Deutschland und das Coronavirus

Die beherrschbare Krise

95:05 Minuten
Das Foto zeigt zwei Helfer in Schutzanzügen im Einsatz gegen das Coronavirus.
Sich gegenseitig helfen, auch wenn es eng wird: Das ist das Gebot der Stunde. Wenn wir so handeln, kommen wir gut durch die Krise. © picture alliance / dpa / GTRESONLINE
Stephan Ludwig und Frank Roselieb im Gespräch mit Vladimir Balzer · 21.03.2020
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Das Coronavirus bremst uns immer mehr aus: Weltweite Reisewarnungen, geschlossene Grenzen, die Wirtschaft auf Talfahrt. Das öffentliche Leben ist nahezu lahmgelegt, es droht eine bundesweite Ausgangssperre. Wie kommen wir da am besten durch?
"Die Lage ist sicherlich ernst und außergewöhnlich, aber sie ist mit Sicherheit nicht aussichtslos oder unbeherrschbar", sagt Frank Roselieb, Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel.

Die Bundesregierung handelt angemessen

Das Institut dokumentiert rückwirkend seit 1984 sämtliche Krisen in Deutschland. Zudem berät Roselieb Landes- und Bundesbehörden sowie Unternehmen im Krisenmanagement.
Die bisherigen Maßnahmen seitens der Bundesregierung seien angemessen, betont er. "Was gerade geschieht, ist nichts weiter, als dass die Politik ein Drehbuch abarbeitet. Phase eins: aufklären. Phase zwei: der Appell. Jetzt sind wir in der Phase drei: das Anordnen."
Den Takt dieser Phasen gebe letztlich das Verhalten der Bürger vor. Wenn diese sich nicht an die Aufforderung hielten, möglichst zu Hause zu bleiben und ihre heimischen Treffs nun in Parks verlagerten – dann folge die nächste Stufe: eine bundesweite Ausgangssperre.

Notfallprogramme in Krisenzeiten

Der Krisenforscher warnt vor Panik und Verschwörungstheorien und erinnert an überstandene Bedrohungen: die SARS-Epidemie 2002/2003, die "Schweinegrippe" 2009/2010 oder die weltweite Finanzkrise 2008.
Eine schleichende Pandemie wie das Coronavirus verunsichere die Bürger. Aber es gebe verschiedenen Notfallprogramme: zum Beispiel für die Lebensmittelversorgung, zur Aufrechterhaltung der Strom-und Wasserversorgung sowie zusätzliche Finanzmittel für betroffene Unternehmen.

Weltweite Suche nach dem Impfstoff

Wir müssen sicherstellen, dass die Infektionszahlen nicht die Kapazität unserer Kliniken übersteigen", sagt Prof. Dr. Stephan Ludwig. Er ist Leiter des Instituts für Virologie der Universität Münster und Mitglied des städtischen Corona-Krisenstabes.
Schon jetzt gerieten die Krankenhäuser in den besonders betroffenen Gebieten an ihre Grenzen. Das müsse vermieden werden. Es werde weltweit an einem Mittel gegen das neue Virus geforscht, auch an seinem Klinikum.
Da ein Impfstoff aber nicht schnell genug entwickelt werden könne, setzt der Virologe auf bereits bekannte Substanzen. So wird gerade getestet, ob ein Ebola-Medikament gegen das neue Coronavirus eingesetzt werden kann.

Wie verhält sich das Virus?

Forscher wie Ludwig beobachten genau, wie sich das Virus verbreitet. Offenbar sei es nicht so saisonabhängig wie die bekannten Grippeviren, die mit dem Frühjahr abnähmen. Es werde uns – so der Virologe – wohl über das laufende Jahr begleiten.
Ludwig setzt auch auf die Erfahrungen in China, wo die Infektionszahlen deutlich gesunken sind. "Wenn die das hingekriegt haben, bin ich guter Hoffnung, dass es bei uns auch klappt. Ich gehe davon aus, dass die Kurven flacher werden." Doch dies hänge auch vom Verhalten aller ab, das Übertragungsrisiko zu mindern.

Deutschland und das Coronavirus: Die beherrschbare Krise
Darüber spricht Vladimir Balzer am Samstag von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit dem Virologen Stephan Ludwig und dem Krisenforscher Frank Roselieb. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen und Fragen stellen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de" target="_blank" href="https://www.deutschlandfunkkultur.de/im-gespraech.969.de.html">gespraech@deutschlandfunkkultur.de.

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