Der "Rosseau von der Saale"
Wenn es so etwas wie einen Ort der Musen geben sollte, dann würde man ihn wahrscheinlich kaum im Heizungskeller vermuten. Und doch scheinen die inspirierenden Göttinnen zumindest in der DDR eine Affinität für Braunkohle und verschwitzte Kohlenschipper gehabt zu haben. Wolfgang Hilbig wäre ein Beispiel für einen große Kunst schaffenden Heizer - ein anderer ist der Maler Albert Ebert. In dessen Heimatstadt Halle zeigt die Stiftung Moritzburg ab Freitag eine Ausstellung des druckgraphischen Werkes.
"Also Sie finden viele Blätter, wenn sie sich hier umschauen - wir sind ja hier im Ausstellungsraum - denen man nicht mehr ansieht, das es mal eine Druckgrafik war, also die völlig überzeichnet sind."
Die Kuratorin Cornelia Wieg blickt auf die dicht behangenen Wände der Stiftung Moritzburg. Es sind Kostbarkeiten, die dort ausgestellt werden, Graphiken des Malers Albert Ebert, der vor allem mit seinen strahlend farbigen Miniaturgemälden berühmt wurde. Bilder in altmeisterlicher Manier, poetisch und skurril, sattwarm und von innen leuchtend.
"Ebert war schon ein Mann der Farbe, und er hat dann häufig Probedrucke oder Andrucke koloriert, mit einfachen Wachsmalfarbstiften, also so wie die Kinder sie benutzen, so dass sie auch in der Druckgrafik dann farbig überarbeitete Blätter haben, die dann wieder Originale sind. Weil es da immer Varianten gibt."
Anlass für die Ausstellung ist der 100. Geburtstag des 1976 verstorbenen Künstlers, der häufig als der "Rosseau von der Saale" apostrophiert wurde, in Anspielung an den großen naiven Maler aus Frankreich. Dabei sind Eberts Bilder durchaus nicht naiv - viel zu herb und viel zu prall war dafür war das Leben des Arbeitersohns aus Halle. Er schlug sich als Dachdecker und Steineträger durch die 20er Jahre, ging in den 30ern stempeln und war sechs Jahre Infanterist im Zweiten Weltkrieg. Mit Glück überstand er Gefangenschaft und eine lange Krankheit - erst mit 40 fing er zu malen an.
Ebert: ""Ich wollte malen und wollte eben die Welt so schön zeigen, wie ich sie eben empfand.""
An der Kunsthochschule "Burg Giebichenstein" in Halle erkennen Professoren sein Talent – Albert Ebert darf zwei Semester studieren, danach aber darbt er als freier Künstler und kann seinen Lebensunterhalt kaum verdienen.
Brade: "Als ich so 17 Jahre alt war, da war ich ein junger Kunststudent, und in der Kunsthochschule war es im Winter immer ziemlich kalt, weil immer nur mit Rohkohle geheizt wurde. Jeden Tag kam so ein riesiges Auto und ein riesiger Haufen brauner Dreck wurde in den Burghof… Und dann kam ein Mann und schippte die rein, und das war der Heizer. Und eines Tages führte mich jemand in die Heizung, und da standen auf den Heizungsrohren diese wunderbaren Bilder, die heute so wertvoll sind, damals war es mehr so eine Kuriosität."
Der Grafiker und Bühnenbildner Helmut Brade lernte Albert Ebert Mitte der 50er Jahre kennen:
"Aber das Kuriose ist natürlich, dass derjenige, der an der Kunsthochschule heizte, wahrscheinlich der größte Künstler war, während die anderen alle sich für große Künstler hielten. Und damals hätte keiner ahnen können, wie sich der Spieß mal umdreht."
Helmut Brade sollte später der Drucker von Albert Ebert werden – und Herausgeber der postum erschienenen Kunstbände über den Maler.
"Also diesen Weg hier bin ich wirklich hunderte Male mit damals noch meinem Trabant gefahren. Zu allen Jahreszeiten. Um die Lithosteine zu Ebert zu bringen."
Im Stadtteil Kröllwitz führt Helmut Brade zum ehemaligen Wohnhaus des Malers – ein Kontorgebäude einer verfallenen Papiermühle an der Saale. Das Lithografieren war für Ebert in den 60er Jahren eine Neuentdeckung. Davor hatte er es trotz widriger Umstände geschafft, mit Ölbildchen ein begeistertes Publikum zu finden. Schriftsteller wie Christa und Gerhard Wolf oder Rainer und Sarah Kirsch gehörten ebenso zu seinen Bewunderern wie die Bildhauer Fritz Cremer, Wieland Förster oder Werner Stötzer. Ebert malte Alltagsszenen, mythologische und biblische Motive – und immer auf eine ganz unmittelbar ergreifende Weise. Die Druckgraphik war für den 60-Jährigen Neuland:
"Und da gibt es ja wunderbare Beispiele, wo die Korrektur das Erstwerk mehr oder weniger vernichtet hat, also das Bild da, von Paris mit den drei Schönheiten, was auf den Umschlag von dem neuen Buch kommt, da gibt es ja von der ersten Fassung nur ein paar Abzüge, weil er dann beim Fabulieren und Verbessern das so stark verändert hat, das aus einem lichten hellen Blatt ein düsteres, dunkles Blatt geworden ist, wo eigentlich diese naive Darstellung die am Anfang so entzückend ist mehr oder weniger verschwunden ist. Aber das sind eben die Prozesse der künstlerischen Tätigkeit."
