Der Stamm der Ossi

Von Claus Rehfeld |
Viel ist nicht übrig geblieben vom Ossi: Nur ein paar Wörter und "Bemme" gehört noch nicht einmal dazu. Auch optisch unterscheidbar sind Wessi und Ossi mittlerweile nicht mehr, was für ein sichtbarer Fortschritt der Textilindustrie! Was vom Ossi blieb, sind Runde Tische - und nur ein wenig mehr.
23 Jahre unverbrüchliche Freundschaft zwischen Ossi und Wessi. Wobei … gelegentlich hatte sie eher den Charakter einer unversöhnlichen Freundschaft.

Nun, als Beobachter hiesiger Verhaltensweisen freuen wir uns auf die Begegnungen mit ostdeutschen Vertretern, landläufig auch Ossis genannt. Sie verfügen über eine ungeahnte Fertigkeit der Anpassung an Umstände. Manche nennen das Opferbereitschaft, aber nur manche. Der Ossi ähnelt in seinem Wesen sehr dem Stamme der Sachsen. Der war schon immer Vorreiter in diesem Landstrich. Erst baute er auf, dann riss er wieder ein, was er zuvor …

Sie kennen die Geschichte. Und wir wenden unser Augenmerk nun auf die Gegenwart. Der Stamm der Ossi. Letzte Nachrichten aus ihrem Reservat pünktlich zum Jahrestag der Republik.

Was wir nicht haben, brauchen sie nicht.

So, wir sind gleich fertig mit dem Staubwischen, die Aufschrift über dem Konsum sieht man ja kaum noch: "Was wir nicht haben, brauchen sie nicht." Schön, nicht wahr?

Da, ein Ossi/Wessi-Witz.

Herr K.: "Ein Wessi und ein Ossi gehen ins Restaurant, bestellen sich eine Platte für zwei Personen. Der Kellner kommt mit der Fleischplatte, der Wessi nimmt sich sofort das große Stück. Der Ossi regt sich sofort auf und sagt: Das ist wieder total typisch für euch, immer schön das dicke, fette Stück. Und der Westler versteht es nicht und fragt ihn: Na entschuldige, was hättest du denn genommen? Und er: Na, das kleine Stück natürlich. Und der Wessi: Was regst du dich denn auf? Du hast es doch."

Oha, der Ossi … selbstironisch.

Thierse: "Ich kann einen Ossi-Witz sagen, den kürzesten, den es überhaupt gibt, der zugleich der bitterste ist. Und dieser Witz heißt: Zwei Ossis treffen sich auf der Arbeit."

Kein Ostauto, nur kaputte Westautos säumen den Weg
Ach so, der Staubwedel hier… Schwarz-rot- gold… Restposten von der Knödel-WM, als patriotische Hitze aufstieg. Liegt im Baumarkt rum. Teleskopierbar! DAS gab es nicht mal in der DDR!

Wer bin ich?

Erst trat er bei, ohne Einbürgerungstest, der Beitritts-Stempel genügte, nun tritt er peu à peu aus der bundesdeutschen Geschichte aus – der Trabi, die Sprache, also der Ossi als Gesamtwerk. Als wir kürzlich auf der Autobahn den Osten abfuhren, säumten nur kaputte Westwagen den Weg. Nicht ein Ostauto!

Erst schnupperte der Ossi am Mantel der Geschichte, dann fuhr die Marktwirtschaft mit ihm Schlitten, nun sagt auch er Wagen statt, wie früher, Auto. Auto-Didaktisch eignete er sich, mit behutsamer Hilfe westdeutsche Aufbauhelfer, notwendige Kenntnisse der neuen Zeit an. Den Tag fängt er mit Gesang an: "So ein Tag, so wunderschön wie heute". Nach 24 Stunden ist der Tag allerdings vorbei.

Die Auto-Biographie vermerkt wechselnde Tätigkeiten. Erst Trümmerfrau (Abbruch DDR), dann Umschulung zum Landschaftsgärtner (blühende Landschaften). Die führende Trümmerfrau ist derzeit für politische Landschaftspflege zuständig. Morgens vor dem Spiegel schaut ihm die Frage ins Gesicht: "Wer bin ich?".

