Der Sound zum ersten Sex
Das Hörbuch „Beat Stories“ versammelt neun Geschichten deutschsprachiger Autoren, die die Songs ihrer Jugend feiern – speziell den Rock und Pop der letzten fünf Jahrzehnte. Der Komiker Frank Goosen etwa erinnert sich an seine ersten erotischen Erlebnisse zur Musik der Dire Straits.
„Mit uncooler Musik kenne ich mich aus. Nicht nur war ich 1982 auf einem Simon & Garfunkel-Konzert im Dortmunder Westfalenstadion. Im gleichen Jahr ging ich wegen Claudia auch durch eine intensive Chris de Burgh-Phase – mein Jugendfreund Mücke meinte damals nach einem kurzen Blick auf Claudia: ‚Für die Frau würde ich auch Heino hören.‘ Und eine Frau war auch schuld daran, dass ich einige Jahre lang Gefallen an den Dire Straits fand.“
Der Kabarettist und Romanautor Frank Goosen liest aus seiner Erzählung „Französische Küsse in dunklen Hauseingängen“ – eine vielsagend unbeholfene Übersetzung der Songzeile „French kisses in dark-ended doorways“ von den Dire Straits. Diese Band hat dem Ich-Erzähler sein erstes erotisches Mini-Ereignis beschert. Grund genug, sich daran in Dankbarkeit – und mit umwerfend komischer Selbstironie zu erinnern.
Das Eröffnungsstück des Hörbuchs „Beat Stories“ ist eine besonders muntere „Up tempo“-Nummer. Aber auch die folgenden acht Texte lassen es an jugendlicher Leidenschaft nicht mangeln. Denn durchweg alle Autoren gehen auf Zeitreise in die eigene Vergangenheit – in die 60er bis 80er Jahre, als Pop, Rock & Soul für die damaligen Teenager zum Soundtrack ihres Lebens wurden. „Sweet home Alabama“ von Lynard Skynard zum Beispiel ist die Musik, die dem Gitarre spielenden Klosterschüler Albert Ostermeier den schwer erkämpften Erfolg bei einem Mädchen sichert. Alex Capus geht mit „Angie“ von den Stones ins Drogenmilieu der 70er Jahre.
Tanja Dückers schließlich – ihre nachdenkliche „Ballade“ wird von Brigitte Hogmaier gelesen – preist die Beatles für „A Day in the life“. Den Song hört die Autorin als Requiem. Als Requiem für einen siebzehnjährigen Nachbarsjungen, der sein Leben freiwillig – mit dem Moped an der Brandschutzmauer – beendet hat.
„Jedenfalls ist es für mich immer eine Art Rausch, wenn ich „A day in the life“ höre, eine Benommenheit, so dass ich es nur alle paar Monate höre, um mein Seelenleben nicht allzu oft aus der Balance zu bringen . ...höre es wie eine besondere Medizin, …brauche danach eine Weile, bis ich mich wieder im Hier und Jetzt zurechtfinde.“
Aus einer Überfülle an Texten konnte dieses Hörbuch seine Auswahl treffen. Knapp achtzig Erzählungen versammelte die literarische Vorlage mit dem Titel „Beat Stories“, die im vergangenen Jahr erschien und – genau wie die jetzt vorliegende Audio-CD – vom Literaturkritiker und Autor Thomas Kraft herausgegeben wurde. Um so bedauerlicher, dass die schließlich ausgewählten neun Stücke des Hörbuchs nicht unbedingt die „Top ten“, bzw. „Top neun“ des Buches sind. Nicht alle Geschichten überzeugen gleichermaßen. Aber sie gewinnen in der gelesenen Fassung einen ganz besonderen Reiz, wie das zum Beispiel Jan Weiler mit seinem „deutsch klingenden“ Englisch demonstriert:
„Wumm wumm wamm. Body and soul. Ich verstand kein einziges Wort , aber dann kam´s: We will, ve vill rock you! Alles klar, darum ging´s. 200 Mal hab ich diese Platte wohl gehört. (…) Ich trank mein erstes Bier zu Queen, wir holten es aus dem Keller, es war lauwarm, aber wumm wumm wamm.“
Klar, dass die Musik auf dieser CD aus GEMA-rechtlichen Gründen viel zu kurz kommt und nur als kurzes Intro eingeblendet werden kann – aber gefeiert wird sie auch so, mit Worten. In ganz unterschiedlichen Stimmungen, Tempi, Nuancen. Vor allem Tanja Langer gelingt es mit „Mädchensommer“ die magische Wirkung von Musik in Worte zu fassen. Unterwegs auf einem amerikanischen Highway im Jahr 1974 hört die Erzählerin im Autoradio zum ersten Mal in ihrem Leben, als 12j-Jährige, die Stimme von James Brown.
Lisa Martinek liest Tanja Langers „Mädchensommer“ als ein großes Soulstück – mit atemloser Intensität und ganzem Körpereinsatz, mit Kopf und Bauch. Allein für diese eine Geschichte lohnt es sich schon, die „Beat Stories“ zu hören.
