Designforscher Arne Scheuermann

"Die Neue Rechte weiß sehr viel von Marketing"

06:50 Minuten
Eine rote Kappe mit der Aufschrift "Make America great again"
Die MAGA-Basecap ist fast ein Muss für Trump-Fans: "Ein brillantes Design, weil es keiner Vorgabe folgt", sagt Arne Scheuermann. © AFP/JIM WATSON
Arne Scheuermann im Gespräch mit Julius Stucke · 14.11.2019
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Die extreme Rechte bedient sich wie ihre historischen Vorgänger des Designs, um ihre Ideologie zu verbreiten. Für ein besonders gelungenes Beispiel hält der Designforscher Arne Scheuermann Donald Trumps Kappe mit dem Spruch "Make America great again".
Die Neue Rechte versucht, auf verschiedene Weise Einfluss in der Gesellschaft zu gewinnen. Ein Mittel etwa ist Design. Am Wochenende findet dazu eine Tagung der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung in Kassel statt.
"Die Rechten bedienen sich unterschiedlicher Bildsprachen", sagt Arne Scheuermann. Er leitet das Institute of Design Research an der Hochschule der Künste in Bern. Einige der von den Rechten verwendeten Elemente stünden in einer faschistischen Tradition, wie etwa "der Mensch in der Masse als Ornament" - andere seien weniger offensichtlich.

Zeichen aus Comicserie übernommen

Die Neue Rechte wisse sehr viel über Marketing, sagt Scheuermann. "Da gibt es Leute, die das extrem steuern. Aber letztlich ist das Interessante, dass man mit sehr robusten Zeichen arbeitet", so Scheuermann. "Das ist wiederum eine Gemeinsamkeit mit dem Design der NSDAP."
Ein Graffiti zeigt, wie ein blauer Pac-Man ein schwarz-gelbes Lambda-Zeichen der sogenannten Identitären Bewegung auffrisst.
Kampf der Kulturen: Der popkulturelle Pac-Man zeigt sich auf einem Graffiti in Halle an der Saale dem Lambda-Zeichen der Identitären Bewegung aufgeschlossen.© Picture Alliance / dpa / Sachelle Babbar / ZUMA Wire
Von Rechtspopulismus bis hin zu Naziterror reiche das Spektrum der Neuen Rechte. Die unterschiedlichen Akteure benutzen laut Scheuermann auch ein unterschiedliches Design. Bei manchen sei dies sehr elaboriert – beispielsweise das Lambda-Zeichen der sogenannten Identitären Bewegung. Dieses sei mit einer Geschichte versehen worden. Verdeckt werde aber, dass dieses wahrscheinlich aus den Comics "300" von Frank Miller bzw. aus deren Verfilmung übernommen worden sei.

Propaganda mit Memes

Es werde so eine Geschichte aufgebaut, doch in der Verwendung ist dies dann gar nicht subtil, sondern "sehr robust", erläutert Scheuermann. Diese Robustheit gebe es auch bei Rechtspopulisten wie Donald Trump. Dessen Kappe mit dem Aufdruck "Make America great again" sei deswegen "so ein brillantes Design, weil es keiner Vorgabe folgt", unterstreicht Scheuermann, sondern weil es von jedem nachgemacht werden könne.
Doch im Internet, vor allem bei Memes, würden auch andere Strategien angewendet. Dies sei meist weniger offensichtlich, wenn nicht die Zeichen von verbotenen Organisationen wie Hakenkreuze oder andere Nazisymbole genutzt werden. Denn: "Im Großen und Ganzen werden Bilder verwendet, wie wir sie in anderen Memes auch finden", so Scheuermann.

Prinzip: Provokation

Es gebe aber auch Beispiele, bei denen gezielt faschistische Zeichen eingesetzt würden, sagt der Forscher. "Das ist ein Verfahren, bei dem mit verbotenen Symbolen popkulturell gespielt, der Alltagsraum vereinnahmt wird und die Symbole damit verharmlost werden."
Dabei setze die neue Rechte vor allem auf Provokation – um anschließend zurückzurudern und zu behaupten, alles wäre gar nicht so gemeint gewesen. Dabei könnten die Rechten an ein generelles Merkmal von Memes anknüpfen und sich an diesem bedienen: Geteilt werde, was Witz hat und überrascht.
Damit werde die Hemmschwelle gesenkt, dieses Material zu teilen, erläutert Scheuermann. "Rechtsextreme Propaganda und Inhalte werden in einer Form aufbereitet, die als überraschend und vielleicht auch witzig wahrgenommen wird – und deswegen dann vielfach geteilt wird."
(rzr)
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