Der widersprüchliche Moment
Die Fotos von Barbara Probst erzählen zum Teil widersprüchliche Geschichten, obwohl sie im selben Moment am selben Ort aufgenommen wurden. Die Künstlerin hat sich auf Perspektiven spezialisiert.
„Ich fühl mich dem Fotografieren gar nicht so nahe. [Lacht.] Ich mag es eigentlich gar nicht.“
Barbara Probst ist Künstlerin. Und ihre Kunst besteht seit beinahe zehn Jahren darin, Fotos zu machen.
„Ich fotografier ja auch nur diese eine Stunde, wenn wir da die Arbeit machen. Also ich fotografier sonst nie. Mag keine Bilder machen. Ich frag mich immer: Warum? Wer braucht das Bild, wenn ich das mach?“
Bei ihrer Arbeit ist das etwas anderes, sagt Barbara Probst. Denn dann geht es darum, über das Bildermachen nachzudenken.
„Die Fotografie ist ja eigentlich eine Spur des Lichts auf dem Film – also so eine Spur der Wirklichkeit. Und auf der anderen Seite ist die Kamera wie ein Werkzeug, mit der du die Wirklichkeit so zurechtbiegen kannst, wie du die haben willst. Also diese zwei Dinger, die sehr gegensätzlich sind, das fand ich, also von Anfang an hat mich das total fasziniert.“
„Exposures“ – so nennt die 45-Jährige ihre Arbeiten; das bedeutet so viel wie Belichtung und Enthüllung. Sie richtet zwei, drei oder sogar zwölf Fotokameras aus verschiedenen Perspektiven auf eine Szene. – Und löst dann alle Apparate gleichzeitig per Fernbedienung aus.
„Exposure 39“ etwa besteht aus zwei Fotografien. Auf dem linken Bild spaziert eine junge Frau durch eine farbenfrohe Alpenlandschaft mit grüner Wiese und Almhütte. Das rechte Bild hingegen ist schwarz-weiß. Es zeigt dieselbe Frau, schräg von oben, wie sie auf einem Hochhaus in einer Großstadt an einer Fototapete vorbeiläuft.
„In meinen Bildern geht es ja eigentlich überhaupt nicht darum, was abgebildet ist. Es geht ja eigentlich darum, was zwischen den Bildern ist – also was im Kopf des Betrachters passiert. Und hier passiert so eine Irritation. Und die spielt sich eigentlich genau zwischen den zwei Bildern ab. Die Bilder sind Mittel zum Zweck.“
Obwohl die Fotos immer in ein und demselben Moment aufgenommen sind, widersprechen sie sich. Sie erzählen völlig verschiedene Geschichten von dem, was gewesen ist – und stellen damit den Standpunkt des Betrachters in Frage.
„Wir denken ja immer, [...] es ist so, wie wir es sehen [...] Aber das Ding ist ja, dass wir nur die Einzigen sind, die aus unseren Augen rausschauen. [Lacht.] Also unser Blick ist ja eigentlich ein ganz einsamer, einzigartiger. Den gibt’s nicht zweimal.“
Aus der Position des Interviewers betrachtet also sitzt die gebürtige Münchnerin zurückgelehnt auf ihrem Stuhl, die Beine übereinander geschlagen. Ihre Augen sind braun, der Mund schmal, die Haare halblang und schwarz-grau. Barbara Probst, die bereits im Museum of Modern Art in New York ausgestellt hat, lässt lange Pausen zwischen den Antworten.
„Mein Vater war Bildhauer, und ich hab das gesehen und das war für mich immer klar, es war überhaupt keine Frage, Bildhauerei zu machen, schon als Kind. Und dann hab ich Bildhauerei studiert. Und dann bin ich irgendwie zur Fotografie gekommen.“
Es beginnt damit, dass Probst Fotos in ihre bildhauerischen Arbeiten und Installationen einbaut. Diese Bilder nehmen immer mehr Raum ein, bis sie schließlich, seit knapp zehn Jahren, ganz im Mittelpunkt stehen.
