Der Sprachbeweger
Künstlerbücher, Publikationen und theoretische Schriften zur "Konkreten Poesie" haben Franz Mon weltweit bekannt gemacht. Er verarbeitet Sprache und Schrift als künstlerisches Material. Im Bremer Museum für Moderne Kunst Weserburg zeigt die Ausstellung "Franz Mon 1951 plus - Schrift, Bild, Stimme" sein künstlerisches Werk seit den 50er-Jahren.
"Der, der, der, der – der du bist du dem – bist du der?"
Dem Dehnen und Stauchen, der Veränderung, Verflüssigung geronnener Sprachbilder und Schriftklischees widmet sich der Künstler Franz Mon – seit über einem halben Jahrhundert. In all seinen Facetten ist dieses Oeuvre eines virtuosen Sprachbewegers nun in der Bremer Weserburg zu hören – und zu sehen, etwa auf fast plastisch wirkenden, scheinbar in den Raum hineinragenden Collagen.
"Presstexte nennt er die – das sind Plakate, die er nass gemacht hat und geknüllt und anschließend durch die Heißmangel."
Diesem zupackenden Umgang Mons mit Wort und Bild ist Kuratorin Anne Thurmann-Jajes seit längerem auf der Spur, darum hat sie ihre Ausstellung "1951 plus" genannt:
"'Die Lüge ist der Pass des Grenzübertritts', das ist das erste Gedicht, das er veröffentlicht. Und da ist auch gleich wieder der Grenzübertritt: alles in allen möglichen Ebenen auszuprobieren. Auch das erste wichtige Buch 'Artikulationen' 1959 greift schon den Sprechakt, die Artikulation, die Lippenbewegung, den Rachenraum auf, dazu diese Verbindung von Schrift, Bild und Stimme."
Visuell ergibt das eine Zusammenballung von Buchstaben zu seltsam fremden, exotischen Gebilden. "Aufladen einer Wortgestalt" hat Mon das genannt – und sein Ziel war dabei, die Gleichgültigkeit gegenüber der Sprache zu durchbrechen. Gestalt, das ist mehr als nur Figur, Umriss, Silhouette. Das macht der Wortkünstler mit seinen Metamorphosen der Schrift deutlich, die in seinen Arbeiten an die Stelle des "Metapherngeschiebes" tritt, wie Mon als Essayist in einem seiner zahlreichen Aufsätze den alltäglichen Umgang mit der Sprache kennzeichnete. Dagegen setzte er den Griff zur Schere.
Anne Thurmann-Jajes: "Die Schere war ganz am Anfang, er hat also Streifencollagen gemacht, ein großer Teil sind danach diese gerissenen Collagen und auch in der Auseinandersetzung mit der Typographie hat er später aus Buchstaben wieder Wortbilder gemacht und diese Typewriter, also Schreibmaschinenarbeiten, diese collagierten Arbeiten und dann die Typographie mit dem Holzbuchstaben bis hin zum Computer."
Diese jüngsten Computergraphiken sind etwas dekorativ, allzu ornamental geraten. Ganz im Gegensatz zu den heute noch irritierenden Hörfunkcollagen, die Franz Mon anfangs selber sprach:
"Auch, auch, auch, Abkunft, Appendix…"
Dieser frühe Medienkünstler ersetzte Pinsel und Palette durch eine Schreibmaschine und die Stimme. Und entwickelte dabei eine erstaunliche Professionalität.
Anne Thurmann-Jajes: "Die späteren Arbeiten sind dann zum Teil mit Schauspielern erst entstanden. Die Schauspieler waren ihm aber zu sehr festgelegt. Und dann hat er angefangen mit Sängern zu arbeiten, die natürlich eine größere Stimmvielfalt erzeugen können. Und hat dann in den letzten Jahren im Hörspiel alles mit Sängern und Sängerinnen gemacht."
