Deutsch-irische Tristan-und-Isolde-Geschichte

14.10.2010
In seinem Roman-Debüt erzählt der "Spiegel"-Journalist Markus Feldenkirchen von der Liebe zwischen einem Deutschen und einer Irin. Die dramatische Trennung des Paares symbolisiert zugleich die Trennung der beiden deutschen Staaten.
"Banker, Mitte dreißig, schweres Konto, schweres Herz" – so beschreibt Markus Feldenkirchen in einem Internetfilm seinen Romanhelden. Dieser Benjamin ist ein Jung-geselle, den der Zeitgeist erschaffen haben könnte. Er ist cool und erfolgreich, kosmopolitisch und unabhängig, er hat eine Freundin, die er nicht wirklich liebt und eine Geliebte, die er noch weniger liebt. Er ist ständig auf Reisen, aber im Kern seines Lebens herrscht Stillstand. Dies ist die Ausgangssituation von Markus Feldenkirchens Debütroman "Was zusammengehört".

Ein äußerlich unscheinbares Ereignis zerstört Benjamins Abgeklärtheit mit einem Schlag: Er erhält einen Brief, dessen Absenderadresse ihn elektrisiert und in die Vergangenheit zurück-wirft. Vor zwanzig Jahren hielt er sich als Gymnasiast in Irland auf und lernte die gleichalt-rige Victoria kennen. Sie war die erste große Liebe seines Lebens und, wie er im Lauf der Erzählung begreift, auch die einzige.

Die Beziehung zwischen dem westdeutschen Jungen und dem irischen Mädchen stand allerdings von Beginn unter keinem guten Stern. Victorias erzkatholischer, autoritärer Vater verbietet den Kontakt, er droht Victoria, als sie aus Verzweiflung von zu Hause ausreißt und zu Benjamin nach Deutschland flieht, holt der Vater sie zurück. Danach hört Benjamin 20 Jahre lang nie wieder von dem Mädchen.

All die verblassten Erinnerungen werden nun durch den Brief lebendig, den Benjamin allerdings erst am Ende des Romans liest. Über den gesamten Handlungsverlauf zieht sich so der Spannungsbogen aufgeschobener Erwartung. Denn der Brief enthält ein Geheimnis, das am Ende des Romans gelüftet wird.

Markus Feldenkirchen verlässt sich damit auf eine etwas konventionelle Erzähldramaturgie. Erzählt ist die deutsch-irische Tristan-und-Isolde-Geschichte auf zwei Zeitebenen, im Wechsel von Gegenwart und Rückblicken in Benjamins Irlandreise vor zwei Jahrzehnten, und dieser Zeitverschränkung verdankt der Roman seine historische Bedeutung.

Denn Benjamins aussichtslose Jugendliebe ereignete sich im Sommer 1989, der Brief indes, der diesen Sommer in sein Gedächtnis zurückholt, trifft im Jahr des 20. Jahrestages der deutschen Wiedervereinigung bei ihm ein. "Was zusammengehört" stellt das weltgeschicht-liche und das private Ereignis in einen Sinnzusammenhang.

Die dramatische Trennung des Teenagerpaares symbolisiert die Trennung der beiden deutschen Staaten und umgekehrt. Gleichzeitig stellt die Romanerzählung auch eine Parallele her zwischen der Teilung Deutschlands und der Teilung Irlands in einen katholischen und einen protestantischen Teil. Markus Feldenkirchens Roman erzählt eine anrührende Geschichte, aber er strapaziert sie mit einem etwas mechanistischen Überbau.

Besprochen von Ursula März

Markus Feldenkirchen: Was zusammengehört
Verlag Kein&Aber, Zürich 2010
336 Seiten, 19.90 Euro