Oh, wir sind schon da. Hausnummer, Moment, Nr. 11.

Viel Nebel in der Vergangenheit

Herr K.: "Ja, da ist ja auch viel Nebel in der Vergangenheit."

Kaum durchsichtiger als der Kaffee, in dem Herr K. rührt. Also: Der Ossi.

Herr K.: "Der Berliner mit seiner großen Klappe? Die Sachsen, die in Donezk auf dem Flughafen nachts um 3 in einer Reisegruppe wie ein Heuschreckenschwarm eingeflogen waren und innerhalb von 3 Minuten alle Hochglanzprospekte verschwinden ließen und wieder raus gingen? Ist das der Ostdeutsche?"

Na schönen Dank ooch, Herr K.. Also: Damals, der Beitritt.

Herr K.: "Beitritt, ja. Aber irgendwo klingt das immer so, als wenn die anderen uns mit Waffen kassiert haben. Dabei sind wir doch rüber gegangen, haben an der Tür geklopft und haben unsere Fähnchen vor die Tür gelegt und haben gefragt: Ist es so in Ordnung? (lacht) Wir wären dann so weit. Und dann schon um die Ecke schielen: Entschuldigung, wo ist denn das Geld? Ich habe mich schon so gefreut. Und heute wird das so erzählt: Wir wollten das damals so nicht. Mir sin das Volk, mir sind ein Volk. Jaja, also lernfähig sind wir, die drüben aber auch."

D-a-s stimmt! Also: Damals, Freude.

Herr K.: "Wo ein Rentner vor einem Sarggeschäft steht, riesengroßes Transparent mit der Aufschrift 'Westsärge eingetroffen'. Und der Rentner: Das ich das noch erleben darf."

Und heute?

Herr K: "Ich finde, dass auch manchmal der Spaß raus ist, ich glaube, es ist ernst geworden."

Sagt Herr K.… und grinst.

Herr K.: "Ich glaube im MDR diese Umfrage zum Tatort Münster, wo die Zuschauer befragt wurden: Wer kommt denn woher? Also Axel Prahl und Jan Josef Liefers. Das hat Bände gesprochen. Der Ossi hat befunden: Axel Prahl, der lustige, sympathische Typ, der kann nur aus dem Osten kommen. Und Jan Josef Liefers, sozusagen die arrogante Sau im Film, das muss ein Wessi sein. (lacht) Kommt aber aus Osten. War genau anders."

Westniveau: "Flatrate-Pflücken". Ehrlich.
Wir nicken etwas betroffen. 20 Jahre Bruderschaft …

Herr K.: "Kommt es zu undenkbaren Situationen, die es früher nie gegeben hätte, dass sich selbst ein Sachse mit einem Rostocker oder umgekehrt zusammen hinstellen würde, wenn auf der anderen Seite der Wessi stehen würde. Wäre früher undenkbar gewesen. (lacht) Stehen quasi wie Wolf und Schaf nebeneinander, umarmt. Mir sin die Guten. (lacht) "

20 Jahre Einheit. Herr K. kramt in seiner DDR-Gedächtnis-Schublade. Kann sich nicht mehr daran erinnern, wie seine Geldkarte in der DDR aussah, aber:

Herr K.: "Aber ich kann dir aber sagen, wo die Automaten standen."

Ja, was ich noch vergessen wollte?! Das fragt sich der Ossi schon beim Aufstehen. Und: Und WIE sagt man jetzt? Ein Ossi erreichte West-Niveau, schrieb im Sommer 2009 auf eine Tafel:

"Flatrate-Pflücken
– nur für kurze Zeit – (…)"

Flatrate-Pflücken … Erdbeeren … wir fassen es nicht!

Unermüdlich paukt er das Vergessen. Suchbegriffe wie "Ostdeutsch" oder "Sprache in der DDR" fördern im Internet erstaunliche Erfolge zutage.

Bemme - tut uns leid, ist mitteldeutschen Ursprungs, mitnichten ostdeutsch.
Muckefuck - tauchte so um 1870 auf, im Rheinland!
Plinse - tja, norddeutsch, keine Ossi-Erfindung.
Sonnabend - ist norddeutsch, noch!