Rezensiert von Olga Hochweis
Thomas Kraft (Hg.): Beat Stories
Mit Originalgeschichten von Alex Capus, Frank Goosen, Silvio Huonder,
Thomas Kraft, Tanja Langer, Albert Ostermaier, Roland Spiegel,
Jan Weiler und Original-Musikeinspielungen
1 CD, LangenMüller 2009, 14,95 Euro
Der Kabarettist und Romanautor Frank Goosen liest aus seiner Erzählung „Französische Küsse in dunklen Hauseingängen“ – eine vielsagend unbeholfene Übersetzung der Songzeile „French kisses in dark-ended doorways“ von den Dire Straits. Diese Band hat dem Ich-Erzähler sein erstes erotisches Mini-Ereignis beschert. Grund genug, sich daran in Dankbarkeit – und mit umwerfend komischer Selbstironie zu erinnern.
Das Eröffnungsstück des Hörbuchs „Beat Stories“ ist eine besonders muntere „Up tempo“-Nummer. Aber auch die folgenden acht Texte lassen es an jugendlicher Leidenschaft nicht mangeln. Denn durchweg alle Autoren gehen auf Zeitreise in die eigene Vergangenheit – in die 60er bis 80er Jahre, als Pop, Rock & Soul für die damaligen Teenager zum Soundtrack ihres Lebens wurden. „Sweet home Alabama“ von Lynard Skynard zum Beispiel ist die Musik, die dem Gitarre spielenden Klosterschüler Albert Ostermeier den schwer erkämpften Erfolg bei einem Mädchen sichert. Alex Capus geht mit „Angie“ von den Stones ins Drogenmilieu der 70er Jahre.
Tanja Dückers schließlich – ihre nachdenkliche „Ballade“ wird von Brigitte Hogmaier gelesen – preist die Beatles für „A Day in the life“. Den Song hört die Autorin als Requiem. Als Requiem für einen siebzehnjährigen Nachbarsjungen, der sein Leben freiwillig – mit dem Moped an der Brandschutzmauer – beendet hat.
„Jedenfalls ist es für mich immer eine Art Rausch, wenn ich „A day in the life“ höre, eine Benommenheit, so dass ich es nur alle paar Monate höre, um mein Seelenleben nicht allzu oft aus der Balance zu bringen . ...höre es wie eine besondere Medizin, …brauche danach eine Weile, bis ich mich wieder im Hier und Jetzt zurechtfinde.“
Aus einer Überfülle an Texten konnte dieses Hörbuch seine Auswahl treffen. Knapp achtzig Erzählungen versammelte die literarische Vorlage mit dem Titel „Beat Stories“, die im vergangenen Jahr erschien und – genau wie die jetzt vorliegende Audio-CD – vom Literaturkritiker und Autor Thomas Kraft herausgegeben wurde. Um so bedauerlicher, dass die schließlich ausgewählten neun Stücke des Hörbuchs nicht unbedingt die „Top ten“, bzw. „Top neun“ des Buches sind. Nicht alle Geschichten überzeugen gleichermaßen. Aber sie gewinnen in der gelesenen Fassung einen ganz besonderen Reiz, wie das zum Beispiel Jan Weiler mit seinem „deutsch klingenden“ Englisch demonstriert:
„Wumm wumm wamm. Body and soul. Ich verstand kein einziges Wort , aber dann kam´s: We will, ve vill rock you! Alles klar, darum ging´s. 200 Mal hab ich diese Platte wohl gehört. (…) Ich trank mein erstes Bier zu Queen, wir holten es aus dem Keller, es war lauwarm, aber wumm wumm wamm.“
Klar, dass die Musik auf dieser CD aus GEMA-rechtlichen Gründen viel zu kurz kommt und nur als kurzes Intro eingeblendet werden kann – aber gefeiert wird sie auch so, mit Worten. In ganz unterschiedlichen Stimmungen, Tempi, Nuancen. Vor allem Tanja Langer gelingt es mit „Mädchensommer“ die magische Wirkung von Musik in Worte zu fassen. Unterwegs auf einem amerikanischen Highway im Jahr 1974 hört die Erzählerin im Autoradio zum ersten Mal in ihrem Leben, als 12j-Jährige, die Stimme von James Brown.
Lisa Martinek liest Tanja Langers „Mädchensommer“ als ein großes Soulstück – mit atemloser Intensität und ganzem Körpereinsatz, mit Kopf und Bauch. Allein für diese eine Geschichte lohnt es sich schon, die „Beat Stories“ zu hören.
Rezensiert von Olga Hochweis
Thomas Kraft (Hg.): Beat Stories
Mit Originalgeschichten von Alex Capus, Frank Goosen, Silvio Huonder,
Thomas Kraft, Tanja Langer, Albert Ostermaier, Roland Spiegel,
Jan Weiler und Original-Musikeinspielungen
1 CD, LangenMüller 2009, 14,95 Euro