"Der würde alles sagen, damit ich ihn wähle"
Der Kolumnist des Magazins "The New Yorker", Calvin Trillin, hat im amerikanischen Vorwahlkampf der Republikaner bisher kein gutes Wort an Bewerber Mitt Romney gelassen. "Er ist einfach eine künstliche Figur", sagte Trillin. Viele von Romneys Äußerung seien schlichtweg "peinlich".
Joachim Scholl: Calvin Trillin ist 1935 geboren und ein Star unter den amerikanischen Journalisten. Als Reporter schreibt er seit nahezu 50 Jahren für das Magazin "The New Yorker", und seine in der Regel sehr humoristischen Kolumnen und über 25 Bücher haben ihn berühmt gemacht. Derzeit begleitet er mit kritischem Blick den amerikanischen Vorwahlkampf der Republikaner, und dabei hat es ihm vor allem Mitt Romney angetan. Willkommen im Deutschlandradio Kultur, Mister Trillin!
Calvin Trillin: Thank you very much!
Scholl: Mitt Romney ist der aussichtsreichste Kandidat der Republikaner, was begeistert Sie so sehr an ihm, Mister Trillin, dass Sie jetzt schon mehrfach Hohn und Spott über ihn ausgegossen haben?
Trillin: Nun, er ist eine interessante Figur, weil wie neulich bei uns ein Komiker einer Late-Night-Show sagte, als Romney ein Stadion füllen wollte, in das normalerweise 60.000 Leute hineinpassen, aber nur 1.200 Zuschauer kamen, ja, er würde sich mit den fast 60.000 anderen Sitzen identifizieren, weil Plastik ist nun einmal unbequem. Er ist einfach eine künstliche Figur und er wirkt niemals authentisch, und er sagt alles, was nötig ist, um zu gewinnen, und er macht immer riesige Fehler, nachdem er gewonnen hat. Zum Beispiel hat er neulich gesagt, er würde sich keine Sorgen machen um arme Leute oder dass in Michigan die Bäume hoch genug sind, also wirklich peinliche Dinge, die man einfach nicht sagt.
Scholl: Nun haben uns auch immer die Ausrutscher und vor allem auch die eklatanten Wissenslücken aller Kandidaten der Republikaner verblüfft, Mister Trillin, also Michele Bachmann wollte die US-Botschaft im Iran schließen, dabei gibt es seit 20 Jahren überhaupt keine, Rick Santorum hat Afrika als Land bezeichnet, und Sie, Mister Trillin, haben Mitt Romney mehrfach gekennzeichnet als jemand, der also keinen europäischen Politiker kennt. Ein deutscher Politiker müsste bei solchen Peinlichkeiten zurücktreten eigentlich. Stört das in Amerika anscheinend gar niemand?
Trillin: Ich glaube, das geht in den USA sogar noch weiter, weil es herrscht dieses tiefe Misstrauen der Regierung gegenüber, und es ist schick zu sagen, man wisse nichts von Washington und man wolle nichts mit Washington zu tun haben und man sei gegen Washington. Das sind geflügelte Worte in diesen Kampagnen, und da ist es fast etwas Positives zu sagen, ich habe null Erfahrung. Und Herman Caine zum Beispiel hat gesagt, man müsse die Chinesen davon abhalten, Atomwaffen zu haben, dabei haben die seit Jahrzehnten Atomwaffen. Auch Santorum, der seit Jahren im Senat ist, tut immer so, als hätte er vom Senat keine Ahnung. Und ich glaube, diese Reise in den Abgrund, in die Tiefen der Politik, die haben da etwas Typisches und hängen mit unserem Präsidialsystem zusammen. Also wie wir den Präsidenten wählen, das ist anders als in Europa, wo es ja eben ein parlamentarisches System ist, wo also die Politiker sich schon auskennen. Und das ist bei uns eben nicht der Fall.
Scholl: Man hat ja von außen auch den Eindruck, als ob alle Kandidaten sich gegenseitig im Konservativismus übertreffen wollen, also wenn es um Steuern geht, um Energie, Gesundheitspolitik, um Abtreibung, und es wirkt zusammengenommen immer so vormodern, und man fragt sich wirklich, ob eine solche Politik Barack Obama wirklich gefährden kann. Tut sie es vielleicht?