"Verschwundene Worte" des Ostens, wir zitieren nur, seien Giftzwerg, Penne, Schlüsselkind. Wir fühlen uns an den ersten gesamtwestdeutschen Duden nach der Wende erinnert. 1991. Von ca. 150.000 Stichwörtern waren nur etwa 130 DDR-typische Wörter. Mehr hatte der Ossi nicht drauf? Er war sprachlos.

Na, haben Sie schon ausgerechnet, wieviel Prozent das ausmacht: 130 von 150.000?

Reiher: "Plemplem – einer ist ein bisschen doof, bedeutet das. Hat überhaupt nichts mit Ost-West zu tun."

Also rein sprachlich gesehen, obwohl …

Reiher: "Hier in unserem Sprachraum ist das die übliche Bezeichnung für ein bisschen doof."

Egal, ob von hier oder von drüben. Ansonsten Einbahnstraße - von West nach Ost.

Reiher: "Diejenigen, die sich in der neuen Gesellschaft etablieren wollten und etablieren mussten, haben natürlich sowohl die Sprachgewohnheiten als auch die sprachlichen Begriffe des Westens übernommen."

Von jetzt auf gleich parlierte der Ossi Westdeutsch-Deutsch.

Reiher: "Es wurde alles übernommen letzten Endes. Es gibt ganz wenig Begriffe, die sich im Westen etabliert haben. Einer, fällt mir ein, das ist dieses kurze, knappe, prägnante Fakt ist."

Und Fakt ist, dass die Ostzunge auf der Strecke blieb. Kaum ein Wort schaffte die offene Grenze in Richtung Westen.

Reiher: "Die Leute aus München und aus Düsseldorf haben nicht das Bedürfnis, sich als Ostdeutsche einstufen zu lassen."

Die Forschungen sind seit der Jahrtausendwende eingestellt
DAS werden wir noch des öfteren zu hören bekommen, Frau Professor Reiher. Ebenso: Was im Westen gesprochen und geschrieben wurde, das war nun die Norm. Punktum.

Nun, 10 Jahre lang erkundeten vornehmlich ostdeutsche Sprachwissenschaftler die Sprache vor, während und nach der Wende am lebenden Subjekt, am Ossi.

Reiher: "Gegen Ende des Jahrtausends wurden diese Untersuchungen weitgehend eingestellt, da viele der Meinung waren, dass jetzt ein Stand erreicht ist, dass sich die Ostdeutschen eben so weit an den Standard des Westdeutschen angepasst haben, so dass nichts Neues mehr zu erwarten ist."

Das stimmt nicht! Nur mal als Beispiel das Klischee, in DDR-Kontaktanzeigen habe es nur so von Einträgen à la "marxistisch-lenistische Weltanschauung" gewimmelt.

Reiher: "In den über 800 Kontaktanzeigen, die von der Studentin untersucht und ins Netz stellt wurden, sind es unter 1 Prozent der Anzeigen, die diese Angabe haben. Viel mehr Anzeigen enthalten zum Beispiel jemand christlicher Weltanschauung oder katholischen Glaubens oder so etwas."

Schön. Also ein Vorurteil weniger?

Reiher: "Was uns erstaunt hat, damit hatten wir nicht gerechnet und dennoch geht das Klischee weiter: Die DDR-Kontaktanzeige ist durch die Bezeichnung der Weltanschauung, und zwar marxistisch-leninistische Weltanschauung, charakterisiert."

Nun, nur wenige Wörter ostdeutscher Zunge haben den Mauersprachfall überlebt. In einer Berliner Zeitung meinte dieser Tage eine Wessi-Schauspielerin, in ihrem Restaurant bediene "noch eines der letzten verbliebenen Kollektive".

Signifikant vermehrt hat sich die Zahl Runder Tische. Gleiches gilt für Montagsdemonstrationen. Zuletzt führte Stuttgart den Montag als Wochentag ein.

Alle sind das Volk: Du und ich und überhaupt
Eine große Süddeutsche Zeitung machte kürzlich mit dem Spruch auf: "DU bist das Volk". Auf der Titelseite! Und vor dem Kanzleramt machte am 18.September 2009 der Spruch "Ich bin das Volk" wieder die Runde.

