Der Witz im Fahrstuhl klemmt

Von Martin Burkert |
Das Theaterstück "Fahrstuhl zum Bankrott" am Schauspielhaus Bochum ist ein Versuch, die Wirtschafts- und Finanzkrise satirisch zu gestalten. Zwei ungleiche Brüder erben eine Fahrstuhlfabrik. Der Witz bleibt aber bei dem Stück, das der Schweizer Autor Marcel Luxingers eine Boulevardtragikomödie nennt, auf der Strecke.
Mit dem berühmten Film "Fahrstuhl zum Schafott" von Louis Malle hat die Geschichte nichts zu tun. Der 37-jährige, aus der Schweiz stammende Autor Marcel Luxinger leiht sich nur den einprägsamen Titel. "Einen Kommentar zur Wirtschafts- und Finanzkrise" kündigt das Bochumer Schauspielhaus an, der Autor selbst spricht von einer Boulevardtragikomödie. Das sind zwei gute Absichten, die beide leider nicht eingelöst werden.

Wir befinden uns in einer mittelständischen Fahrstuhlfabrik. Zu Beginn stirbt der alte Chef und mahnt auf dem Totenbett seine Neffen und Erben, die Firma nicht zu verkaufen. Einer der beiden, Daniel, ein klassischer Loser-Typ, übernimmt die Geschäftsleitung. Der andere, im Hauptberuf Arzt und Schönheitschirurg, engagiert eine knallharte, sexy Unternehmensberaterin. Die stößt mit ihrem rustikalen Pragmatismus erst mal mit der Chefsekretärin zusammen, die eine alt gewohnte, menschliche Unternehmensphilosophie vertritt. Unterlagen aus dem Safe will sie darum nicht rausrücken.

Eingemixt in den Plot sind ein paar abschweifende Parallelgeschichten. Da geht es um den Kampf zweier Frauen für ein Stadtratmandat, einen selbst ernannten Arbeiterführer, der zur Demontage aufruft, den Unabhängigkeitskampf des östlichen Staates Translirien oder die CIA in der ehemaligen Sowjetunion. Dazu gesellt sich eine Liebesgeschichte zwischen Daniel und der Unternehmensberaterin, die sich als Agentin der östlichen Macht herausstellt. Am Ende kauft der Fürst von Translirien Anteile der Fahrstuhlfirma, weil er eine Chance sieht, sie für Rüstungszwecke nutzbar zu machen.

Es ist ein Rundumschlag mit vielen Motiven. Das geht von feindlichen Brüdern über zickige Powerfrauen, wankelmütige Liebende bis zu Firmeninsolvenzen und jungen Frauen, die zu betrogenen Freiheitskämpferinnen werden. Die vielen Linien zerfasern das Stück und verhindern die Boulevardkomödie.

Der Autor findet keinen klaren Stil. Es ist weder Millowitsch noch Monty Python, weder Schwank noch Comedy. Alles wird angetestet, nichts durchbuchstabiert. Die Personen sind halbgar und wenig inspiriert. Am sympathischsten ist die Figur der alten Sekretärin, die das bewahrende, im guten Sinne konservative Wirtschaften eines Familienbetriebs vertritt. Die spielt dann auch Maja Beckmann, eine Schauspielerin mit anerkannt komischem Talent. Bei den anderen bleibt der Witz im Fahrstuhl stecken.

Die 34-jährige Regisseurin Bettina Brunier hat sich mit aufwändiger Ausstattung große Hemmnisse für einen leichten, improvisierten, satirischen Spielfluss gebastelt. Auf der Bühne steht ein Bau mit drei Geschossen und vielen Fahrstuhltüren. Im Mittelgeschoss ist das Mini-Wohnzimmer von Daniel und seiner Frau durch eine abstrakte Holzbank markiert. Auf dem zweieinhalbten Stock deutet ein schlichter Drehstuhl das Chefbüro an. Oben, im Bühnenhimmel, sitzt die Sekretärin als Vertreterin der alten Ordnung zunächst im Rollstuhl, schiebt sich manchmal ins Geschehen. Wenn im zweiten Teil die Figuren in Translirien landen, wird das Haus bis aufs Skelett abgebaut und sollen wohl an Bürgerkriegsruinen erinnern. Damit korrespondiert ein grauer Balkon auf der Hinterbühne, von dem der selbst ernannte Arbeiterführer seine Reden schwingt.

Der große Aufwand beeindruckt nur bei den synchronisierten Fahrstuhltüren, die sich auf Pfiff oder Finderschnippen öffnen und schließen. Ansonsten sind die Räume spielhemmend eng. Die Schauspielerinnen und Schauspieler verrenken und verdrehen sich wie auf dem Bierdeckel. Das soll wohl lustig sein, wirkt aber nur verkrampft. Besonders schwer tut sich Oliver Möller als Hauptfigur Daniel. Diesen Schauspieler hat man schon wesentlich besser gesehen. Auch die anderen scheitern vor allem bei den Mehrfachbesetzungen. Massive und überdeutliche Perücken- und Kostümwechsel sind alles andere als komisch gestaltet.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise kann gute satirische und künstlerische Kommentare brauchen. Dass das Schauspielhaus Bochum mit diesem "Fahrstuhl zum Bankrott" den Versuch unternommen hat, ist lobenswert. Der erhoffte "Fahrstuhl mit Spott" ist daraus leider nicht geworden.