Der Tango und das Mädchen
1948 spricht ein tangobegeisterter Junge den von ihm verehrten Musiker Astor Piazolla nach einem Konzert an - der Beginn einer langjährigen Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Piazolla und Horacio Ferrer. Der schreibt später in den 60er Jahren auf Bitten seines älteren Freundes ein Musiktheaterstück über die Tango-Legende "Maria de Buenos Aires". Piazolla liefert bald die entsprechenden Kompositionen dazu. Diese "Tango-Operita" gehört mittlerweile zum nationalen Kulturgut Argentiniens und wurde jetzt am Theater Bamberg aufgeführt.
Als das Werk 1968 in Buenos Aires uraufgeführt wurde, handelte es sich um kein inszeniertes Musiktheater, sondern um einen konzertanten Abend - eine Art Oratorium also. Beim Bamberger E.T.A. Hoffmann-Theater hingegen hat man sich jetzt für eine halbszenische Lösung entschieden. Das musikalische Ensemble verschwindet nicht schamhaft im Orchestergraben, sondern wird vor der Guckkastenbühne sogar eigens mit Spots beleuchtet. Eine Verbeugung vor Astor Piazolla und ein Hinweis auf die Bedeutung, die seine Kompositionen im Stück für die drei Protagonisten spielen - als Impulsgeber.
Da ist zum einen Cuco Wallraff, der einst im Musical "Evita" Che Guevara verkörpert hat. Jetzt mimt er ganz in Schwarz "El Duende" als vornehmen "Geist des Tango", ist Erzähler und beschwört erfolgreich die jung verstorbene Tangotänzerin und –Sängerin Maria durch einen Riss ihres asphaltierten Grabes zu erscheinen.
Juan Mochales hingegen, bekannt aus Produktionen wie "Jesus Christ Superstar", schlüpft in verschiedene Rollen, ist mal Zuhälter, mal Mörder, und hat es vor allem auf "Maria de Buenos Aires" abgesehen. Die zeichnet die Puertoricanerin Yamil Borges, die als Hauptdarstellerin im Film "A Chorus Line" weltberühmt wurde, überzeugend als eine wehmütige Mischung aus poetischem Phantasiewesen und lasziver Femme Fatale - die Inkarnation des Tango.
"Es handelt sich so ähnlich wie beim Motiv der "Carmen" um eine Textilarbeiterin zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Buenos Aires, die als Tangotänzerin und –Sängerin berühmt geworden ist, allerdings als Prostituierte endete. Verklärt wurde sie, weil sie mit ihrer Art, den Tango darzustellen, großen Erfolg hatte und zur legendären Figur schon zu Lebzeiten wurde."
In insgesamt 16 Sequenzen zwischen Traum und Wirklichkeit, die Bühnenbildner Uwe Oelkers allesamt in einer magischen Bar mit roten Sesseln angesiedelt hat, verwandelt der kroatische Gastregisseur Tihomir Glowatzky die lyrisch-surreale Sprache des Librettos von Horacio Ferrer.
"Das Ziel ist, die sehr poetische Sprache, die man - auch wenn man sie verstehen würde – nicht sofort begreift, in solche Bilder umzusetzen, das man auch bei einem fremden Text das Geschehen nachvollziehen kann."
Die wieder zum Leben erweckte Maria ist bald erneut vom schillernden Milieu der Halbwelt angezogen, gibt sich – vom Klang des Bandoneons verführt – wieder der Prostitution hin und wird schließlich vom Anführer der Diebe, der Besitzansprüche anmeldet, erwürgt. Soweit der erste Teil dieser kleinen "Tango-Oper", deren Bariton- und Altstimmen von einem 11-köpfigen Orchester in typischer Piazolla-Besetzung begleitet werden: mit Streichquartett, Kontrabass, Gitarre, Klavier und natürlich - dem Bandoneon.
