Der US-Präsident und die NFL

"Trump wirft alles durcheinander"

Drei Spieler der NFL-Mannschaft "San Francisco 49ers" knien während der Nationalhymne vor einem Football-Spiel
Präsident Trump sieht darin eine Verhöhnung amerikanischer Kriegsversehrter: Drei Spieler der NFL-Mannschaft "San Francisco 49ers" knien während der Nationalhymne vor einem Football-Spiel © picture alliance / dpa / Marcio Jose Sanchez
Gunter Gebauer im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 27.09.2017
Der Stadionprotest schwarzer Footballspieler, die vor oder während der Nationalhymne im Stadion niederknien, spaltet die US-Gesellschaft. Präsident Trump sieht darin eine Verhöhnung von Kriegsveteranen. "Das ist ja Kraut und Rüben", kommentiert der Sportwissenschaftler Gunter Gebauer.
Schwarze Footballspieler, die vor oder während der Nationalhymne im Stadion nicht aufrecht stehen, die Hand aufs Herz, sondern stumm niederknien: Der Stadionprotest einiger amerikanischer Sportler gegen Rassismus und Polizeigewalt sorgt weiter für Aufregung und spaltet die amerikanische Gesellschaft.
Während sich zahlreiche andere Sportler solidarisieren, kommt es in den Stadien auch zu Buh-Rufen und Präsident Donald Trump höchstpersönlich polterte: "Schmeißt die Hurensöhne raus!"
In einer jüngsten Reaktion auf CNN bezeichnete Trump die Proteste als Verhöhnung der Nationalhymne und der vielen jungen Amerikaner, die ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit im Krieg für ihr Land geopfert hätten.
Damit werfe Trump alles durcheinander, kommentiert der Philosoph und Sportwissenschaftler Gunter Gebauer die Äußerung des US-Präsidenten.
"Abgeschossene Beine und Kriegsbeteiligung gegenüber den niederknienden Footballspielern – das ist ja Kraut und Rüben."

Kein antiamerikanischer Protest wie bei Olympia 1968

Man müsse verstehen, was die schwarzen Sportler zum Ausdruck bringen wollten, mahnt Gebauer. Deren Protest sei ein "stiller Protest" und nicht das Gleiche wie die Black Power-Demonstration zweier US-Sportler bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko.
Diese hätten bei der Siegerehrung gewissermaßen die Faust gegen Amerika geballt: "Das war eine antiamerikanische Demonstration", sagt Gebauer.

Der Protest karikiert die Haltung von Sklaven

Dagegen protestierten die Footballspieler heute in einer Demutshaltung:
"Wenn ganz Amerika zuschaut auf das symbolische Spiel und die Helden dieses Spiels niederknien, um deutlich zu machen, wir sind hier eure Helden, wir sind schwarze Sportler, aber sonst sind Schwarze keine Helden. Auch als Kriegshelden sind es keine Helden, dann kriegen sie vielleicht ein Abzeichen, und damit ist es dann gut. Und sie bilden den Bodensatz der Gesellschaft."
Dagegen zu protestieren, finde er "legitim", sagt Gebauer, weil die Demonstration "ja gleichzeitig auch vollkommen gewaltfrei ist und im Grunde genommen die Haltung von Sklaven karikiert".
(uko)

Gunter Gebauer ist Philosoph, Sportwissenschaftler und Linguist. Seine Veröffentlichungen decken ein breites Spektrum ab: Von "Wittgensteins anthropologischem Denken" über die "Poetik des Fußballs" bis zu "Sprachen der Emotion". Bis zu seiner Emeritierung 2012 lehrte Gunter Gebauer Philosophie an der Freien Universität Berlin.

Der Sportsoziologe Gunter Gebauer
© imago sportfotodienst
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