Trillin: Nun, in den Umfragen liegt Barack Obama zurzeit gleichauf mit Romney, trotz alledem. Und was den Zustand der Republikaner angeht, hat man das Gefühl, dass es kaum noch gemäßigte Republikaner gibt. Das war in den 60er-Jahren noch ganz anders. 68 zum Beispiel, wenn man von dem sogenannten soliden Süden, anständigen Süden sprach, dann sprach man vom demokratischen Süden, und die waren damals erzkonservativ. Und es war schon so, dass noch in den 60er-Jahren, wenn es um Zivil-, um Bürgerrechte ging oder auch um soziale Fragen, da gab es durchaus noch Republikaner, die man der Mitte zugehörig oder sogar als links bezeichnen würde.
Aber heute ist es wirklich so, dass es wirklich der rechte Rand ist der Republikaner, der so ungemein wichtig geworden ist. Und vor allen bei den Vorwahlen spürt man das, weil die Wähler dieser Vorwahlen, das sind eben so die konservativsten Republikaner, und deswegen versucht ein jeder, sich irgendwie auszustechen mit Sachthemen - und da sind diese Vorwahlen mehr zu einer Art religiösen Übung verkommen: Wer ist der Reinste, wer ist der Purste von uns? Und sie haben recht, Mitt Romney gehört jetzt auch dazu, der herausstellen will, wie konservativ er eigentlich ist, und das wird sich wahrscheinlich für ihn auch noch als ein Handicap erweisen.
Scholl: Der Vorwahlkampf der Republikaner in den USA in Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit dem amerikanischen Reporter Calvin Trillin. Für die Republikaner, Mister Trillin, ist Barack Obama ja klar der left-wing liberal, der Sozialist, der Kommunist. Funktioniert diese Propaganda eigentlich in der Öffentlichkeit oder hält man sie einfach nur für dumm?
Trillin: Ich weiß nicht, wie dumm das ist, auch wenn es nichts mit der Realität zu tun hat, aber Barack Obama ist bestenfalls jemand, der irgendwo Mitte-links vielleicht sich einordnet, auf keinen Fall linker als das. Aber Newt Gingrich hat ihn neulich einen Radikalen genannt, er hat ihn einen Sozialisten genannt, dabei werden die meisten Amerikaner gar nicht genau wissen, was Sozialismus eigentlich ist, nämlich Staatseigentum der Produktionsmittel, und davon sind wir in Amerika ganz weit entfernt und davon ist auch Barack Obama ganz weit entfernt.
Aber es sind diese Phrasen, die man ihm anheftet. Und wie effektiv die sein werden, das kann ich nicht beantworten. Und das andere, ja, der andere Boogieman, als das andere, wie man ihn verteufelt, Obama zurzeit, ist, dass man sagt, er möchte aus Amerika ein Westeuropa machen, so als sei es eine schreckliche Beleidigung, wie Westeuropa zu sein. Das wird dann mit sozialistisch identifiziert, mit einem Wohlfahrtsstaat, und ich hatte immer das Gefühl, dass wir mit Westeuropa ganz gut klarkommen, und nun ist es plötzlich eine Beleidigung geworden.
Scholl: Drei Jahre ist jetzt Barack Obama im Amt, ist er in ihren Augen ein erfolgreicher Präsident?
Trillin: Also ich würde sagen, er ist gemäßigt erfolgreich. Nun haben wir eine seltsame Art in Amerika, den Erfolg zu messen - oft geht es nur darum, wie viel seiner Programmpunkte man durchgebracht hat, und dabei dürfen wir nicht vergessen, wir haben eben nicht so ein parlamentarisches System. Oft werden ja die beiden Kammern auch ... sind sie ja auch in den Händen der Opposition. Und in Europa ist es ja so: Ein Premierminister, der hat eine parlamentarische Mehrheit, und er kann machen, was er will, und wenn er die Mehrheit nicht mehr hat, ja, dann ist der weg von der Macht.
