Der vormarxisitische Brecht

Rezensiert von Rainer Zerbst · 22.06.2007
Das Bühnenbild von Anette Hachmann zeigt einen leeren, weiß austapezierten Raum, er erinnert an ein Labor und passt somit exzellent zur Grundsituation dieses frühen Brechtstücks. Denn in ihm geht es um die Analyse eines Kampfes - ohne Fragen nach sozialen Hintergründen oder psychologischen Beweggründen.
Der reiche Holzhändler Shlink - offenbar aus Langeweile, weil er alles im Leben geschafft hat, doch Genaueres erfährt man im Stück nicht - sucht den Kampf mit dem armen Angestellten George Garga, den dieser annimmt, vielleicht, weil er nichts besitzt und alles zu gewinnen hat. Brecht wollte die Stufen der Eskalation dieses Kampfes aus Sein und Nichtsein vorführen - bei Webher bleibt das alles im Vagen. Selbst dass Gargas Schwester als Nutte endet, taucht in dieser Inszenierung eher als beiläufige Anmerkung auf.

Schon der Anfang bleibt fast unverständlich. Bei Brecht bricht der Kampf aus, weil Shlink Garga in einen Disput verwickelt, in dessen Folge das Mobiliar von Gargas Arbeitsgeber ruiniert und Garga entlassen wird. Bei Weber ist es ein bloßer kurzer verbaler Schlagabtausch. Weber hat von allem etwas in seine Inszenierung einfließen lassen - Konflikt arm-reich, Überdruss am Leben in einer kalten Gesellschaft, kühle Sezierung eines Kampfes - und wird keinem Aspekt richtig gerecht.

Auch die surrealen Anklänge in den Dialogen - von Jahrzehnte vor Beckett und Ionesco - finden in seiner Inszenierung keinen Nachhall. Faszinierend dagegen sind die Schauspieler, allen voran Felix Goeser, der souverän die Fäden dieses Kampfes in den Händen hält, mit der Welt und seinen Kontrahenten spielt, als seien sie seine Marionetten.

Bertolt Brecht: Im Dickicht der Städte
Schauspiel Stuttgart
Regie: Hasko Weber
Premiere: 22.6.2007