Der verhängnisvolle Befehl des Oberst Klein

Von Jörg Taszmann · 25.08.2013
Bei der Bombardierung zweier Tanklaster durch die Bundeswehr in Afghanistan im September 2009 starben mehr als 142 Menschen. Das sehenswerte Dokudrama von Reymond Ley zeichnet die Geschehnisse nach - mit einer Mischung aus Archivbildern, Interviews und Spielfilmszenen.
"Ich sollte Benzin bekommen, als die Bombe fiel. Ich war ganz nah am Tanker, als die Bombe fiel."

Über 142 Tote fordert am 4.September 2009 die Bombardierung von zwei Tanklastern. Unter den Opfern sind über die Hälfte Zivilisten vor allem auch Kinder. Den Befehl zu diesem verhängnisvollen Angriff gab Oberst Klein, der erst seit fünf Monaten in Afghanistan vor Ort war. Er wollte seine Soldaten vor weiteren Übergriffen der Taliban schützen, die beide Tanklaster mit 58.000 Liter Öl entführt hatten. Das Dokudrama "Eine mörderische Entscheidung" versucht nun diese eindeutige Fehlentscheidung aufzuarbeiten. Fakt ist, dass die Bundeswehr in Afghanistan unter Druck stand. In den Augen des Gouverneurs von Kunduz Mohammad Omar stellten die Deutschen für die Taliban keine Gefahr dar.

"Die Deutschen haben hier in der Region Kunduz nicht die gebotene Härte im Umgang mit den Terroristen gezeigt. Aus übertriebener Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Das hat dazu geführt, dass der Terrorismus hier aufgeblüht ist."

Dieses Zitat des Gouverneurs ist eine Originalaufnahme. Regisseur und Autor Reymond Ley mischt in seinem Dokudrama Archivbilder mit Spielfilmszenen und Interviews mit Betroffenen, Experten und Politikern. Dabei nimmt der Film verschiedene Perspektiven ein. Geschildert wird der traumatische Alltag junger Bundeswehrsoldaten ebenso wie die Stunden vor der fatalen Entscheidung in der höheren Befehlsebene. Daneben sieht man Interviews mit Opfern und ranghohen Militärs. Besonders aufschlussreich ist die Aussage des führenden Nato Kommandeurs Egon Ramms:

"Wir waren am Ende des Ramadams zu diesem Zeitpunkt. Das heißt die Leute sind erst nachts aufgewacht und haben tagsüber nichts gemacht. Das erklärt auch warum dort Kinder an dieser Stelle gewesen sind. Ich habe selber neun vergleichbare Ereignisse gehabt mit hohen zivilen Verlusten. Es war eigentlich die Regel, wenn wir Gruppierungen haben von Bevölkerungen, von Menschen haben, die größer als 30 sind, dann ist davon auszugehen, dass Zivilisten dabei sind und damit zivile Verluste eintreten, wenn solche Bevölkerungen angegriffen werden."

Die Bundeswehr verweigerte ihren Soldaten die Mitarbeit an diesem sehenswerten und gut recherchierten TV-Drama. Oberst Klein wurde in einem Ermittlungsverfahren frei gesprochen und in diesem Jahr sogar befördert. Reue oder die späte Einsicht, eine tödliche Fehlentscheidung getroffen zu haben, sehen anders aus.