Es ist wahrscheinlich so, dass Obama das Land nicht so elektrisiert hat, wie sich das wohl gerade auch die Demokraten gewünscht haben, und er hat schlechte Karten bekommen, wenn man sich diese Wirtschaftskrise anschaut, die er geerbt hat, wo es jetzt eine ganz langsame Besserung gibt. Aber es ist eine verzwickte Lage, und es ist schwer, das auseinanderzudividieren, und schwer zu sagen, ob er das wirklich gut gelöst hat. Wo er wirklich erfolgreich ist, ist in der Außenpolitik, also gerade was die arabische Welt betrifft, und Amerikaner sind natürlich auch sehr erleichtert, dass Osama bin Laden getötet worden ist, und er ist sehr große Risiken eingegangen. Andere Präsidenten hätten das wahrscheinlich einfach nur bombardiert, und er hat da wirklich auch Härte gezeigt und hat auch Willen gezeigt.
Scholl: Es kommt uns oft paradox vor, dass Barack Obama eigentlich der erste amerikanische Präsident ist, der von so vielen Intellektuellen weltweit begrüßt wurde, und gleichzeitig der Präsident ist, der in Amerika selbst so unbeliebt ist. Ist das ein falscher Eindruck?
Trillin: Ich glaube, die Akzeptanz von Obama für seine Regierung liegt zurzeit bei so in den 40 Prozent, aber es gibt immer diesen starken Versuch der Verteufelung, und ich glaube, das ist wirklich auch eine Rassenfrage. Ich glaube, viele haben wirklich Schwierigkeiten damit, dass es der erste schwarze Präsident ist, und in Mississippi bei den Vorwahlen der Republikaner gab es da wirklich eine interessante Befragung, die vielleicht ein bisschen untypisch ist, weil die dort besonders rechts sind in Mississippi, aber 52 Prozent dieser republikanischen Wähler meinten, Obama sei Moslem. Und das sind wahrscheinlich genau dieselben 52 Prozent, die bisher immer geglaubt haben, er würde unter irgendeinem christlichen Sekteneinfluss von jemandem in Chicago stehen, aber das ist denen dann in dem Fall egal. Und die Fragen, wo er geboren worden ist, ob er Moslem ist, die nehmen so einen großen Raum ein, seine angebliche Andersartigkeit nimmt einen so großen Raum ein, als sei er kein echter Amerikaner.
Scholl: Was muss Mitt Romney, Calvin Trillin, tun oder sagen, damit Sie ihn im November wählen?
Trillin: Also ganz ehrlich: Leider ist dieser Zug schon längst abgefahren. Ich werde für ihn nicht im November wählen, aber der würde alles sagen, damit ich ihn wähle, und genau das ist eins der großen Probleme.
Scholl: Mitt Romney, Barack Obama und der amerikanische Vorwahlkampf - das war Calvin Trillin, Reporter beim Magazin "The New Yorker". Herzlichen Dank für Ihren Besuch und das Gespräch. Thank you for coming, Mr. Trillin!
Trillin: Thanks for having me!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Calvin Trillin: Thank you very much!
Scholl: Mitt Romney ist der aussichtsreichste Kandidat der Republikaner, was begeistert Sie so sehr an ihm, Mister Trillin, dass Sie jetzt schon mehrfach Hohn und Spott über ihn ausgegossen haben?
Trillin: Nun, er ist eine interessante Figur, weil wie neulich bei uns ein Komiker einer Late-Night-Show sagte, als Romney ein Stadion füllen wollte, in das normalerweise 60.000 Leute hineinpassen, aber nur 1.200 Zuschauer kamen, ja, er würde sich mit den fast 60.000 anderen Sitzen identifizieren, weil Plastik ist nun einmal unbequem. Er ist einfach eine künstliche Figur und er wirkt niemals authentisch, und er sagt alles, was nötig ist, um zu gewinnen, und er macht immer riesige Fehler, nachdem er gewonnen hat. Zum Beispiel hat er neulich gesagt, er würde sich keine Sorgen machen um arme Leute oder dass in Michigan die Bäume hoch genug sind, also wirklich peinliche Dinge, die man einfach nicht sagt.
Scholl: Nun haben uns auch immer die Ausrutscher und vor allem auch die eklatanten Wissenslücken aller Kandidaten der Republikaner verblüfft, Mister Trillin, also Michele Bachmann wollte die US-Botschaft im Iran schließen, dabei gibt es seit 20 Jahren überhaupt keine, Rick Santorum hat Afrika als Land bezeichnet, und Sie, Mister Trillin, haben Mitt Romney mehrfach gekennzeichnet als jemand, der also keinen europäischen Politiker kennt. Ein deutscher Politiker müsste bei solchen Peinlichkeiten zurücktreten eigentlich. Stört das in Amerika anscheinend gar niemand?
