische Zwillinge miteinander verbunden sind.
Im Innern dieses Doppelzelt-Pavillons wird die Musik elektronischer. Gleichzeitig werden Fotos, Zeichnungen und kurze Video-Sequenzen an Wände projiziert: Ein Farbspektrum, ein Stier, das Skelett eines Dinosauriers. Poème électronique, elektronisches Gedicht, heißt, oder besser: hieß dieses Gesamtkunstwerk, das die Geschichte und Zukunft der Menschheit thematisierte. Der Bauhauskünstler Le Corbusier hatte die Bilder für die Videoprojektion zusammengestellt, Edgard Varèse die Klangeinspielungen komponiert und der Komponist Iannis Xenakis den Pavillon entworfen. 1958 zog das Kunstwerk die Besucher der Weltausstellung in den Bann, so der Berliner Kommunikationswissenschaftler Stefan Weinzierl:
Weinzierl: "Dieses Kunstwerk ist aus heutiger Sicht ein Stück Mediengeschichte insofern, als das die erste multimediale Installation war: ein Gebäude, das ausschließlich für die Präsentation eines audio-visuellen Kunstwerks gebaut wurde und dann im Anschluss an die Präsentation auch wieder abgerissen wurde."
Doch "abgerissen" heißt nicht für immer verloren. Denn Stefan Weinzierl rekonstruiert das "Elektronische Gedicht" gerade mit Forscherkollegen aus Europa:
Weinzierl: "Rekonstruktion bedeutet für uns Simulation im Computer. Das heißt wir erzeugen ein Signal, das einerseits dem Betrachter, der später einen Virtual-reality-Helm aufsetzen wird, das visuelle Erlebnis generiert über zwei Projektionsschirme im Innern des Helmes und über Kopfhörer die Akustik des Raums simulieren wird. Das heißt, er kann sich frei bewegen in diesem Pavillon, und der Computer generiert für die jeweilige Orientierung, Blickrichtung des Hörers das Signal neu, so dass es im Idealfall von dem Originalerlebnis nicht unterscheidbar ist."
Ende August soll es so weit sein. Dann wird der Helm als Leihgabe durch Museen wandern und die Besucher virtuell in den Pavillon und das "Elektronische Gedicht" von 1958 versetzen. Doch bis dahin muss Stefan Weinzierl noch die gesamte Akustik im Pavillon rekonstruieren.
Stefan Weinzierl hat zwar im Computer eine digitale Kopie der Original-Musik von Edgard Varèse. Um aber festzustellen, wie sie 1958 an einer bestimmten Position im Innern des Pavillons geklungen hat, muss er etliche Faktoren beachten und in eine Datenbank einspeisen: zum Beispiel, wie sehr die Betonplatten des Pavillons Schall schluckten. Dank alter Baupläne und Fotos kann der Forscher außerdem sehr genau die Position und Ausrichtung der 350 Lautsprecher angeben. Heutige Computer brauchen einige Tage, um das alles zu berechnen. Deshalb kann auch erst seit kurzem die Akustik von Konzertsälen vor ihrem Bau simuliert werden.
Weinzierl: "Das ist natürlich eine spannende Sache. Und genauso spannend ist es natürlich, Dinge zu rekonstruieren, die vielleicht vor 200 Jahren so geklungen haben oder wie in diesem Fall vor 50 Jahren, und die einfach historische Meilensteine waren."
Im Innern dieses Doppelzelt-Pavillons wird die Musik elektronischer. Gleichzeitig werden Fotos, Zeichnungen und kurze Video-Sequenzen an Wände projiziert: Ein Farbspektrum, ein Stier, das Skelett eines Dinosauriers. Poème électronique, elektronisches Gedicht, heißt, oder besser: hieß dieses Gesamtkunstwerk, das die Geschichte und Zukunft der Menschheit thematisierte. Der Bauhauskünstler Le Corbusier hatte die Bilder für die Videoprojektion zusammengestellt, Edgard Varèse die Klangeinspielungen komponiert und der Komponist Iannis Xenakis den Pavillon entworfen. 1958 zog das Kunstwerk die Besucher der Weltausstellung in den Bann, so der Berliner Kommunikationswissenschaftler Stefan Weinzierl:
Weinzierl: "Dieses Kunstwerk ist aus heutiger Sicht ein Stück Mediengeschichte insofern, als das die erste multimediale Installation war: ein Gebäude, das ausschließlich für die Präsentation eines audio-visuellen Kunstwerks gebaut wurde und dann im Anschluss an die Präsentation auch wieder abgerissen wurde."
Doch "abgerissen" heißt nicht für immer verloren. Denn Stefan Weinzierl rekonstruiert das "Elektronische Gedicht" gerade mit Forscherkollegen aus Europa:
Weinzierl: "Rekonstruktion bedeutet für uns Simulation im Computer. Das heißt wir erzeugen ein Signal, das einerseits dem Betrachter, der später einen Virtual-reality-Helm aufsetzen wird, das visuelle Erlebnis generiert über zwei Projektionsschirme im Innern des Helmes und über Kopfhörer die Akustik des Raums simulieren wird. Das heißt, er kann sich frei bewegen in diesem Pavillon, und der Computer generiert für die jeweilige Orientierung, Blickrichtung des Hörers das Signal neu, so dass es im Idealfall von dem Originalerlebnis nicht unterscheidbar ist."
Ende August soll es so weit sein. Dann wird der Helm als Leihgabe durch Museen wandern und die Besucher virtuell in den Pavillon und das "Elektronische Gedicht" von 1958 versetzen. Doch bis dahin muss Stefan Weinzierl noch die gesamte Akustik im Pavillon rekonstruieren.
Stefan Weinzierl hat zwar im Computer eine digitale Kopie der Original-Musik von Edgard Varèse. Um aber festzustellen, wie sie 1958 an einer bestimmten Position im Innern des Pavillons geklungen hat, muss er etliche Faktoren beachten und in eine Datenbank einspeisen: zum Beispiel, wie sehr die Betonplatten des Pavillons Schall schluckten. Dank alter Baupläne und Fotos kann der Forscher außerdem sehr genau die Position und Ausrichtung der 350 Lautsprecher angeben. Heutige Computer brauchen einige Tage, um das alles zu berechnen. Deshalb kann auch erst seit kurzem die Akustik von Konzertsälen vor ihrem Bau simuliert werden.
Weinzierl: "Das ist natürlich eine spannende Sache. Und genauso spannend ist es natürlich, Dinge zu rekonstruieren, die vielleicht vor 200 Jahren so geklungen haben oder wie in diesem Fall vor 50 Jahren, und die einfach historische Meilensteine waren."