Der Onkel der Pop-Literaten
Joachim Lottmann bezeichnet sein neues Buch "Zombie Nation" als "Anti-Schirrmacher". Er verteidigt darin die Jugend von heute, die sich zwar nicht mehr so doll vermehrt, aber ansonsten ganz nett ist. Der "Onkel der Popliteraten" empfand das Wort "Popliteratur" als Schimpfwort und beschloss trotzdem, oder gerade deswegen, sich "dieses Wort ans Revers zu heften".
Die Popliteratur ist tot - es lebe die Literatur des dritten Lebensalters. Deren emblematischer Vertreter: Joachim Lottmann, demnächst 49 Jahre alt.
"Die Jugend von heute", das war mein letzter Pop-Roman. Und jetzt eben die "Zombie Nation" ist eben ganz humorfrei und ernst und Thomas-Mann-haft und richtig schwere Vergangenheitsbewältigung. Is ja auch ganz dick. Richtig so die Schwarte, die man nur schwer lesen kann, die man zu Weihnachten schenkt, steht dann da so im Regal."
Vom "Onkel der Popliteraten" zum Klassiker mit Goldschnitt? Keineswegs. "Zombie Nation" ist ein schlichtes Taschenbuch in quietschpinkem Outfit. Was drinsteht, hat natürlich rein garnichts mit Thomas Mann zu tun. Von wegen Ende der Ironie. "Zombie Nation" ist Pop pur.
""Popliteratur war einfach nur ein Schimpfwort. Das lag auf der Straße. Von der ersten Sekunde an war dieses Wort nur negativ besetzt, so wie Neger oder so."
Zweideutig und kaum fassbar wie früher, dieser Herr Lottmann:
""Dann hab ich plötzlich gedacht, ich nehme jetzt mal dieses Wort und hefte es mir ans Revers, so wie den gelben Judenstern, mal sehn was passiert. Und tatsächlich war das ja fantastisch, das war ja mein Durchbruch.""
Heute war ein ganz besonderer Tag. Joachim Lottmann betrat eine kleine Bühne in Prenzlauer Berg. Nebenan ein Lebensmittelmarkt, vor ihm etliche Reihen mit giftgrünen Plastikstühlen. So etwas tut Joachim Lottmann normalerweise nicht, öffentlich auftreten.
Er ist "soziophob", behauptet er, und drückt sich zur Bekräftigung tiefer in die Polster der 80er-Jahre-Flohmarktgarnitur, auf der wir sitzen und reden. Versammlungen von Menschen kann er körperlich nicht ertragen. Sagt er. Wie hält er das dann aus heute Abend?
"Das liegt daran, dass dieses Buch zu weiten Teilen auch noch von den Lektoren mitgeschrieben wurde. Ich kann mich selber nicht lesen. Aber wenn ich das Gefühl habe, es ist gar nicht mein eigener Text, dann geht diese Blockade weg und dieser Selbstekel und ich kann’s lesen."
Ach so, das Buch ist gar nicht von ihm. Vielleicht stimmt das sogar. Schließlich hört man, dass sein brandneuer Arbeitgeber der "Spiegel" jeden seiner Artikel ganz heftig umschreibt. Dabei ist eine Anstellung beim "Spiegel" doch die Erfüllung eines Lebenstraums.
"Ach, der 'Spiegel', da wollte ich mein Leben lang hin. Das war der erste Einfluss, den ich überhaupt hatte, schon als 5-Jähriger. […] Ich hab dann später, als ich erwachsen wurde und klug, man kann dieses Land nicht verstehen, wenn man nicht einmal beim 'Spiegel' gearbeitet hat."
Gerade neulich sorgte er im Hamburger Nachrichtenmagazin mit einem kräftigen Vernichtungsschlag gegen das moderne Theater für Aufruhr. Anlass war die Spiralblockaffäre um den Bühnen-Kritiker Gerhard Stadelmaier, auf dessen Seite er sich dabei schlug. Ein anderer FAZ-Grande hat Lottmann zu seinem aktuellen Werk inspiriert. Sagt Lottmann:
"Das hat mit Frank Schirrmacher zu tun. Schirrmachers Buch "Das Methusalem-Komplott" hat mich sehr beeindruckt und mitgerissen und fasziniert. Ich habe dann auch die Nähe von Herrn Schirrmacher gesucht und ihn auch kennen lernen dürfen und ich glaube, sagen zu dürfen, eine kleine Freundschaft dann erleben zu können."
Joachim Lottmann – lange verkannt, nicht gedruckt, wie er beklagt. Jetzt plötzlich in allen Feuilletons und auf Du mit den Medien-Mächtigen im Land. Zumindest halb vertraut:
"Es ist ein bisschen schwer, weil er die Dinge, die er schreibt, ernst nimmt. Er glaubt wirklich selbst dran. […] Er wird besessen davon. Und deswegen kann man mit ihm darüber nicht wirklich sprechen."
"Zombie Nation" – die Antwort auf Schirrmachers Kriegt-Kinder-Buch.
"Das ist praktisch der Anti-Schirrmacher geworden."
Man glaubt fast, es ist ihm ernst, wie er so dasitzt und die Jugend von heute verteidigt. Die vermehrt sich zwar nicht ordentlich, ist aber trotzdem ganz nett:
""Ich finde schon, dass ich die Jugendlichen eher liebevoll beschrieben habe, sehr euphorisch und bewundernd. Vielleicht kann man das anders lesen. Aber das war mein Gefühl beim Schreiben.""Es war also wieder ein reiner Text von mir selber geworden, über mich und einzig von mir selbst verstehbar", heißt es in "Zombie Nation". Ein wahrer Satz.
