Der "Youcat" im Praxistest

Von Maria Riederer |
Im Frühjahr hat die katholische Kirche den Jugendkatechismus "Youcat" veröffentlicht. Er wurde schon in 15 Sprachen übersetzt. Sieben Schüler zwischen 13 und 16 haben sich den Youcat genauer angeschaut.
"Ich glaub, das soll unseren Glauben erklären."

"Ich glaub, das sind die Regeln, nach denen man sich möglichst richten sollte oder die Fragen, auf die wir ne Antwort wissen sollten."

Elena, Marko, Timo, Andreas, Michelle, Tobias und May blättern kreuz und quer im Youcat herum und prüfen zunächst einmal das Outfit.

"Da sind bunte Bilder drin und da werden auch an den Seiten so Fachbegriffe oder so erklärt."

"Unten kann man ein Daumenkino an den Seiten sehen, wenn man das ganz schnell umblättert, sieht man ein Daumenkino."

"Und dass vor allem viel mit Zeichentrickfiguren das nochmal bildhaft dargestellt wird."

"Hinten kann man nach Schlagwörtern gucken, dann kann man gucken, auf welcher Seite das ist."

"Ja, zum Beispiel, was jetzt genau, so glaubensmäßig gesehen, die Firmung oder die Kommunion ist und so."

"Ha! Da ist es, da ist es ... Kommunikationsmittel, Kommunion, Heilige, Seite 208, 212, 213, 221 ... Dann geht man zur ersten und liest dann weiter." -"Heiliger Geist und Firmung. Steht drin."

Von der Kommunion kommen die Schüler direkt auf die Firmung, die ihrem Alter eher entspricht. Unter der Frage: "Was ist die Firmung" steht, wie bei allen anderen Fragen auch, zunächst die fett gedruckte Antwort aus dem Erwachsenen-Katechismus. Darunter steht die Erklärung des Youcat.

"Im Fettgedruckten steht drin, dass die Firmung ein Sakrament ist und mit der Chrisamsalbung, wie das alles abläuft - und in dem Erklärten steht dann drin, mit dem Trainer, der einen Fußballspieler auf den Platz schickt, dem erstmal die Hand auf die Schulter legt und ihm dann letzte Anweisungen gibt und das ist dann sehr gut erklärt."

"Die Firmung verbindet nicht jeder mit einem Fußballspiel, eher weniger Leute, und deswegen find ich das nochmal sehr schön, dass man da auch Beispiele von fernen Bildern hat."

"Was bedeutet es, dass Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich ist?" - "In Jesus ist Gott wirklich einer von uns und damit unser Bruder geworden; er hörte jedoch nicht auf, gleichzeitig Gott und damit unser Herr zu sein."

Soweit der Erwachsenenkatechismus. Für die Jugendlichen folgt dann ein längerer Kommentar zu den verschiedenen Lehren wie Nestorianismus, Doketismus oder Monophysitismus. Die Formel des "ungetrennt und unvermischten" Mensch- und Gott-Wesens Jesu wird genannt - die Schüler sind verwirrt.

"Der ist komplizierter, da verliert man eher mal den Faden und weiß nicht mehr, worum es da geht."

"Was ich da für ein Problem sehe - die Frage ist: Was bedeutet es und nicht - Wie ist es? Entweder müsste die Frage anders gestellt werden oder es ist wirklich so, dass man den Text anders schreiben sollte, zum Beispiel nicht, dass es ungetrennt und unvermischt ist in Jesus, das Göttliche und das Menschliche - sondern was es für uns bzw. für Jesus bedeuten würde."

"Ich finde, das ist viel zu lang geschrieben, also die Jugendlichen wollen nicht so zwei Seiten über ein Thema lesen. Zum Beispiel hier beim Erwachsenenkatechismus ist das viel besser geschrieben. Das ist ein Satz und nicht zehn Sätze oder so."

Die Antworten aus dem Erwachsenenkatechismus sind kurz und knackig, sodass sich die jungen Leser auch gerne damit zufriedengeben. Manchmal sind sie ihnen aber doch allzu knapp.