„Aber im Grunde, was ich jetzt mache, betrachte ich als sehr bildhauerisch auch. Die Bilder im Raum, die sind auch wieder wie Installationen. Also die gehen teilweise in so einem Raum gehen die halt rundum, und du drehst dich als Betrachter und gehst von Bild zu Bild und zurück und kreuz und quer – und das ist eine Installation im Raum.“
Nach dem Studium geht Barbara Probst für ein Jahr nach New York – und kehrt später immer wieder dorthin zurück, weil sie das Gefühl hat, dort freier arbeiten zu können. Heute ist sie mit einem New Yorker verheiratet und lebt drei Viertel des Jahres in der amerikanischen Metropole. Den Rest der Zeit verbringt sie in München.
„Ja durch New York kann man München richtig gut ertragen und auch schätzen wieder. Diese gesättigte Stadt und diese Langsamkeit und Zufriedenheit ... die gibt mir dann eigentlich die Ruhe, die ich unbedingt brauch, wenn ich von New York komm.“
Vier Fotografen, die sich gegenseitig fotografieren; Modells, die vor vielen verschiedenen Hintergründen stehen, oder doppelte Doppelportraits, bei denen links die eine, rechts die andere Person in die Kamera schaut. – Und so sind bisher 72 fotografische Reihen entstanden. Immer wieder tauchen die gleichen Modells, die gleichen Kleidungsstücke und Orte auf. Es ist eine Art Baukastenprinzip, sagt Barbara Probst – mit unendlichen Kombinationsmöglichkeiten.
„Oder es gibt auch den Fehler, dass die Hauptperson in der Szene überhaupt nicht im Bild ist, weil es ... weil die vielleicht zu schnell gelaufen ist oder irgendwie ... Jedenfalls: Wenn man nicht durch alle Kameras schauen kann, dann passieren solche Fehler. – Du machst einen Versuch. Und du hast irgendwie drei, vier Elemente und du hast dann ein Ergebnis. Das sind jetzt bei mir die Bilder. Und dann denkst du: Jetzt muss ich aber, jetzt machen wir, genau, jetzt lassen wir die zwei Sachen so und nehmen dann aber das dazu – was passiert dann? [Lacht.]“
Service:
4.9.-18.10.2009, Barbara-Probst-Ausstellung,
Kunstverein Oldenburg
Barbara Probst ist Künstlerin. Und ihre Kunst besteht seit beinahe zehn Jahren darin, Fotos zu machen.
„Ich fotografier ja auch nur diese eine Stunde, wenn wir da die Arbeit machen. Also ich fotografier sonst nie. Mag keine Bilder machen. Ich frag mich immer: Warum? Wer braucht das Bild, wenn ich das mach?“
Bei ihrer Arbeit ist das etwas anderes, sagt Barbara Probst. Denn dann geht es darum, über das Bildermachen nachzudenken.
„Die Fotografie ist ja eigentlich eine Spur des Lichts auf dem Film – also so eine Spur der Wirklichkeit. Und auf der anderen Seite ist die Kamera wie ein Werkzeug, mit der du die Wirklichkeit so zurechtbiegen kannst, wie du die haben willst. Also diese zwei Dinger, die sehr gegensätzlich sind, das fand ich, also von Anfang an hat mich das total fasziniert.“
„Exposures“ – so nennt die 45-Jährige ihre Arbeiten; das bedeutet so viel wie Belichtung und Enthüllung. Sie richtet zwei, drei oder sogar zwölf Fotokameras aus verschiedenen Perspektiven auf eine Szene. – Und löst dann alle Apparate gleichzeitig per Fernbedienung aus.
„Exposure 39“ etwa besteht aus zwei Fotografien. Auf dem linken Bild spaziert eine junge Frau durch eine farbenfrohe Alpenlandschaft mit grüner Wiese und Almhütte. Das rechte Bild hingegen ist schwarz-weiß. Es zeigt dieselbe Frau, schräg von oben, wie sie auf einem Hochhaus in einer Großstadt an einer Fototapete vorbeiläuft.
