Deutschland wird neu vermessen

Daten für den Deichbau und das Smart-Farming

07:16 Minuten
Ein Vermessungsinstrument steht vor einer leicht hügeligen, grünen Landschaft.
Vermessungspunkt in Leiferde, Niedersachsen: "Die gesamte Landmasse Deutschlands bewegt sich kontinuierlich nach Nordosten", sagt André Sieland. © André Sieland
André Sieland im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 14.07.2021
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Alle 12 bis 13 Jahre sind in Deutschland Vermessungstrupps unterwegs und überprüfen rund 250 Punkte. Die gewonnenen Daten helfen beim Küstenschutz und sind für die computergestützte Landwirtschaft und das autonome Fahren wichtig.
Immer mal wieder wird Deutschland neu vermessen, zuletzt vor 13 Jahren. Nun waren erneut 35 Vermessungstrupps mit hochmoderner Ausrüstung und Satellitenunterstützung unterwegs, arbeiteten über einen Monat zwischen Küste und Alpen, um aktuelle Daten zu liefern. Diese sind von entscheidender Bedeutung, um die Zukunft des Landes zu planen.
Was wird gemessen?
Es wurden 250 grundlegende Vermessungspunkte, sogenannte Grundnetzpunkte, in ganz Deutschland überprüft, sagt André Sieland, Vermessungsingenieur beim Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen. Dabei wurden Position und Höhe der Punkte millimetergenau bestimmt.
Die Punkte haben einen Abstand von jeweils 50 Kilometern und ergeben zusammengefasst ein Netz, das Deutschlands Geografie exakt abbildet.
Dadurch, dass die Messungen regelmäßig wiederholt werden, ergibt sich als weitere Variante die Zeit. Messungen aus verschiedenen Jahren können verglichen und es kann festgestellt werden, ob sich Punkte in der Position oder der Höhe verändert haben.
Welche Veränderungen gab es seit der letzten Messung?
"Wir haben Vermutungen, dass sich Deutschland tatsächlich verformt und bewegt", sagt Sieland. Einerseits bewegt sich die gesamte Landmasse Deutschlands kontinuierlich nach Nordosten. Andererseits gibt es innerhalb des Landes Regionen, die sich heben oder senken.
Während die Nordseeküste im Vergleich zur letzten Messung abgesackt ist, hat sich die Ostseeküste gehoben. Dabei geht es aber nur um Veränderungen im Millimeterbereich.
Auch der Alpenraum befindet sich noch auf dem Weg nach oben. "Das ist ein Vorgang der Plattentektonik. Das spielt immer noch eine Rolle in Deutschland", sagt Sieland.
Welche Folgen haben die Ergebnisse der Messung?
Wichtig sind die gewonnenen Daten zum Beispiel für den Deichbau an den Küsten. Denn auch wenn sich Gebiete nur um wenige Millimeter im Jahr heben oder senken, summiert sich das in hundert Jahren - und 20 Zentimeter können entscheiden, ob ein Deich einer Sturmflut standhält oder nicht.
Auch für das autonome Fahren spielen genaue Standortdaten eine große Rolle. Denn je präziser die Navigation der Fahrzeuge ist, umso sicherer sind die Insassen.
Ebenso wichtig sind die Vermessungen für das sogenannte Smart-Farming, also die computergestützte Landwirtschaft. So können zum Beispiel einzelne Pflanzen punktgenau angesteuert werden, um sie gezielt zu düngen.
Wann wird wieder gemessen?
Die nächste Vermessung Deutschlands wird in ungefähr zwölf Jahren stattfinden. Und auch wenn Satellitenunterstützung eine immer größere Rolle spiele, werden dann auch wieder Mess-Teams ausschwärmen, glaubt André Sieland. "Da sind noch viele Handgriffe nötig bei diesem Prozedere", betont er. Auch das Qualitätsmanagement lasse sich zur Zeit noch nicht automatisieren.
(beb)
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