Der Vatikan als Mäzen

Von Thomas Migge |
Über 70 Jahre, von 1304 bis 1377, blieben die Päpste Rom fern und residierten in Avignon. In der Zeit erlebte die Stadt tiefe soziale und wirtschaftliche Einbrüche sowie einen Bürgerkrieg, der sie fast zerstört hätte. Nach der Rückkehr der Päpste blühte Rom regelrecht wieder auf, vor allem in der Kunst, in die der Klerus verstärkt investierte, wie jetzt eine Ausstellung in der ewigen Stadt zeigt.
"Sehr deprimierend war hier damals die Situation. Die lange Abwesenheit der Päpste, rund 70 Jahre, ließ Rom zu einer Provinzstadt werden, in der sich die mächtigsten Familien bekämpften. Die Zeit kurz vor dem Exil der Päpste in Avignon war hingegen eine Epoche der kulturellen Blüte in Rom, wo unter anderem auch Giotto wirkte."

Doch 1304, erklärt der Kunsthistoriker Claudio Strinati, Superintendent der römischen Museen, starb Benedikt XI. und das Konklave wählte den Franzosen Clemens V. Fortan residierten die Päpste auf Wunsch der französischen Könige in Avignon. Erst 1377 kehrten sie nach Rom zurück - in eine Stadt, die seit Jahrzehnten nicht mehr in Kunst und Kultur investiert hatte. Martin V., seit 1417 Pontifex, finanzierte aus eigenen Kassen die neue Blüte Roms. Die Ausstellung "Rom im 15. Jahrhundert: Die Wiedergeburt der Kunst" zeigt, so Claudio Strinati, wie sich die Rückkehr des hohen Klerus auf die kulturell, sozial und wirtschaftlich heruntergekommene Stadt auswirkte:

"In Rom lebten damals nur noch einige tausend Menschen. Basiliken und Kirchen, auch der Vatikanpalast, hatten während des Bürgerkriegs schwere Schäden erlitten. Martin V. reorganisierte den Kirchenstaat. Nicht ohne Grund nennen ihn Kirchenhistoriker den Begründer des neuen Rom."

Die Ausstellung zeigt anhand von 170 Objekten des 15. Jahrhunderts - Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Keramiken und Einrichtungsständen - wie aus der verwahrlosten Stadt dank der zurückgekehrten Päpste eine der kulturell blühendsten Metropolen Europas wurde. Ausgestellt werden Tafelbilder von den großen Künstlern der damaligen Zeit: von Pintoricchio und Piero della Francesca, von Melozzo da Forli, Masolino da Panicale und vielen anderen. Kunstwerke, die verdeutlichen, dass es nicht übertrieben ist, neben der florentinischen auch von einer römischen Renaissance zu sprechen.

Claudio Strinati: "Man begann auch mit der Erforschung der antiken Monumente und die von den Päpsten und Kardinälen herbeigerufenen Künstler ließen sich von ihnen in ihrem Schaffen stimulieren. Wie der umbrische Meister Perugino, der in der Aracoeli-Kirche auf dem Kapitolshügeln Meisterwerke schuf. Es war vor allem Martin V., der die Künstler nach Rom rief."

Die Ausstellung fasziniert auch durch eine technische Spielerei, die es den Besuchern erlaubt, die Fresken der zur Kirche Santa Maria sopra Minerva gehörenden Cappella Carafa von nahem zu betrachten. Das römische Institut für angewandte Physik hat mit Hilfe radaroptischer Technik ein dreidimensionales Modell der Kapelle entwickelt. Die radaroptische Erfassung von Wandfresken erlaubt es, die Malereien des Filippino Lippi zu speichern, ohne dass dafür aufwendige Gerüste zur visuellen Erfassung errichtet werden müssen, wie das bei der Scanner-Methode der Fall ist. Die via Computerbildschirm und 3-D-Brille zu besichtigende virtuelle Kapelle macht es möglich, dass der Ausstellungsbesucher die einzelnen Freskenabschnitte im Detail zu sehen bekommt.