Trillin: Ich glaube, das geht in den USA sogar noch weiter, weil es herrscht dieses tiefe Misstrauen der Regierung gegenüber, und es ist schick zu sagen, man wisse nichts von Washington und man wolle nichts mit Washington zu tun haben und man sei gegen Washington. Das sind geflügelte Worte in diesen Kampagnen, und da ist es fast etwas Positives zu sagen, ich habe null Erfahrung. Und Herman Caine zum Beispiel hat gesagt, man müsse die Chinesen davon abhalten, Atomwaffen zu haben, dabei haben die seit Jahrzehnten Atomwaffen. Auch Santorum, der seit Jahren im Senat ist, tut immer so, als hätte er vom Senat keine Ahnung. Und ich glaube, diese Reise in den Abgrund, in die Tiefen der Politik, die haben da etwas Typisches und hängen mit unserem Präsidialsystem zusammen. Also wie wir den Präsidenten wählen, das ist anders als in Europa, wo es ja eben ein parlamentarisches System ist, wo also die Politiker sich schon auskennen. Und das ist bei uns eben nicht der Fall.
Scholl: Man hat ja von außen auch den Eindruck, als ob alle Kandidaten sich gegenseitig im Konservativismus übertreffen wollen, also wenn es um Steuern geht, um Energie, Gesundheitspolitik, um Abtreibung, und es wirkt zusammengenommen immer so vormodern, und man fragt sich wirklich, ob eine solche Politik Barack Obama wirklich gefährden kann. Tut sie es vielleicht?
Trillin: Nun, in den Umfragen liegt Barack Obama zurzeit gleichauf mit Romney, trotz alledem. Und was den Zustand der Republikaner angeht, hat man das Gefühl, dass es kaum noch gemäßigte Republikaner gibt. Das war in den 60er-Jahren noch ganz anders. 68 zum Beispiel, wenn man von dem sogenannten soliden Süden, anständigen Süden sprach, dann sprach man vom demokratischen Süden, und die waren damals erzkonservativ. Und es war schon so, dass noch in den 60er-Jahren, wenn es um Zivil-, um Bürgerrechte ging oder auch um soziale Fragen, da gab es durchaus noch Republikaner, die man der Mitte zugehörig oder sogar als links bezeichnen würde.
Aber heute ist es wirklich so, dass es wirklich der rechte Rand ist der Republikaner, der so ungemein wichtig geworden ist. Und vor allen bei den Vorwahlen spürt man das, weil die Wähler dieser Vorwahlen, das sind eben so die konservativsten Republikaner, und deswegen versucht ein jeder, sich irgendwie auszustechen mit Sachthemen - und da sind diese Vorwahlen mehr zu einer Art religiösen Übung verkommen: Wer ist der Reinste, wer ist der Purste von uns? Und sie haben recht, Mitt Romney gehört jetzt auch dazu, der herausstellen will, wie konservativ er eigentlich ist, und das wird sich wahrscheinlich für ihn auch noch als ein Handicap erweisen.
Scholl: Der Vorwahlkampf der Republikaner in den USA in Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit dem amerikanischen Reporter Calvin Trillin. Für die Republikaner, Mister Trillin, ist Barack Obama ja klar der left-wing liberal, der Sozialist, der Kommunist. Funktioniert diese Propaganda eigentlich in der Öffentlichkeit oder hält man sie einfach nur für dumm?
Trillin: Ich weiß nicht, wie dumm das ist, auch wenn es nichts mit der Realität zu tun hat, aber Barack Obama ist bestenfalls jemand, der irgendwo Mitte-links vielleicht sich einordnet, auf keinen Fall linker als das. Aber Newt Gingrich hat ihn neulich einen Radikalen genannt, er hat ihn einen Sozialisten genannt, dabei werden die meisten Amerikaner gar nicht genau wissen, was Sozialismus eigentlich ist, nämlich Staatseigentum der Produktionsmittel, und davon sind wir in Amerika ganz weit entfernt und davon ist auch Barack Obama ganz weit entfernt.