"Zum Beispiel: Kann man Christ sein, ohne an die Auferstehung Christi zu glauben? Da wird dann als strikte Antwort: Nein. Ist Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos. Da hab ich mich dann schon gefragt, ob man das so direkt sehen muss, man kann das nämlich auch bildlich aufgreifen, dass Christus gar nicht wirklich auferstanden ist, dass er tot war und dann wieder lebendig, sondern dass die Menschen an ihn so glaubten, und ihm nachgegangen sind, dass sie ihn bildlich vor sich hatten."

"Wir hatten gestern auch im Unterricht darüber gesprochen, dann hat auch ein Mädchen gesagt - ja, äh, bin ich jetzt keine Christin oder was, das kann man schon falsch verstehen – also man müsste nochmal, was die damit jetzt meinen."

"Schöner formulieren, also nicht direkt als erstes kommt Nein, punkt, das find ich bisschen zu direkt."

"Ich würde sehr schön es finden, wenn die Autoren nachgefragt hätten bei anderen Jugendlichen oder auch bei Religionslehrern, wie man das denn interpretieren könnte."

Aber es gibt ja noch andere Artikel zum Thema Auferstehung.

"Da gibt's einmal Auferstehung - Auferstehung der Toten, Auferstehung des Fleisches, Auferstehungsleib Christi. Wo soll man da denn nachgucken? Da ist dann wieder ein Pfeil, wo ich dann nachgucken muss, das heißt, für die eine Frage muss ich jetzt zehn Artikel lesen, um die dann zu verstehen?"

Die Jugendlichen diskutieren an verschiedenen Stellen, ob Erklärungen helfen oder verwirren und ob sie zu lang oder zu kurz sind. Die Glaubwürdigkeit des gesamten Projektes hinterfragen sie erst, als es um kritische Fragen an die Kirche geht.

"Zur Homosexualität steht drin, dass die Kirche vorbehaltlos Homosexuelle annimmt - also mit der Realität ... ich glaube ... Da war doch neulich was in den Nachrichten - da wurde ein Lehrer entlassen."

"Ich glaube, das Buch stellt dar, wie es sein sollte, und sagt aber, dass es angeblich auch so ist, aber das stimmt in vielen Fällen nicht."

Die Kirche lehnt Kondome und künstliche Empfängnisverhütung ab. So steht es im Youcat, und das lässt bei den Jugendlichen naturgemäß Fragen offen. Vor allem aber fehlen ihnen Stellungnahmen zur Vergangenheit der Kirche und zu den Missbrauchsfällen durch Priester.

"Besonders im Mittelalter, da haben die ja nicht wirklich zum Wohle der Menschen gehandelt, und ich hab gar nichts gefunden hinten drin, weder unter diesen speziellen Begriffen wie zum Beispiel Kreuzzüge oder Hexenverfolgung oder so oder Kirchengeschichte, steht nichts zu drin."

"Also alles, was die Kirche falsch gemacht hat, steht hier nicht drin. Aber ich glaube, das würde sehr viele Leute auch interessieren - nicht um die Kirche schlecht zu machen, sondern dass sie auch dazu stehen, dass sie was falsch gemacht haben."

"Und das ist glaub ich auch ein Problem, in letzter Zeit haben ja auch viele die Kirche verlassen wegen der Missbrauchsfälle, also ich denke mal dadurch, dass sie das auch nicht zugeben, verlassen auch viele die Kirche."

Auch wenn die Jugendlichen vieles deutlich infrage stellen, sind sie froh über die Tatsache, dass die Kirche sich mit einem eigenen Katechismus speziell an sie wendet.

"Ich finde, man sollte das würdigen und respektieren, dass die Kirche das halt rausgebracht hat und dass sie's versucht hat, zu erklären, auch wenn's manchmal halt schiefgegangen ist, aber sonst ist es eigentlich ganz okay, vor allem sind die meisten Beispiele, wenn ich mal so durchblätter, relativ anschaulich erklärt."

"Man muss auch beachten, dass die Kirche damit zeigt, dass ihr die Jugend nicht egal ist. Die wollen damit auch die Jugendlichen anspornen und sagen: Hey, kommt doch in die Schule - äh, in die Kirche - dass da auch die Jugendlichen mehr Interesse an der Kirche haben."

"Für mich ist Religion immer der eigene Gedanke, und deswegen find ich wichtig, dass man selber sich die Religion bilden soll und auch vorstellen soll und das Buch soll einen dabei unterstützen und nicht vorschreiben, was man denken soll."
Mehr zum Thema