"Die Anstalt" zu Critical Whiteness

Dschungelcamp für Rassismusleugner

Robin Droemer im Gespräch mit Gesa Ufer · 15.07.2020
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In der Satiresendung "Die Anstalt" konfrontieren die Schwarzen Hosts Koku Musebeni und Simon Pearce weiße Comedians mit den Folgen von Rassismus. Ein gelungener Perspektivwechsel, der ein Problem habe, sagt der Schwarze Journalist Robin Droemer.
Langsam beginnen weiße Menschen, ihre privilegierte Position in der Gesellschaft und deren Folgen zu hinterfragen: "Kritisches Weißsein" (Critical Whiteness) nennt sich diese Selbstbefragung, die die ZDF-Satiresendung "Die Anstalt" in ihrer aktuellen Folge "Ich bin ein Rassist, holt mich hier raus!" unternommen hat.
Indem Schwarze und Weiße im Sketch die Rolle tauschen, werde die Absurdität vieler Alltagsrassismen auch für Weiße deutlich, sagt der Schwarze Journalist Robin Droemer. Wenn einer weißen Person ungewollt ins Haar gefasst und dieses mit Algen verglichen wird, merke auch der Letzte, wie übergriffig und degradierend solch ein Verhalten sein kann.

Das Paradox der Folge

Die eigentliche Stärke der Show liege aber darin, dass sie nicht bei solchen Grenzüberschreitungen stehenbleibt. Wenn ein Teilnehmer weder Job noch Wohnung bekommt, weil er weiß ist, werde die existenzielle Dimension des Alltagsrassismus sichtbar. Auch die Kommentare zu aktuelle Debatten wie Umbenennung von Straßen oder dem Stürzen von Denkmälern seien angenehm spitz und pointiert, sagt Droemer.
Die Folge endet in einem teils pathetischen, teils augenzwinkerndem Eingeständnis der Teilnehmer ihrer eigenen Privilegien und Rassismen. "Darin zeigt sich das Paradox, das der ganzen Folge zugrunde liegt", so Droemer. Sich die eigenen Privilegien als weiße Person einzugestehen, sei natürlich ein wichtiger Schritt. Allerdings würde so der Fokus wieder weg von den Bedürfnissen von BPoC auf weiße Menschen und ihre Geschichten gelegt.

Wer wird gehört, wer nicht?

Schwarze und PoC kritisierten schon lange Rassismus in Deutschland. Damit ihnen geglaubt wird, brauche es aber wie in dieser Show den fiktiven Rollentausch mit weißen Menschen. Dass der Rollentausch notwendig ist, sage viel darüber aus, wer gehört wird und wer nicht, sagt Droemer.
Die Show sei sich dieser Problematik durchaus bewusst. Die Schlussfolgerung einer Figur, dass sie in Zukunft ihre Privilegien eben etwas weniger genießen werde, sei ein kluger Hinweis darauf, dass es mit kritischem Weißsein allein eben nicht getan sein.
"Menschen in Machtpositionen müssen endlich auch mal Platz machen für weniger privilegierte Menschen in diesem System", so Robin Droemer. Nur dann werde sich wirklich etwas ändern.
(rod/sed)
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