Die meist nur sehr kurzen, dafür umso einprägsameren Radioarbeiten überraschen mit dem Wortwitz der Titel: "Das Gras wie’s wächst" oder "Hören und Sehen vergehen". Auch hier zeichnet die Bremer Ausstellung ein konturenreiches Porträt des Sprach- und Sprechkünstlers.
"Da spielt der Sound, die Radioarbeiten eine ganz wesentliche Rolle. Es werden verschiedene Zustände, auch Zuspielbänder zu hören sein. Es geht darum, dieses einmal gemeinsam erfahrbar zu machen: Man sieht und hört ein Bild."
Möglich wird diese Art der Präsentation auch durch den Fundus des Studienzentrums für Künstlerpublikationen in der Bremer Weserburg. Dort hat auch Franz Mon einiges aus seinem persönlichen Archiv deponiert.
"Wir versuchen auch verschiedene Zustände zu rekonstruieren. Er hat zum Teil noch alte Bänder gehabt, die wir hier auch zur Verfügung stellen und so auch im Produktionsprozess zeigen können wie Franz Mon eigentlich gearbeitet hat."
Auf der anderen Seite zeichnet sich neben diesem subjektiven Porträt eines Künstlers auch das kulturgeschichtliche Konterfei einer Republik ab, die wie kaum eine andere von den Massenmedien, dem gedruckten Wort und mehr noch den millionenfach publizierten Bildern geprägt worden ist:
"Eine illustrierte Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von den sechziger Jahren bis heute. Schwarzweiß, dann stärker mit Farbe, man sieht, wie die Typographie sich verändert, wie die Gestaltung sich verändert. Man sieht auch diesen Bildern sofort an, dass es sehr frühe Arbeiten sind, man sieht eine sehr viel strengere Komposition."
Und wenn Franz Mon – verschärft durch konsequenten Wortwitz – auf dieser strengen Ästhetik besteht, ist das keine Sentimentalität, sondern Form- und Ehrensache. Das hat er bereits 1960 bewiesen, mit seiner Lautmalerei "Wörter, Wörter":
"Da, da, da, … da."
Service:
Das Museum für Moderne Kunst Weserburg zeigt die Ausstellung "Franz Mon 1951 plus" vom 19.06. bis zum 13.09.2009.
Dem Dehnen und Stauchen, der Veränderung, Verflüssigung geronnener Sprachbilder und Schriftklischees widmet sich der Künstler Franz Mon – seit über einem halben Jahrhundert. In all seinen Facetten ist dieses Oeuvre eines virtuosen Sprachbewegers nun in der Bremer Weserburg zu hören – und zu sehen, etwa auf fast plastisch wirkenden, scheinbar in den Raum hineinragenden Collagen.
"Presstexte nennt er die – das sind Plakate, die er nass gemacht hat und geknüllt und anschließend durch die Heißmangel."
Diesem zupackenden Umgang Mons mit Wort und Bild ist Kuratorin Anne Thurmann-Jajes seit längerem auf der Spur, darum hat sie ihre Ausstellung "1951 plus" genannt:
"'Die Lüge ist der Pass des Grenzübertritts', das ist das erste Gedicht, das er veröffentlicht. Und da ist auch gleich wieder der Grenzübertritt: alles in allen möglichen Ebenen auszuprobieren. Auch das erste wichtige Buch 'Artikulationen' 1959 greift schon den Sprechakt, die Artikulation, die Lippenbewegung, den Rachenraum auf, dazu diese Verbindung von Schrift, Bild und Stimme."
Visuell ergibt das eine Zusammenballung von Buchstaben zu seltsam fremden, exotischen Gebilden. "Aufladen einer Wortgestalt" hat Mon das genannt – und sein Ziel war dabei, die Gleichgültigkeit gegenüber der Sprache zu durchbrechen. Gestalt, das ist mehr als nur Figur, Umriss, Silhouette. Das macht der Wortkünstler mit seinen Metamorphosen der Schrift deutlich, die in seinen Arbeiten an die Stelle des "Metapherngeschiebes" tritt, wie Mon als Essayist in einem seiner zahlreichen Aufsätze den alltäglichen Umgang mit der Sprache kennzeichnete. Dagegen setzte er den Griff zur Schere.