Ach ja, Nichtrauchergaststätten à la DDR gibt es nun bundesweit. Und nicht bestätigen können wir den schon oft diagnostizierten Sprachtod der Kaufhalle. Ja, gar mancher Ossis geht immer noch mit Plastebeutel in die Kaufhalle, egal wie sie heißt. Trotzig sind sie ja.

Wie die Kanzlerin! Die sprach jetzt auch wieder von Revolution! In Deutschland! Sie meinte die friedliche Revolution der Energiekonzerne an ihrem Tisch.

Thierse: "Ja, ja, auch öffentlich von mir als Ossi geredet. Ja. Ich finde den Ausdruck auch passender, als wenn einem gesagt wird, man sei gelernter DDR-Bürger."

Gelernter DDR-Bürger.

Thierse: "Der gelernte DDR-Bürger Thierse – das berührt mich eher peinlich, zumal gelernt habe ich das ja nicht freiwillig. Man ist geprägt, aber das ist was anderes."

Also sprach er noch vor vielen anderen von Ossi und Wessi.
Und wie soll man heute sagen? Ossi?

Thierse: "Also ich habe nichts dagegen, dass man den Ausdruck noch weiter verwendet, wenn man das mit dem freundlichen Unterton macht, dass es halt noch sichtbare Unterschiede gibt."

Eigene Gedanken, eigene Sprache.

Thierse:"Ich bin immer noch der Meinung, ich müsse so reden, damit niemand glaubt, ich würde meine eigene Lebensgeschichte verleugnen. Was mich an Angela Merkel gelegentlich irritiert hat, ist eine Redeweise, die all zu sehr versteckt, dass sie ist doch auch durch eine DDR-Biographie geprägt ist. Sie muss doch nicht westdeutscher werden, als die Leute es ihr glauben würden."

Westdeutsch ist die Norm, ostdeutsch ist die Abweichung
Jahrelang sprachen die Medien von Wolfgang Thierse mit dem Zusatz "ostdeutscher Politiker". Dann wäre ja Lammert ein "westdeutscher Bundestagspräsident". Enzensberger ist einfach der Schriftsteller, Christoph Hein dagegen ein "ostdeutscher" Schriftsteller.

Thierse: "Hmhm, das ist eigentümlich, wie das nachhängt, muss man noch mal drüber nachdenken. Vielleicht liegt es ganz einfach, vielleicht zu einfach daran, dass die Herkunft aus einer Minderheit erwähnenswert ist, die Herkunft aus einer Mehrheit ist das ja normale."

Also Westdeutsch-normal.

Thierse: "Also in solchen Zuschreibungen kehrt immer noch etwas wieder, was einen ärgern kann, was aber so ist: Westdeutsch ist die Norm, ist das normale, das selbstverständliche, das gewöhnliche; Ostdeutsch ist die Abweichung davon und die Abweichung wird erwähnt."

Die Vorstellung geht weiter

Deutsches Theater. Was haben wir für die offene Feldschlacht alles gebimst. Da, sehen Sie? (knallt Buch auf den Tisch) "Von Buschzulage und Ossi-Nachweis" über "Mark Twain für Boshafte". Nee also… "Wie schön, dass wir die Doofen sind" bis… wir halten inne. Erfolgsberichte der Bundesregierung gehörten natürlich auch dazu, ja und Studien dieser und jener Art.

Mehr jener Art war diese hier: (stockend) "Stasi bremst Wachstum" – im Juli 2010. In der BRD! (brubbelt) Ost-West-Unterschiede Einkommen, Arbeitslosigkeit, Wahlbeteiligung … und … (empört) 50% weniger Organspenden. Alles die Stasi! (entschuldigend) Also das haben wir wirklich nicht gewusst.

Einige Ossis erklären sich das mit einer Erkenntnis des Einheitskanzlers, wonach die Wirklichkeit anders sei als die Realität. Ein anderer machte gleich eine Gegenrechnung auf, der Westen schulde dem Ossi 5 Billionen Euro.

Oh, die Vorstellung geht weiter.

Unbestechlich, aber käuflich.

Wedel: "Unbestechlich, aber käuflich. Und so ist der Ossi, von einigen Exemplaren abgesehen, auch."