Einfach war es nicht gewesen, diese mit Sehnsucht, Melancholie, Liebe, Enttäuschung, Gut und Böse, also großen Gefühlen angefüllte, aber selten aufgeführte Tango-Oper nach Bamberg zu bekommen, sagt der musikalische Leiter des Abends, Stefan Weinzierl.
"Es ist schwierig gewesen, weil es für das Haus eine relativ große Produktion ist, erst mal. Es ist ja auch eine Budgetfrage. Elf Mann Orchester - das müssen auch sehr gute Musiker sein. Wir haben ja einen gewissen Ortsvorteil mit den Bamberger Symphonikern. Es sind alle Instrumente mit Symphonikern besetzt, bis auf Klavier, Bandoneon und Gitarre. Dann sind die Auflagen vom Verlag auch relativ streng. Man kriegt die Aufführungsrechte nicht ohne weiteres. Die drei Solisten müssen spanische Muttersprachler sein. Ursprünglich mussten es sogar Argentinier sein. Das haben sie dann später ein bisschen gelockert, damit irgendwie es nicht ganz verhindert wird, die Aufführung. Ja, also das sind so die Hauptschwierigkeiten, wenn man es realisieren will. "
Geklappt hat es trotz aller Schwierigkeiten, sehr zur Freude der Hauptdarstellerin Yamil Borges, die Leonard Bernstein einst für seine "West Side Story" entdeckte und die an der Figur der "Maria de Buenos Aires" vor allem eines gereizt hat.
"Wie sie verloren ist, also dieses Leben zwischen Tod und Leben, zwischen Hoffnung und Zweifeln, zwischen Glück und Trauer. Alles ist nur ein Paradox bei ihr. Das Licht, Dunkelheit, sie ist ein Schatten. Dann plötzlich liebt sie die Sonne. Dann liebt sie die Sonne nicht mehr. Es ist ein Kampf, sehr emotional, und ich denke, mit meinem Latina-Temperament kommt es ganz einfach zu mir. Die Texte sind ziemlich kompliziert für mich, auch als Latina. Sehr poetisch, selbstverständlich. Es hat viel Geheimnis. "
Beispielsweise in der zweiten Spielhälfte, als der Schatten der getöteten Maria auf der Bühne auftaucht und in farbigen Schattenspielereien als Apotheose des Tangos erneut Wiederauferstehung zu feiern scheint – für alle Ewigkeit. Zwar ist das ein wenig viel der Wiedergängerei, kann aber letztlich der Poesie der Bilder nichts anhaben. Und vor allem nicht - der Musik, dieser faszinierenden Mixtur aus klassischen Elementen und Jazz, aus Toccata, Fuge und elegischen Tango-Melodien, deren Zauber man sich schwer entziehen kann. Ein Muss für alle Astor-Piazolla-Fans.
Da ist zum einen Cuco Wallraff, der einst im Musical "Evita" Che Guevara verkörpert hat. Jetzt mimt er ganz in Schwarz "El Duende" als vornehmen "Geist des Tango", ist Erzähler und beschwört erfolgreich die jung verstorbene Tangotänzerin und –Sängerin Maria durch einen Riss ihres asphaltierten Grabes zu erscheinen.
Juan Mochales hingegen, bekannt aus Produktionen wie "Jesus Christ Superstar", schlüpft in verschiedene Rollen, ist mal Zuhälter, mal Mörder, und hat es vor allem auf "Maria de Buenos Aires" abgesehen. Die zeichnet die Puertoricanerin Yamil Borges, die als Hauptdarstellerin im Film "A Chorus Line" weltberühmt wurde, überzeugend als eine wehmütige Mischung aus poetischem Phantasiewesen und lasziver Femme Fatale - die Inkarnation des Tango.
"Es handelt sich so ähnlich wie beim Motiv der "Carmen" um eine Textilarbeiterin zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Buenos Aires, die als Tangotänzerin und –Sängerin berühmt geworden ist, allerdings als Prostituierte endete. Verklärt wurde sie, weil sie mit ihrer Art, den Tango darzustellen, großen Erfolg hatte und zur legendären Figur schon zu Lebzeiten wurde."
