Despot der Isolation

Von Doris Liebermann · 11.04.2010
41 Jahre lang regierte Enver Hoxha als Chef der Kommunistischen Partei mit eiserner Hand über Albanien, bevor er 1985 an Herzversagen starb. Der Name des Diktators ist noch heute auf einer Bergflanke im Süden des Landes von Weitem zu lesen.
Enver Hoxha war ein gefürchteter Diktator, unberechenbar und undurchschaubar, und er galt als gnadenloser Schlächter. Er duldete keine Opposition, schickte Abertausende in die Verbannung, ließ politische Gegner verfolgen und ermorden. 1967 ließ er sämtliche religiösen Organisationen verbieten und erklärte Albanien zum ersten atheistischen Staat der Welt. Moscheen und Kirchen ließ er in Lagerhallen verwandeln oder zerstören. 41 Jahre lang prägte Hoxha die Geschichte des kleinen Balkanlandes mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern.

Tonaufnahmen von ihm gibt es bei uns wenige und über seine Biografie war zu seinen Lebzeiten weniger bekannt als über die der Parteiführer anderer sozialistischer Staaten. Für einen makellosen kommunistischen Lebenslauf fehlte ihm der proletarische Hintergrund. Geboren wurde Hoxha am 16. Oktober 1908 in Gjirokaster in einer moslemischen Mittelschichtfamilie. Damals war Albanien noch Teil des Osmanischen Reiches, erst 1912 erlangte es seine Unabhängigkeit in den Grenzen des heutigen Staates wieder. Hoxha besuchte das französische Gymnasium in Korce und studierte in Frankreich und Belgien Naturwissenschaften und Jura. Während des Studiums kam er mit kommunistischen Ideen in Kontakt. Er kehrte 1936 nach Albanien zurück, arbeitete als Französischlehrer an einem Gymnasium in Tirana, erhielt 1939 Berufsverbot und betrieb danach einen Tabakladen.

Ab 1941 baute Hoxha die Kommunistische Partei Albaniens als straffe Kaderpartei auf. Er einte die verschiedenen Widerstandsgruppen gegen die Italiener, die zwei Jahre zuvor das Land besetzt hatten, und gegen die nachrückende deutsche Wehrmacht. Auf dem ersten Parteitag der KP 1943 wurde er zum Generalsekretär gewählt, ein Jahr später begann er mit dem Aufbau einer kommunistischen Diktatur. Die entscheidende Hilfe leistete dabei der jugoslawische Marschall Jossip Broz Tito, der sich wohl eine schrittweise Eingliederung Albaniens in die jugoslawische Förderation vorgestellt hatte. Der Bruch Titos mit Stalin 1948 bot Hoxha die Chance, ebenfalls mit Tito zu brechen. Unter Stalin festigte der albanische KP-Chef seine Macht.

Stalins Nachfolger Chruschtschow aber kündigte Hoxha die Gefolgschaft, und 1968 trat Hoxha sogar aus dem Warschauer Pakt aus. Er setzte auf eine Koalition mit der Volksrepublik China, brach 1978 aber auch die Beziehungen zu den Chinesen ab und trieb fortan Albanien immer mehr in die Isolation. Um das Land gegen Angriffe von außen zu wappnen, ließ er 600.000 Bunker bauen, die noch heute wie Pilzköpfe aus der Landschaft ragen.

Hoxha war vom Verfolgungswahn getrieben.

"Der albanische Staats- und Parteichef Enver Hoxha hat den früheren Ministerpräsidenten Mehmet Shehu als Verräter und Doppelagenten bezeichnet. Shehu habe den Auftrag gehabt, ihn sowie andere führende Vertreter von Staat und Partei zu ermorden, sagte Hoxha laut Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur des Landes."

Im Dezember 1981 war Hoxhas jahrzehntelanger Stellvertreter Mehmet Shehu erschossen aufgefunden worden. Zuerst lautete die offizielle Version: Selbstmord, dann ließ Hoxha die Agentenstory verbreiten. Diese Version wird bis heute angezweifelt, jedoch fehlt es an Beweisen, sie zu widerlegen.

Als Enver Hoxha am 11. April 1985 in Tirana an Herzversagen starb, war er 76 Jahre alt.

Nach den Angaben des National-Museums in Tirana, welche den "Genozid des kommunistischen Terrors" erforscht, ergibt sich für Albanien eine traurige Statistik: zwischen 1944 und 1992 befanden sich rund 18.000 Personen in politischer Gefangenschaft, mehr als 5000 wurden exekutiert, 952 starben in Gefängnissen. An den Folgen der jahrzehntelangen Isolierung durch Hoxha aber leidet Albanien noch heute.