Der Streit um die Hattuscha-Sphinx

Von Susanne Güsten · 12.10.2010
Zum Heulen sei ihm zumute, wenn er durch die Museen der Welt wandere, erzählt der türkische Kulturminister Ertugrul Günay oft: Ob im Britischen Museum in London oder im Pariser Louvre, ob im Puschkin-Museum in Moskau oder im Berliner Pergamon-Museum - viele der besten Stücke in diesen Sammlungen stammen aus anatolischer Erde.
Kein Wunder einerseits, hat die europäische Kultur doch ihre Wurzeln in dieser Erde - vom Reich der Hethiter über die hellenistische Klassik bis zum byzantinischen Reich spielten wichtige Kapitel der Menschheitsgeschichte in Vorderasien. Umstritten ist andererseits, was die Zeugnisse dieser Geschichte fernab von ihren Fundorten in den Museen fremder Länder zu suchen haben. Die Debatte darüber, ob archäologische Kunstschätze dem Finder gehören oder dem Fundort, ob sie in ihrer angestammten Umgebung ausgestellt oder möglichst vielen Menschen überall auf der Welt zugänglich gemacht werden sollten, tobt weltweit seit Jahren und wird wohl auch nicht so bald ausdiskutiert sein.

Die Türkei stellt in den letzten Jahren deshalb jenseits dieser Grundsatzfragen in jedem Einzelfall die Frage nach den Besitzverhältnissen und ihrer Berechtigung – und hat damit durchaus schon Erfolge erzielt. Den lydischen Schatz des Krösus etwa erkämpften sich die Türken vor einigen Jahren vom Metropolitan Museum in New York zurück, indem sie vor Gericht nachwiesen, dass das Museum ihn von Schwarzgräbern erworben hatte.

Nicht zufällig führt deshalb die Sphinx von Hattuscha die Liste der türkischen Rückforderungen an Deutschland an: Anders als bei vielen anderen Exponaten des Pergamon-Museums liegt für die Sphinx keine Ausfuhrgenehmigung osmanischer Behörden vor; die steinerne Figur wurde seinerzeit zur Restaurierung nach Berlin geschafft und dann einfach nicht zurückgegeben.