In insgesamt 16 Sequenzen zwischen Traum und Wirklichkeit, die Bühnenbildner Uwe Oelkers allesamt in einer magischen Bar mit roten Sesseln angesiedelt hat, verwandelt der kroatische Gastregisseur Tihomir Glowatzky die lyrisch-surreale Sprache des Librettos von Horacio Ferrer.
"Das Ziel ist, die sehr poetische Sprache, die man - auch wenn man sie verstehen würde – nicht sofort begreift, in solche Bilder umzusetzen, das man auch bei einem fremden Text das Geschehen nachvollziehen kann."
Die wieder zum Leben erweckte Maria ist bald erneut vom schillernden Milieu der Halbwelt angezogen, gibt sich – vom Klang des Bandoneons verführt – wieder der Prostitution hin und wird schließlich vom Anführer der Diebe, der Besitzansprüche anmeldet, erwürgt. Soweit der erste Teil dieser kleinen "Tango-Oper", deren Bariton- und Altstimmen von einem 11-köpfigen Orchester in typischer Piazolla-Besetzung begleitet werden: mit Streichquartett, Kontrabass, Gitarre, Klavier und natürlich - dem Bandoneon.
Einfach war es nicht gewesen, diese mit Sehnsucht, Melancholie, Liebe, Enttäuschung, Gut und Böse, also großen Gefühlen angefüllte, aber selten aufgeführte Tango-Oper nach Bamberg zu bekommen, sagt der musikalische Leiter des Abends, Stefan Weinzierl.
"Es ist schwierig gewesen, weil es für das Haus eine relativ große Produktion ist, erst mal. Es ist ja auch eine Budgetfrage. Elf Mann Orchester - das müssen auch sehr gute Musiker sein. Wir haben ja einen gewissen Ortsvorteil mit den Bamberger Symphonikern. Es sind alle Instrumente mit Symphonikern besetzt, bis auf Klavier, Bandoneon und Gitarre. Dann sind die Auflagen vom Verlag auch relativ streng. Man kriegt die Aufführungsrechte nicht ohne weiteres. Die drei Solisten müssen spanische Muttersprachler sein. Ursprünglich mussten es sogar Argentinier sein. Das haben sie dann später ein bisschen gelockert, damit irgendwie es nicht ganz verhindert wird, die Aufführung. Ja, also das sind so die Hauptschwierigkeiten, wenn man es realisieren will. "
Geklappt hat es trotz aller Schwierigkeiten, sehr zur Freude der Hauptdarstellerin Yamil Borges, die Leonard Bernstein einst für seine "West Side Story" entdeckte und die an der Figur der "Maria de Buenos Aires" vor allem eines gereizt hat.
"Wie sie verloren ist, also dieses Leben zwischen Tod und Leben, zwischen Hoffnung und Zweifeln, zwischen Glück und Trauer. Alles ist nur ein Paradox bei ihr. Das Licht, Dunkelheit, sie ist ein Schatten. Dann plötzlich liebt sie die Sonne. Dann liebt sie die Sonne nicht mehr. Es ist ein Kampf, sehr emotional, und ich denke, mit meinem Latina-Temperament kommt es ganz einfach zu mir. Die Texte sind ziemlich kompliziert für mich, auch als Latina. Sehr poetisch, selbstverständlich. Es hat viel Geheimnis. "
Beispielsweise in der zweiten Spielhälfte, als der Schatten der getöteten Maria auf der Bühne auftaucht und in farbigen Schattenspielereien als Apotheose des Tangos erneut Wiederauferstehung zu feiern scheint – für alle Ewigkeit. Zwar ist das ein wenig viel der Wiedergängerei, kann aber letztlich der Poesie der Bilder nichts anhaben. Und vor allem nicht - der Musik, dieser faszinierenden Mixtur aus klassischen Elementen und Jazz, aus Toccata, Fuge und elegischen Tango-Melodien, deren Zauber man sich schwer entziehen kann. Ein Muss für alle Astor-Piazolla-Fans.