Anne Thurmann-Jajes: "Die Schere war ganz am Anfang, er hat also Streifencollagen gemacht, ein großer Teil sind danach diese gerissenen Collagen und auch in der Auseinandersetzung mit der Typographie hat er später aus Buchstaben wieder Wortbilder gemacht und diese Typewriter, also Schreibmaschinenarbeiten, diese collagierten Arbeiten und dann die Typographie mit dem Holzbuchstaben bis hin zum Computer."
Diese jüngsten Computergraphiken sind etwas dekorativ, allzu ornamental geraten. Ganz im Gegensatz zu den heute noch irritierenden Hörfunkcollagen, die Franz Mon anfangs selber sprach:
"Auch, auch, auch, Abkunft, Appendix…"
Dieser frühe Medienkünstler ersetzte Pinsel und Palette durch eine Schreibmaschine und die Stimme. Und entwickelte dabei eine erstaunliche Professionalität.
Anne Thurmann-Jajes: "Die späteren Arbeiten sind dann zum Teil mit Schauspielern erst entstanden. Die Schauspieler waren ihm aber zu sehr festgelegt. Und dann hat er angefangen mit Sängern zu arbeiten, die natürlich eine größere Stimmvielfalt erzeugen können. Und hat dann in den letzten Jahren im Hörspiel alles mit Sängern und Sängerinnen gemacht."
Die meist nur sehr kurzen, dafür umso einprägsameren Radioarbeiten überraschen mit dem Wortwitz der Titel: "Das Gras wie’s wächst" oder "Hören und Sehen vergehen". Auch hier zeichnet die Bremer Ausstellung ein konturenreiches Porträt des Sprach- und Sprechkünstlers.
"Da spielt der Sound, die Radioarbeiten eine ganz wesentliche Rolle. Es werden verschiedene Zustände, auch Zuspielbänder zu hören sein. Es geht darum, dieses einmal gemeinsam erfahrbar zu machen: Man sieht und hört ein Bild."
Möglich wird diese Art der Präsentation auch durch den Fundus des Studienzentrums für Künstlerpublikationen in der Bremer Weserburg. Dort hat auch Franz Mon einiges aus seinem persönlichen Archiv deponiert.
"Wir versuchen auch verschiedene Zustände zu rekonstruieren. Er hat zum Teil noch alte Bänder gehabt, die wir hier auch zur Verfügung stellen und so auch im Produktionsprozess zeigen können wie Franz Mon eigentlich gearbeitet hat."
Auf der anderen Seite zeichnet sich neben diesem subjektiven Porträt eines Künstlers auch das kulturgeschichtliche Konterfei einer Republik ab, die wie kaum eine andere von den Massenmedien, dem gedruckten Wort und mehr noch den millionenfach publizierten Bildern geprägt worden ist:
"Eine illustrierte Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von den sechziger Jahren bis heute. Schwarzweiß, dann stärker mit Farbe, man sieht, wie die Typographie sich verändert, wie die Gestaltung sich verändert. Man sieht auch diesen Bildern sofort an, dass es sehr frühe Arbeiten sind, man sieht eine sehr viel strengere Komposition."
Und wenn Franz Mon – verschärft durch konsequenten Wortwitz – auf dieser strengen Ästhetik besteht, ist das keine Sentimentalität, sondern Form- und Ehrensache. Das hat er bereits 1960 bewiesen, mit seiner Lautmalerei "Wörter, Wörter":
"Da, da, da, … da."
Service:
Das Museum für Moderne Kunst Weserburg zeigt die Ausstellung "Franz Mon 1951 plus" vom 19.06. bis zum 13.09.2009.