Deutschland ohne AKW

Gast: Prof. Dr. Olav Hohmeyer, Professor für Energie- und Ressourcenwirtschaft an der Universität Flensburg · 26.03.2011
Der verheerende Unfall in dem japanischen Kernkraftwerk Fukushima und seine Folgen haben die Ausstiegsdebatte in Deutschland einmal mehr angeheizt. Am heutigen Samstag sind in verschiedenen deutschen Städten Großdemonstrationen geplant. Ihr Motto "Fukushima mahnt - alle AKWs abschalten!". Nur, wie schnell kann dieser Ausstieg erfolgen, und worauf haben wir uns einzustellen in einem Land ohne AKW?
"Wir brauchen schon ab 2014 oder 2015 keine Atomkraftwerke mehr", sagt Olav Hohmeyer, Professor für Energie- und Ressourcenwirtschaft an der Universität Flensburg. Dieser schnelle Ausstieg sei aber nur möglich, wenn die konventionellen Kohle- und Gaskraftwerke im Schnitt ein Jahrzehnt länger am Netz bleiben. Wenn zeitgleich die Erneuerbaren stärker ausgebaut werden, sei dies auch klimapolitisch vertretbar.

"Langfristig können wir 100 Prozent Erneuerbare machen. Wenn Sie es gemütlich angehen lassen, dann 2050. Wenn ich es schneller realisieren will, dann schaffen wir es auch bis 2030",

ist das Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen überzeugt.

"Die Erneuerbaren sind bereits dazu in der Lage. Der Transport von A nach B ist das Problem, weil wir dafür Trassen brauchen. Wir haben enorme Potenziale im Norden des Landes, die Verbrauchszentren liegen aber rund um Stuttgart, im Raum Frankfurt oder im Ruhrgebiet. Und da muss der Strom hin, dafür brauche ich Leitungspotenzial. Ob ich das bis 2030 schon erreichen kann, ist eine Frage des politischen Willens und des politischen Handelns."

Wie sieht der Energiemix der Zukunft nach Meinung des Sachverständigenrates aus?

"80 Prozent Windkraft, davon 60 Prozent Offshore und 20 Prozent Onshore, zehn Prozent Solarenergie und jeweils fünf Prozent Laufwasser-Kraftwerke und Rest-Biomasse."

Da es noch an Speicherkapazitäten für Solar- und Windkraft fehlt, schwebt Olav Hohmeyer eine Speicherung in Norwegen vor. Dafür und für die neuen Stromtrassen müssten rund 5000 Kilometer Kabel quer durch Deutschland gelegt werden. Der Energieexperte stellt sich bereits auf Proteste von Anrainern ein.

Seine Vision: "Wenn Sie später mal unsere Kinder sehen, 2050, dann werden sie die billigste Versorgung haben." Und die sicherste – ohne Strahlenrisiko.

"Deutschland ohne AKW? Chancen und Grenzen der Erneuerbaren" - Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit dem Energieexperten Olav Hohmeyer. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 – 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:
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