Aber es sind diese Phrasen, die man ihm anheftet. Und wie effektiv die sein werden, das kann ich nicht beantworten. Und das andere, ja, der andere Boogieman, als das andere, wie man ihn verteufelt, Obama zurzeit, ist, dass man sagt, er möchte aus Amerika ein Westeuropa machen, so als sei es eine schreckliche Beleidigung, wie Westeuropa zu sein. Das wird dann mit sozialistisch identifiziert, mit einem Wohlfahrtsstaat, und ich hatte immer das Gefühl, dass wir mit Westeuropa ganz gut klarkommen, und nun ist es plötzlich eine Beleidigung geworden.
Scholl: Drei Jahre ist jetzt Barack Obama im Amt, ist er in ihren Augen ein erfolgreicher Präsident?
Trillin: Also ich würde sagen, er ist gemäßigt erfolgreich. Nun haben wir eine seltsame Art in Amerika, den Erfolg zu messen - oft geht es nur darum, wie viel seiner Programmpunkte man durchgebracht hat, und dabei dürfen wir nicht vergessen, wir haben eben nicht so ein parlamentarisches System. Oft werden ja die beiden Kammern auch ... sind sie ja auch in den Händen der Opposition. Und in Europa ist es ja so: Ein Premierminister, der hat eine parlamentarische Mehrheit, und er kann machen, was er will, und wenn er die Mehrheit nicht mehr hat, ja, dann ist der weg von der Macht.
Es ist wahrscheinlich so, dass Obama das Land nicht so elektrisiert hat, wie sich das wohl gerade auch die Demokraten gewünscht haben, und er hat schlechte Karten bekommen, wenn man sich diese Wirtschaftskrise anschaut, die er geerbt hat, wo es jetzt eine ganz langsame Besserung gibt. Aber es ist eine verzwickte Lage, und es ist schwer, das auseinanderzudividieren, und schwer zu sagen, ob er das wirklich gut gelöst hat. Wo er wirklich erfolgreich ist, ist in der Außenpolitik, also gerade was die arabische Welt betrifft, und Amerikaner sind natürlich auch sehr erleichtert, dass Osama bin Laden getötet worden ist, und er ist sehr große Risiken eingegangen. Andere Präsidenten hätten das wahrscheinlich einfach nur bombardiert, und er hat da wirklich auch Härte gezeigt und hat auch Willen gezeigt.
Scholl: Es kommt uns oft paradox vor, dass Barack Obama eigentlich der erste amerikanische Präsident ist, der von so vielen Intellektuellen weltweit begrüßt wurde, und gleichzeitig der Präsident ist, der in Amerika selbst so unbeliebt ist. Ist das ein falscher Eindruck?
Trillin: Ich glaube, die Akzeptanz von Obama für seine Regierung liegt zurzeit bei so in den 40 Prozent, aber es gibt immer diesen starken Versuch der Verteufelung, und ich glaube, das ist wirklich auch eine Rassenfrage. Ich glaube, viele haben wirklich Schwierigkeiten damit, dass es der erste schwarze Präsident ist, und in Mississippi bei den Vorwahlen der Republikaner gab es da wirklich eine interessante Befragung, die vielleicht ein bisschen untypisch ist, weil die dort besonders rechts sind in Mississippi, aber 52 Prozent dieser republikanischen Wähler meinten, Obama sei Moslem. Und das sind wahrscheinlich genau dieselben 52 Prozent, die bisher immer geglaubt haben, er würde unter irgendeinem christlichen Sekteneinfluss von jemandem in Chicago stehen, aber das ist denen dann in dem Fall egal. Und die Fragen, wo er geboren worden ist, ob er Moslem ist, die nehmen so einen großen Raum ein, seine angebliche Andersartigkeit nimmt einen so großen Raum ein, als sei er kein echter Amerikaner.
Scholl: Was muss Mitt Romney, Calvin Trillin, tun oder sagen, damit Sie ihn im November wählen?
Trillin: Also ganz ehrlich: Leider ist dieser Zug schon längst abgefahren. Ich werde für ihn nicht im November wählen, aber der würde alles sagen, damit ich ihn wähle, und genau das ist eins der großen Probleme.
Scholl: Mitt Romney, Barack Obama und der amerikanische Vorwahlkampf - das war Calvin Trillin, Reporter beim Magazin "The New Yorker". Herzlichen Dank für Ihren Besuch und das Gespräch. Thank you for coming, Mr. Trillin!
Trillin: Thanks for having me!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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