Deutschland und der Syrien-Krieg

"Ganz unverantwortlich gegenüber Israel"

Ein syrischer Soldat filmt ein zerstörtes Gebäude des Forschungszentrums in Barzeh nördlich von Damaskus, das nach Angaben Syriens von den Luftschlägen der USA, Frankreichs und Großbritanniens getroffen worden sein soll
Ein syrischer Soldat filmt ein zerstörtes Gebäude des Forschungszentrums in Barzeh nördlich von Damaskus, das nach Angaben Syriens von den Luftschlägen der USA, Frankreichs und Großbritanniens getroffen worden sein soll. © AFP/ Louai Beshara
Moderation: Anke Schaefer · 16.04.2018
Sich raushalten, aber gleichzeitig alles besser wissen - das sei die Haltung der Bundesrepublik im Syrien-Krieg, meint Ralf Fücks vom Thinktank "Liberale Moderne". Deutschland gefährde damit indirekt auch Israel, dass sich einer militärischen Bedrohung durch den in Syrien operierenden Iran ausgesetzt sehe.
Eine Nachkriegsordnung für Syrien ist nicht in Sicht. Insbesondere die Beteiligung Russlands am Krieg in Syrien macht diplomatische Initiativen auf internationaler Ebene so gut wie unmöglich. "Der Sicherheitsrat ist inzwischen komplett dysfunktional", sagt Ralf Fücks vom Zentrum Liberale Moderne.
Insofern verurteilt der frühere Grünen-Politiker den Luftschlag der USA, Frankreichs und Großbritanniens auf Syrien nicht, sondern meint, dass der westliche Militäreinsatz vom Wochenende ein "Türöffner" für einen neuen diplomatischen Prozess sein könne:
"Russland dazu zu kriegen, sich wieder auf einen konstruktiven politischen Prozess einzulassen, das ging nicht ohne ein machtpolitisches Signal des Westens, dass man nicht mehr bereit ist, den Kreml frei schalten und walten zu lassen in Syrien."
Die Reaktion von Bundeskanzlerin Merkel wertet Fücks jedoch als "Schizophrenie". Merkel hatte den Militäreinsatz als "erforderlich und angemessen" bezeichnet und die Unterstützung der "amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten" zugesichert, jedoch ohne deutsche Verantwortungen zu benennen.

"Das kaschiert nur unsere außenpolitische Ohnmacht"

Fücks erkennt in dieser Haltung ein "tiefergehendes Problem" der Bundesrepublik mit militärischen Einsätzen. Deutschland halte sich raus, wisse aber alles besser.
"Es gibt so eine Tendenz, uns rauszuhalten und gleichzeitig immer alles besser zu wissen. Und das kaschiert eigentlich nur unsere außenpolitische Ohnmacht. Also gegenüber Syrien, das finde ich wirklich dramatisch, dass die EU und die Bundesrepublik im Besonderen in den letzten Jahren überhaupt keine strategische Politik entwickelt haben, die darauf abzielte, dieses fürchterliche Massaker, dieses Blutbad zu beenden und auch die legitimen Interessen Europas in seiner südlichen Nachbarschaft zu waren."
Dass Deutschland keine klare Haltung gegenüber den Entwicklungen im Nahen Osten verfolge, nennt Fücks "unverantwortlich", insbesondere auch im Hinblick auf die gefährliche Lage Israels. So stationiere der Iran in Syrien Truppen und Milizen, Raketen und Drohnen, die insbesondere gegen Israel gerichtet seien.

Kein Sonderweg für Deutschland

Deutschland könne innerhalb der westlichen Allianz keinen "Sonderweg" gehen, betont Fücks. Schon die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder habe hier die Grundsatzentscheidung getroffen,
"dass wir uns an friedenssichernden oder friedenserzwingenden internationalen Einsätzen beteiligen, allerdings immer unter der Prämisse eines UN-Mandats. Das war aber schon beim Kosovo ausgesprochen strittig."
Die Bundeswehr sei allerdings so gründlich abgerüstet worden, dass es Deutschland derzeit an den "militärischen Fähigkeiten" fehle:
"Die Bundeswehr ist mit ihren jetzigen Auslandseinsätzen bereits an der Grenze ihrer Fähigkeiten. Insofern – ich glaube aus politischen und militärischen Rücksichten - haben die USA, Großbritannien und Frankreich diesmal gar nicht erwartet, dass die Bundesrepublik dabei ist. Das halte ich allerdings nicht für ein gutes Zeichen."
(huc)
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