Deutsche Bahn - Jahresbilanz

Kritik an falscher Strategie

Nur wenige Güterzüge und Waggons stehen im Lindener Güterbahnhof in Hannover.
Die Bahn will ihren Güterverkehr weiter verringern, kündigte der Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube an. © picture alliance / dpa / Holger Hollemann
Heiner Monheim im Gespräch mit Marianne Allweiß und André Hatting  · 16.03.2016
Eine falsche Weichenstellung wirft Heiner Monheim der Deutschen Bahn vor. "Wir brauchen im Prinzip Bahncard 100 für alle", so der Verkehrsexperte. Deren Vorstandsvorsitzender Rüdiger Grube stellte die Jahresbilanz 2015 vor.
Der Verkehrsexperte Heiner Monheim fordert einen Gesamtverkehrsplan der Bundesregierung. Der frühere Professor an der Universität Trier kritisierte im Deutschlandradio Kultur, dass weder Bundesregierung noch Parlament sich seit der Bahnreform Mitte der 1990er Jahre um eine "Grundstrategie offensiver Bahnpolitik" kümmerten. Er wies darauf hin, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CDU) gleichzeitig den Ausbau des Straßennetzes für den Güterverkehr verkünde, während die Deutsche Bahn den Güterverkehr um ein Drittel einschränken wolle. Der Vorstandsvorsitzender Rüdiger Grube hatte die Jahresbilanz 2015 vorgestellt, die Verluste von 1,3 Milliarden Euro auswies.

Bahn wird schlechter

"Seit gut 30 Jahren ist der übliche Politikersprech Güter gehören auf die Schiene," sagte Monheim. Das bedeute, dass man nicht nur auf wenigen Korridoren Gütern befördern dürfe, sondern müsse in der Fläche dort präsent sein, wo der Güterverkehr entstehe. Die alte Güterbahn habe einmal Marktanteile von 80 Prozent aufgewiesen. Durch den Abbau des Güterverkehrs, die Monheim als "Kannabalisierung" bezeichnete, mache sich die Bahn im Güterverkehr immer kleiner. "Dann müssen wir Milliarden und Abermilliarden in den Ausbau von Autobahnen stecken", sagte Monheim. "Das passt auch klimapolitisch überhaupt nicht." Der Verkehrsexperte rügte diese "von Grund auf falsche Strategie". Unternehmenssanierer machten gerne etwas dicht, aber das sei wenig kreativ. "Die Bahn wird, wenn sie sich zurückzieht, nicht besser, sondern sie wird schlechter."

Bahncard 100 für alle

Im Personenverkehr sei es zwar erfreulich, dass es Zuwächse gebe, aber auch dies bleibe unter den Notwendigkeiten, sagte Monheim. Die Fernbusse seien heute die größten Konkurrenten der Bahn. "Der Fernbus punktet mit Billigpreisen", sagte Monheim. Die richtige Strategie dagegen seien nicht die chaotischen Sonderangebote der Bahn, sondern eine Offensive bei der Bahncard. "Wir brauchen im Prinzip, ich sag mal salopp, Bahncard 100 für alle." Die Bahn müsse ihr Angebot ausbauen, um auch die eine Hälfte der Bevölkerung, die in den letzten zehn Jahren nicht einmal im Zug gesessen habe, zu gewinnen.
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