Der Tag mit Andreas Rödder

Für eine Politik zwischen den Extremen

38:52 Minuten
Der Historiker Andreas Rödder
Der Historiker Andreas Rödder © Bert Bostelmann
Moderation: Korbinian Frenzel · 21.03.2019
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Ein neuer Konservativismus müsse mit "Maß und Mitte" zwischen den Extremen abwägen, meint der Historiker Andreas Rödder. Er beklagt "eine immer weitergehende Moralisierung auf der rechten und auf der linken Seite".
Der Historiker Andreas Rödder wünscht sich eine politische Debatte, die zwischen den Extremen abwägt.
Nach Ansicht Rödders, der auf der Buchmesse mit seinem neuen Buch "Konservativ 21.0 - Eine Agenda für Deutschland" (C.H. Beck) vertreten ist, fehlen in Deutschland politische Positionen, die "Maß und Mitte" suchen. Die aktuelle Verfassung der Gesellschaft beschreibt er als intolerant auf linker wie auf rechter Seite.
Rödder, der CDU-Mitglied ist, sagte in unserem Programm:
"Wir erleben eine immer weitergehende Moralisierung auf der rechten und auf der linken Seite. Auf der linken Seite werden Mohren-Apotheken mit Farbbeuteln beworfen oder das Gedicht von Eugen Gomringer an der Alice-Salomon-Hochschule übermalt. Wir erleben eine intolerante Politik der Antidiskriminierung, des Multikulturalismus, der Gleichstellung, der Inklusion auf der eine Seite. Und wir erleben eine zunehmend intolerante nationalistische Moralisierung des Eigenen auf Seiten einer nationalistischen Rechten."

Gleiche Chancen, unterschiedliche Ergebnisse

Chancengerechtigkeit sei heute "eine wesentliche politische Herausforderung", hob Rödder hervor, betonte jedoch, dass nicht alle das gleiche Ziel erreichen könnten.
Eine linke Politik ziele darauf, "gleiche Ergebnisse" herzustellen, während sich eine christdemokratische Politik darauf richte, gleiche Chancen zu schaffen, von denen aus dann "unterschiedliche Ergebnisse" erzeugt werden, sagte er.

Merkels Politik "mit keiner Strategie" verbunden

Zwiespältig bewertete Rödder die Arbeit der Kanzlerin Angela Merkel, von der er sagte, dass sie ihre Politik mit "keiner Perspektive und keiner Strategie" verbunden habe, wenngleich das "pragmatische Krisenmanagement", dass sie lange betriebe habe, nicht falsch gewesen sei.
In der Folge habe die Christdemokratie in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten keine Agenda vorweisen können, während sie in der Nachkriegszeit für soziale Marktwirtschaft, Westbindung und seit den 1970er-Jahren auch für europäische Integration gestanden habe.
Heute gehe es darum, eine "Politik von Maß und Mitte" mit einer grundsätzlichen Perspektive und einer Strategie zu verbinden − "und das fehlt mir, sowohl im Hinblick auf die deutsche Position in der Welt, auf die europäische Position in der Welt unter deutscher Beteiligung, aber auch auf die deutsche Position in Europa", sagte Rödder.
(huc)

Weitere Themen in der Sendung mit Andreas Rödder:
- Aufschub bis Ende Juni? Die Kanzlerin zum Brexit vor dem EU-Gipfel
- Debatte um Flüchtlingskosten - Zu wenig Geld vom Finanzminister?
- Spiegel der Zeit - Was sagt uns die Buchmesse übers Heute?

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