Der universelle Überblick

Der Historiker und Wissenschaftsjournalist Christopher Lloyd hat die Latte ziemlich hoch gelegt: Seine Enzyklopädie „Um alles in der Welt“ will die Geschichte der Erde vom Urknall bis zum 21. Jahrhundert erzählen. Trotz einiger wissenschaftlicher Fehler gelingt das erstaunlich gut.
„Um alles in der Welt – Die Geschichte der Erde, des Lebens und der Menschen vom Urknall bis zum 21. Jahrhundert“ heißt die Wissenschaftsgeschichte des britischen Historikers und Wissenschaftsjournalisten Christopher Lloyd. Bevor er dieses Projekt in Angriff nahm, hatte Lloyd zehn Jahre lang Webseiten und Software für den Medienzaren Rupert Murdoch entwickelt, im Bereich Bildung. Die Idee zu diesem Buch kam Lloyd bei der Reinigung seines Wohnmobils mit Blick auf die Trümmer Roms.

Lloyds Enzyklopädie lässt keine der Wissenschaftsdisziplinen Physik, Biologie, Geologie, Geographie, Politik, Religion, Kunst und Ökonomie unberücksichtigt, sondern versucht erfolgreich, dem Leser einen universellen, also naturwissenschaftlichen und kulturwissenschaftlichen Überblick über 14 Milliarden Jahre Erd- und Menschheitsgeschichte zu geben.

In seinem Vorwort bemerkt Lloyd, dass der Unterricht an unseren Schulen eigentlich nicht so schlecht sei, was Einzeldisziplinen betreffe; das Problem hingegen sei, dass sich kein Lehrer an den Schulen zuständig fühle, den Schülern einen übersichtlichen interdisziplinären Epochenüberblick zu geben.

Tatsächlich erfüllen Lloyds Zusammenfassungen diesen Anspruch weitgehend, auch wenn er manchmal doch ein bisschen zu unbekümmert durch die Weltgeschichte galoppiert. Vier Hauptkapitel gliedern das Buch: 1.) die Erdgeschichte vom Urknall an, 2.) der Mensch, 3.) der Mensch entwickelt Kultur, und 4.) die Globalisierung, die vor zirka 2000 Jahren beginnt. Die Titel der 49 Unterkapitel lassen erahnen, in welchem Stil Lloyd erzählt; da heißen Unterkapitel: „Es lebe die Freiheit!“, „Affenkram“ oder „Gibt's hier ein Bier?“

Dem Fachmann bietet „Um alles in der Welt“ kaum überraschende Erkenntnisse, dem Laien hingegen schon. So beschreibt Lloyd den Kolonialismus nicht einfach als eine Geschichte von Eroberungen, sondern als „Diebstahl“. Sehr gut gelungen ist es Lloyd, eine neutrale, multikulturelle Perspektive einzunehmen, also zum Beispiel Christentum und Islam als gleichberechtigt darzustellen beziehungsweise zu zeigen, was Europa der islamischen Welt an wissenschaftlichen Erkenntnissen zu verdanken hat – unter anderem in Medizin, Mathematik und Chemie. Lloyd entideologisiert die Geschichte.

Bei der Beschreibung von 14 Milliarden Jahren Natur- und Zeitgeschichte bleiben allerdings wissenschaftliche Fehler nicht aus, die manchmal aber besorgniserregende Dimensionen annehmen: Zum Beispiel entstehen Fossilien nicht dadurch, dass Gebirge zusammenbrechen und die Tiere erschlagen. Im Großen und Ganzen hangelt sich „Um alles in der Welt“ zwar brauchbar am wissenschaftlichen Mainstream entlang, Lloyd wäre aber gut beraten gewesen, wenn er sich von Fachleuten hätte beraten lassen. So bleibt Vieles an der Oberfläche und vernachlässigt den Stand der modernen Forschung.

Trotz seiner Fehler bleibt „Um alles in der Welt“ eine runde Sache für Laien. Der britische Fernsehsender BBC empfiehlt, diese Enzyklopädie jedem Heranwachsenden zu schenken. 200 Fotos, Illustrationen und Karten, die meisten im Vierfarbdruck, ergänzt durch ein umfangreiches Namensregister, das dem Buch auch die Qualität eines Lexikons gibt, machen die Enzyklopädie trotz seiner fachlichen Schwächen für den Laien zu einem konsumierbaren, weiter neugierig machenden Einstieg in die Weltgeschichte.

Rezensiert von Lutz Bunk

Christopher Lloyd: Um alles in der Welt – Die Geschichte der Erde, des Lebens und der Menschen vom Urknall bis zum 21. Jahrhundert
Übersetzt von Sebastian Vogel
Berlin Verlag 2008
528 Seiten, 24,90 Euro