„In meinen Bildern geht es ja eigentlich überhaupt nicht darum, was abgebildet ist. Es geht ja eigentlich darum, was zwischen den Bildern ist – also was im Kopf des Betrachters passiert. Und hier passiert so eine Irritation. Und die spielt sich eigentlich genau zwischen den zwei Bildern ab. Die Bilder sind Mittel zum Zweck.“
Obwohl die Fotos immer in ein und demselben Moment aufgenommen sind, widersprechen sie sich. Sie erzählen völlig verschiedene Geschichten von dem, was gewesen ist – und stellen damit den Standpunkt des Betrachters in Frage.
„Wir denken ja immer, [...] es ist so, wie wir es sehen [...] Aber das Ding ist ja, dass wir nur die Einzigen sind, die aus unseren Augen rausschauen. [Lacht.] Also unser Blick ist ja eigentlich ein ganz einsamer, einzigartiger. Den gibt’s nicht zweimal.“
Aus der Position des Interviewers betrachtet also sitzt die gebürtige Münchnerin zurückgelehnt auf ihrem Stuhl, die Beine übereinander geschlagen. Ihre Augen sind braun, der Mund schmal, die Haare halblang und schwarz-grau. Barbara Probst, die bereits im Museum of Modern Art in New York ausgestellt hat, lässt lange Pausen zwischen den Antworten.
„Mein Vater war Bildhauer, und ich hab das gesehen und das war für mich immer klar, es war überhaupt keine Frage, Bildhauerei zu machen, schon als Kind. Und dann hab ich Bildhauerei studiert. Und dann bin ich irgendwie zur Fotografie gekommen.“
Es beginnt damit, dass Probst Fotos in ihre bildhauerischen Arbeiten und Installationen einbaut. Diese Bilder nehmen immer mehr Raum ein, bis sie schließlich, seit knapp zehn Jahren, ganz im Mittelpunkt stehen.
„Aber im Grunde, was ich jetzt mache, betrachte ich als sehr bildhauerisch auch. Die Bilder im Raum, die sind auch wieder wie Installationen. Also die gehen teilweise in so einem Raum gehen die halt rundum, und du drehst dich als Betrachter und gehst von Bild zu Bild und zurück und kreuz und quer – und das ist eine Installation im Raum.“
Nach dem Studium geht Barbara Probst für ein Jahr nach New York – und kehrt später immer wieder dorthin zurück, weil sie das Gefühl hat, dort freier arbeiten zu können. Heute ist sie mit einem New Yorker verheiratet und lebt drei Viertel des Jahres in der amerikanischen Metropole. Den Rest der Zeit verbringt sie in München.
„Ja durch New York kann man München richtig gut ertragen und auch schätzen wieder. Diese gesättigte Stadt und diese Langsamkeit und Zufriedenheit ... die gibt mir dann eigentlich die Ruhe, die ich unbedingt brauch, wenn ich von New York komm.“
Vier Fotografen, die sich gegenseitig fotografieren; Modells, die vor vielen verschiedenen Hintergründen stehen, oder doppelte Doppelportraits, bei denen links die eine, rechts die andere Person in die Kamera schaut. – Und so sind bisher 72 fotografische Reihen entstanden. Immer wieder tauchen die gleichen Modells, die gleichen Kleidungsstücke und Orte auf. Es ist eine Art Baukastenprinzip, sagt Barbara Probst – mit unendlichen Kombinationsmöglichkeiten.
„Oder es gibt auch den Fehler, dass die Hauptperson in der Szene überhaupt nicht im Bild ist, weil es ... weil die vielleicht zu schnell gelaufen ist oder irgendwie ... Jedenfalls: Wenn man nicht durch alle Kameras schauen kann, dann passieren solche Fehler. – Du machst einen Versuch. Und du hast irgendwie drei, vier Elemente und du hast dann ein Ergebnis. Das sind jetzt bei mir die Bilder. Und dann denkst du: Jetzt muss ich aber, jetzt machen wir, genau, jetzt lassen wir die zwei Sachen so und nehmen dann aber das dazu – was passiert dann? [Lacht.]“
Service:
4.9.-18.10.2009, Barbara-Probst-Ausstellung,
Kunstverein Oldenburg