Der Wüstling als Einsiedler

Nie sind sich der melodische Geist der italienischen Oper und der Feinsinn der französischen Sprache so nahe gekommen wie hier: „Le Comte Ory“, diese späte komische Oper von Gioacchino Rossini, stellt die perfekte Liaison beider Kulturen dar – und ist damit im Opernhaus von Lyon am richtigen Ort.
Diesem Mann würde man ja zu gerne einmal begegnen. Ja, einerseits dem lüsternen Grafen Ory, der seine ganz und gar irdischen Interessen nur dann unter der Kutte eines frommen Einsiedlers versteckt, wenn nicht gerade eine hübsche Gräfin in der Nähe ist. Vor allem aber dem Mann, der dem Grafen Ory so spritzige Musik geschenkt hat – dem Komponisten Gioacchino Rossini, der leider bald nach Niederschrift dieses Werkes die Schreibfeder gegen den Kochlöffel eintauschte.Und welcher Ort wäre für dieses Treffen besser geeignet als Lyon? An der Grenze zu Frankreichs Süden steht ein von Serge Dorny inspiriert geführtes Opernhaus, das für diese italienisch-französische Oper wie geschaffen zu sein scheint. Und dort befinden sich die besten Restaurants Frankreichs – auch eines des Meisterkochs Paul Bocuse, für dessen Kreationen sich Rossini sicherlich sehr interessieren würde, schließlich ist er als größter Feinschmecker der Musik in die Geschichte eingegangen. Bei schwarzer Trüffelsuppe könnte man über Gott und vor allem über die Welt nachsinnen.So wird es leider nicht kommen. Aber wenigstens kommt die Lyoner Produktion des „Comte Ory“ in das Opernprogramm von Deutschlandradio Kultur – eine Aufführung, die sich ihre drei Sterne redlich verdient hat; eine Sendung für Ohren-Gourmets.
Opéra de Lyon
Aufzeichnung vom 01.03.2014

Gioacchino Rossini
„Le Comte Ory"
Opéra comique in zwei Akten
Libretto: Eugène Scribe und Charles-Gaspard Delestre-Poirson

Le Comte Ory - Dmitry Korchak, Tenor
Le Gouverneur - Patrick Bolleire, Bariton
Isolier - Antoinette Dennefeld, Mezzosopran
Raimbaud - Jean-Sébastien Bou, Bariton
La Comtesse Adèle - Désirée Rancatore, Sopran
Ragonde - Doris Lamprecht, Mezzosopran
Choeurs de l’Opéra de Lyon
Orchestre de l’Opéra de Lyon
Leitung: Stefano Montanari

nach dem 1. Akt ca. 20:20 Uhr Nachrichten