Die Ausstellung zu Eberts hundertem Geburtstag macht ein Oeuvre zugänglich, das in der Kunstgeschichte der DDR ganz einzigartig ist. Die Bilder bezaubern durch Fabulierlust und gekonnte Form, durch gelungene Komposition und ihren betörenden Charme.
Service: Die Ausstellung "Albert Ebert zum 100. Geburtstag - Zeichnungen und Druckgraphik" ist vom 11.03.bis zum 28.05. 2006 zu sehen.
Die Kuratorin Cornelia Wieg blickt auf die dicht behangenen Wände der Stiftung Moritzburg. Es sind Kostbarkeiten, die dort ausgestellt werden, Graphiken des Malers Albert Ebert, der vor allem mit seinen strahlend farbigen Miniaturgemälden berühmt wurde. Bilder in altmeisterlicher Manier, poetisch und skurril, sattwarm und von innen leuchtend.
"Ebert war schon ein Mann der Farbe, und er hat dann häufig Probedrucke oder Andrucke koloriert, mit einfachen Wachsmalfarbstiften, also so wie die Kinder sie benutzen, so dass sie auch in der Druckgrafik dann farbig überarbeitete Blätter haben, die dann wieder Originale sind. Weil es da immer Varianten gibt."
Anlass für die Ausstellung ist der 100. Geburtstag des 1976 verstorbenen Künstlers, der häufig als der "Rosseau von der Saale" apostrophiert wurde, in Anspielung an den großen naiven Maler aus Frankreich. Dabei sind Eberts Bilder durchaus nicht naiv - viel zu herb und viel zu prall war dafür war das Leben des Arbeitersohns aus Halle. Er schlug sich als Dachdecker und Steineträger durch die 20er Jahre, ging in den 30ern stempeln und war sechs Jahre Infanterist im Zweiten Weltkrieg. Mit Glück überstand er Gefangenschaft und eine lange Krankheit - erst mit 40 fing er zu malen an.
Ebert: ""Ich wollte malen und wollte eben die Welt so schön zeigen, wie ich sie eben empfand.""
An der Kunsthochschule "Burg Giebichenstein" in Halle erkennen Professoren sein Talent – Albert Ebert darf zwei Semester studieren, danach aber darbt er als freier Künstler und kann seinen Lebensunterhalt kaum verdienen.
Brade: "Als ich so 17 Jahre alt war, da war ich ein junger Kunststudent, und in der Kunsthochschule war es im Winter immer ziemlich kalt, weil immer nur mit Rohkohle geheizt wurde. Jeden Tag kam so ein riesiges Auto und ein riesiger Haufen brauner Dreck wurde in den Burghof… Und dann kam ein Mann und schippte die rein, und das war der Heizer. Und eines Tages führte mich jemand in die Heizung, und da standen auf den Heizungsrohren diese wunderbaren Bilder, die heute so wertvoll sind, damals war es mehr so eine Kuriosität."
Der Grafiker und Bühnenbildner Helmut Brade lernte Albert Ebert Mitte der 50er Jahre kennen:
"Aber das Kuriose ist natürlich, dass derjenige, der an der Kunsthochschule heizte, wahrscheinlich der größte Künstler war, während die anderen alle sich für große Künstler hielten. Und damals hätte keiner ahnen können, wie sich der Spieß mal umdreht."
Helmut Brade sollte später der Drucker von Albert Ebert werden – und Herausgeber der postum erschienenen Kunstbände über den Maler.
"Also diesen Weg hier bin ich wirklich hunderte Male mit damals noch meinem Trabant gefahren. Zu allen Jahreszeiten. Um die Lithosteine zu Ebert zu bringen."
Im Stadtteil Kröllwitz führt Helmut Brade zum ehemaligen Wohnhaus des Malers – ein Kontorgebäude einer verfallenen Papiermühle an der Saale. Das Lithografieren war für Ebert in den 60er Jahren eine Neuentdeckung. Davor hatte er es trotz widriger Umstände geschafft, mit Ölbildchen ein begeistertes Publikum zu finden. Schriftsteller wie Christa und Gerhard Wolf oder Rainer und Sarah Kirsch gehörten ebenso zu seinen Bewunderern wie die Bildhauer Fritz Cremer, Wieland Förster oder Werner Stötzer. Ebert malte Alltagsszenen, mythologische und biblische Motive – und immer auf eine ganz unmittelbar ergreifende Weise. Die Druckgraphik war für den 60-Jährigen Neuland:
"Und da gibt es ja wunderbare Beispiele, wo die Korrektur das Erstwerk mehr oder weniger vernichtet hat, also das Bild da, von Paris mit den drei Schönheiten, was auf den Umschlag von dem neuen Buch kommt, da gibt es ja von der ersten Fassung nur ein paar Abzüge, weil er dann beim Fabulieren und Verbessern das so stark verändert hat, das aus einem lichten hellen Blatt ein düsteres, dunkles Blatt geworden ist, wo eigentlich diese naive Darstellung die am Anfang so entzückend ist mehr oder weniger verschwunden ist. Aber das sind eben die Prozesse der künstlerischen Tätigkeit."
Die Ausstellung zu Eberts hundertem Geburtstag macht ein Oeuvre zugänglich, das in der Kunstgeschichte der DDR ganz einzigartig ist. Die Bilder bezaubern durch Fabulierlust und gekonnte Form, durch gelungene Komposition und ihren betörenden Charme.
Service: Die Ausstellung "Albert Ebert zum 100. Geburtstag - Zeichnungen und Druckgraphik" ist vom 11.03.bis zum 28.05. 2006 zu sehen.