Wie der Eulenspiegel – noch in Osthand, die SED-Bezirkszeitungen dagegen alle in Westbesitz.

Wedel: "Die Anpassungsfreudigkeit der Ostdeutschen in den 90er Jahren und die Strategien, wie sie sich jetzt durchschlagen, das gibt schon Stoff für Witz. Also zu versuchen, unauffällig zu bleiben, nicht mehr zu betonen, woher man ist …"

Unauffällig, also anonym bleiben. Die Möglichkeit anonymer Bewerbungen kommt ihm sehr entgegen.

Wedel: "Gestern gab es eine Diskussion im Regionalzug: Endlich müssen wir nicht mehr merken lassen, dass wir Ossis sind."

Befreites Luftholen. Wie damals, als die Autokennzeichen in Berlin nicht mehr den wahren Wohnort anzeigten. Nur nicht auffallen.

Wedel: "Da gibt der Ossi gern mal auch den: Ach so, ist interessant, dass du mir das sagst. Oder: Kann ich das noch mal sehen? Schön, dass wir die Doofen sind, ist, glaube ich, eine schöne Strategie, erst mal sich still zu verhalten und das alles über sich ergehen zu lassen."

Lieber Russen als Wessis in der Nachbarschaft
Kürzlich hatte Herr Wedel Handwerker im Haus. Was haben die geschimpft – auf die Wessis. Die seien an allem schuld, weil die ja jetzt singen können "Wir sind überall… im Osten".

Wedel: "Alles was sich kommunal abspielt, ist vom Wessi dominiert. Und überall ist der Wessi. Und alles, was nicht funktioniert, ist der Wessi. Er sitzt auch überall, er sitzt selbst im Katasteramt in Ostdeutschland!"

Als in Ost-Reservat von Herrn Wedel ein paar villenartige Gebilde frei wurden, da ging die Furcht durch die Straßen: Die Wessis kommen!

Wedel: "Bestimmt ein Wessi! Bestimmt ein Wessi! Und vorige Woche kamen Leute zu mir und sagten: Du, wir haben uns geirrt, Gott sei dank, es sind keine Wessis. Es sind Russen!"

Es ward ein Jahrestag der Befreiung im Ort, befreites Aufatmen.

Wedel: "Früher konnte man den Beutel-Ostdeutschen noch erkennen, man erkannte den Ostdeutschen an den Zähnen und an den Schuhen. Das verlagert sich, die Leute hören anders aufeinander, weil die Äußerlichkeiten nicht mehr funktionieren."

Für den Wessis mehr ein Problem.

Wedel: "Absolut!"

Die neue Zeit …

Wedel: "Und der Ossi ist sehr froh, zu sagen: Guck mal, wie der rumläuft. So sind wir früher nicht rumgelaufen! Das ist jetzt ein Wessi."

Vom Partei-Statut zum Wessi-Status – ein sichtbarer Fortschritt der Textilindustrie.

Wedel: "Also das die äußerlichen Merkmale nicht mehr funktionieren, das macht die Sache noch mal spannend, so dass man zuhört."

Szenen einer ganz normalen Ehe. Folgt man den Bezeichnungen für Hochzeitstage, dann feiern beide die "Porzellanhochzeit". Die "diamantene Hochzeit" mit der DDR feierte der Ossi alleine. Angie ist ja auch zum zweiten Mal verheiratet.

Nun, viel Geschirr ging in den Jahren zu Bruch, aber ein paar Tassen sind noch griffbereit im Küchenschrank. Und ein paar offene Rechnungen. Wie gesagt, ein Ossi rechnete jetzt nach und kam auf 5 Billionen Euro Schulden. Wessi-Schulden an den Ossi.

Wir lehnen uns gelassen zurück, denn, ja, bei Paaren, die sich in den neunziger Jahren das Ja-Wort zumurmelten, ist – rein statistisch - nur mit 39% Scheidungsanteil zu rechnen. Ein Jurist merkte lapidar an: "Lediglich der Ehepartner wird gewechselt, nicht die Institution Ehe." Damit reduziert sich die Wechselmöglichkeit auf Null, denn der Ossi hat nur den Wessi.

Ja, ja, der Stamm der Ossi. Typisch deutsch!