Deutscher Pavillon in Venedig

Eine engagierte Künstlerin für einen historisch belasteten Ort

07:25 Minuten
Außenansicht des Deutschen Pavillons bei der Biennale in Venedig.
Maria Eichhorn werde im deutschen Pavillon der Biennale in Venedig 2022 ein gesellschaftsrelevantes Thema aufgreifen, ist sich Kurator Yilmaz Dziewior sicher. © imago images / Phototek / Inga Kjer
Yilmaz Dziewior im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 17.02.2021
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Die Berliner Künstlerin Maria Eichhorn wird den Deutschen Pavillon der Biennale in Venedig 2022 gestalten. Der Kurator Yilmaz Dziewior schätzt ihre eindringliche gesellschaftskritische Bildsprache, ihren Humor und ihre Unvorhersehbarkeit.
Die Künstlerin Maria Eichhorn wird für die 59. Biennale in Venedig, die wegen der Coronapandemie erst 2022 stattfindet, den deutschen Pavillon gestalten. Der Pavillon ist ein sehr großer Raum, der historisch durch die Nationalsozialisten belastet ist. Für den Kurator der Pavillons, Yilmaz Dziewior, ist die Berlinerin daher genau die richtige Wahl:

Gesellschaftliche Fragen in Kunst umwandeln

"Maria Eichhorn ist eine absolut herausragende Künstlerin, die es versteht, schwierige gesellschaftliche Fragestellungen in Kunst zu überführen, die nicht nur aufgrund ihrer Fragestellungen und Themen berührt, die sie verhandelt, sondern die es auch schafft, dafür sehr einprägsame Bilder, Installationen und Filme zu schaffen."
Bereits bei der documenta 11 im Jahr 2002 habe Eichhorn mit ihren Arbeiten bewiesen, dass sie "virulente" Themen hervorragend ins Bild setzt, sagt Dziewior, der auch Direktor des Museums Ludwig in Köln ist. "Humor, Intellekt und eine formale Bildsprache, die sehr eindringlich ist, das ist eigentlich die Qualität von Maria Eichhorn."
Ein Teil des umfangreichen Projekts der Künstlerin Maria Eichhorn: Von der Berliner Stadtbibliothek 1943 unrechtmäßig aus jüdischem Eigentum erworbene Bücher sind in einem riesigen Bücherregal - einem Bücherturm - bei der documenta 14 im Jahre 2017 ausgestellt. 
Mit ihrem "Rosa Valland Institut" und auch mit dem Bücherturm, den sie 2017 auf der documenta 14 präsentierte, greift Maria Eichhorn die Provenienzforschung auf. © imago images / Camera4
Auf der documenta 14 von 2017 habe die Künstlerin mit ihrem Werk "aktiv in einem gesellschaftlichen Diskurs" eingegriffen: "Ein großer Bücherturm, wo Bücher präsentiert wurden, die aus ehemals jüdischen Besitz enteignet wurden und sich heute in Bibliotheken befinden."

Thema noch offen

Was die 58-Jährige sich nun für den deutschen Pavillon überlegen werde, sei nicht abzusehen, so Dziewior. Er könne sich vorstellen, dass sie sich mit der deutschen Geschichte und der Architektur des Pavillons auseinandersetzen werde.
Möglich sei aber auch, dass sie eine "ökologische Fragestellung" aufgreife, was zum Beispiel der Tourismus mit der Stadt Venedig mache. "Das ist ein schönes Moment im Werk von Maria Eichhorn, das es nicht vorhersehbar ist."
(kpa)

Einen Kommentar des Kunstkritikers Carsten Probst zur Ernennung von Maria Eichhorn hören Sie hier:
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