Die Ärzte mit neuem Album "Hell"

Punker im Herbst des Lebens

22:34 Minuten
Porträt von Bela B., Rodrigo González und Farin Urlaub in dunklen Anzügen.
Drei Elder Statesmen des Punk, die noch viel zu sagen haben: Farin Urlaub, Rodrigo González und Bela B. (von links). © Jörg Steinmetz
Martin Böttcher im Gespräch mit Bela B. und Farin Urlaub · 23.10.2020
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Nach acht Jahren Pause haben Die Ärzte ein neues Album veröffentlicht. Bestimmte Themen seien inzwischen auserzählt, sagen Farin Urlaub und Bela B. Aber sie wollen nicht in die Rolle alter Männer verfallen, "die nichts mehr zu sagen haben".
1983 tauchte drei schräge Typen in Berlin auf, die ein bisschen Spaßpunk machen wollten: Farin Urlaub, Bela B. und, damals noch ihr Bassist, Sahnie. Es folgten: zweimaliger Austausch des Bassisten (heute ist es Rodrigo González), vorübergehende Auflösung, Neustart 1993, eine große Karriere, ein Dutzend Studioalben. Heute legen Die Ärzte Album Nummer 13 vor: "Hell". Nach acht Jahren Pause.
Mittlerweile wirken Farin Urlaub und Bela B. ein bisschen wie zwei Elder Statesmen des Punk. Mit 57 Jahren ist der Herbst des Lebens nicht fern.

"Wir machen immer noch unsere verschwurbelte Musik"

Und eine große Portion Understatement ist auch dabei, wenn Farin, auf den anhaltenden Erfolg, angesprochen, sagt: "Wir sind immer noch drei Leute, machen unsere verschwurbelte Musik. Und die Konzerte werden mittlerweile so groß … also, ich glaube unsere letzte Tour war innerhalb von zwei Minuten ausverkauft. Unfassbar schnell."
Da scheint immer noch der erstaunte Berliner Junge zu sprechen, der mit seinen Kumpels als eher unpolitische Teenieband gestartet ist und mittlerweile, betont auch Bela B., sehr politische Songs macht. Hat das auch etwas mit dem Alter zu tun? Durchaus, sagt Bela B.:
"Wenn ich bedenke, dass in der Pandemiesituation wir traditionell linksgerichteten Musiker jetzt plötzlich die Vernünftigen sind, die dazu aufrufen, Maske zu tragen und Abstand zu halten … Und dass uns das dann von unseren Gegnern als Spießigkeit ausgelegt wird! Es verschieben sich gerade die Dinge."

Keine Lust mehr auf frauenfeindliche Texte

Auch was die Songs anbelange, sei vieles einfach auserzählt, was für etliche Gangstarapper aber nach wie vor inhaltlich zum festen Repertoire gehöre: exzessiver Drogenkonsum, Frauenfeindlichkeit oder Gewalt.
Bela B., Farin Urlaub und Hagen Liebing, live auf der Bühne, in den 80er Jahren.
Wilde Spaßpunkband: Die Ärzte - hier noch mit Bassist Hagen Liebing - in den 1980er Jahren.© picture-alliance / Jazz Archiv Hamburg / Hardy Schiffler
Was das Altern anbelangt, haben die Ärzte eine deutliche Meinung: Weitermachen – ja, solange man die eigenen Sachen gut finde und was zu erzählen habe. Aber bitte "kein Regime der alten Männer, die uns eigentlich nichts mehr zu sagen haben, aber jedes Jahr die Chartspitze erklimmen", sagt Bela B. und nennt die Rolling Stones als Beispiel. Im Übrigen vertraue er auf gute Freunde, die ihm rechtzeitig sagten, wenn es genug sei.
Gibt es auch Lieder, die sie heute so nicht mehr machen würden? Farin Urlaub fällt der von ihm getextete Titel "Elke" ein, ein böser Song über eine sehr dicke Frau. Er schäme sich zwar nicht für den Songtext – "aber heute würde ich wohl anders damit umgehen".
(mkn)
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