Was schreibt er als nächstes, nach diesem angeblich ersten Roman seiner Nach-Pop-Zeit?
"Ich schreib nicht mehr .""
Aber er ist doch jetzt ein großer Journalist.
"Nö, ich würde ich mich immer als Autor bezeichnen. So wie Heinrich Heine immer beides war."
Herr Lottmann hat nicht nur einflussreiche Freunde. Er hat auch große Vorbilder. Ach stimmt ja: "Zombie Nation" ist schließlich große deutsche Familiengeschichte. Thomas Mann. Wie die "Buddenbrooks". Nicht vergessen.
"Die Jugend von heute", das war mein letzter Pop-Roman. Und jetzt eben die "Zombie Nation" ist eben ganz humorfrei und ernst und Thomas-Mann-haft und richtig schwere Vergangenheitsbewältigung. Is ja auch ganz dick. Richtig so die Schwarte, die man nur schwer lesen kann, die man zu Weihnachten schenkt, steht dann da so im Regal."
Vom "Onkel der Popliteraten" zum Klassiker mit Goldschnitt? Keineswegs. "Zombie Nation" ist ein schlichtes Taschenbuch in quietschpinkem Outfit. Was drinsteht, hat natürlich rein garnichts mit Thomas Mann zu tun. Von wegen Ende der Ironie. "Zombie Nation" ist Pop pur.
""Popliteratur war einfach nur ein Schimpfwort. Das lag auf der Straße. Von der ersten Sekunde an war dieses Wort nur negativ besetzt, so wie Neger oder so."
Zweideutig und kaum fassbar wie früher, dieser Herr Lottmann:
""Dann hab ich plötzlich gedacht, ich nehme jetzt mal dieses Wort und hefte es mir ans Revers, so wie den gelben Judenstern, mal sehn was passiert. Und tatsächlich war das ja fantastisch, das war ja mein Durchbruch.""
Heute war ein ganz besonderer Tag. Joachim Lottmann betrat eine kleine Bühne in Prenzlauer Berg. Nebenan ein Lebensmittelmarkt, vor ihm etliche Reihen mit giftgrünen Plastikstühlen. So etwas tut Joachim Lottmann normalerweise nicht, öffentlich auftreten.
Er ist "soziophob", behauptet er, und drückt sich zur Bekräftigung tiefer in die Polster der 80er-Jahre-Flohmarktgarnitur, auf der wir sitzen und reden. Versammlungen von Menschen kann er körperlich nicht ertragen. Sagt er. Wie hält er das dann aus heute Abend?
"Das liegt daran, dass dieses Buch zu weiten Teilen auch noch von den Lektoren mitgeschrieben wurde. Ich kann mich selber nicht lesen. Aber wenn ich das Gefühl habe, es ist gar nicht mein eigener Text, dann geht diese Blockade weg und dieser Selbstekel und ich kann’s lesen."
Ach so, das Buch ist gar nicht von ihm. Vielleicht stimmt das sogar. Schließlich hört man, dass sein brandneuer Arbeitgeber der "Spiegel" jeden seiner Artikel ganz heftig umschreibt. Dabei ist eine Anstellung beim "Spiegel" doch die Erfüllung eines Lebenstraums.
"Ach, der 'Spiegel', da wollte ich mein Leben lang hin. Das war der erste Einfluss, den ich überhaupt hatte, schon als 5-Jähriger. […] Ich hab dann später, als ich erwachsen wurde und klug, man kann dieses Land nicht verstehen, wenn man nicht einmal beim 'Spiegel' gearbeitet hat."
Gerade neulich sorgte er im Hamburger Nachrichtenmagazin mit einem kräftigen Vernichtungsschlag gegen das moderne Theater für Aufruhr. Anlass war die Spiralblockaffäre um den Bühnen-Kritiker Gerhard Stadelmaier, auf dessen Seite er sich dabei schlug. Ein anderer FAZ-Grande hat Lottmann zu seinem aktuellen Werk inspiriert. Sagt Lottmann:
"Das hat mit Frank Schirrmacher zu tun. Schirrmachers Buch "Das Methusalem-Komplott" hat mich sehr beeindruckt und mitgerissen und fasziniert. Ich habe dann auch die Nähe von Herrn Schirrmacher gesucht und ihn auch kennen lernen dürfen und ich glaube, sagen zu dürfen, eine kleine Freundschaft dann erleben zu können."
Joachim Lottmann – lange verkannt, nicht gedruckt, wie er beklagt. Jetzt plötzlich in allen Feuilletons und auf Du mit den Medien-Mächtigen im Land. Zumindest halb vertraut:
"Es ist ein bisschen schwer, weil er die Dinge, die er schreibt, ernst nimmt. Er glaubt wirklich selbst dran. […] Er wird besessen davon. Und deswegen kann man mit ihm darüber nicht wirklich sprechen."
"Zombie Nation" – die Antwort auf Schirrmachers Kriegt-Kinder-Buch.
"Das ist praktisch der Anti-Schirrmacher geworden."
Man glaubt fast, es ist ihm ernst, wie er so dasitzt und die Jugend von heute verteidigt. Die vermehrt sich zwar nicht ordentlich, ist aber trotzdem ganz nett:
""Ich finde schon, dass ich die Jugendlichen eher liebevoll beschrieben habe, sehr euphorisch und bewundernd. Vielleicht kann man das anders lesen. Aber das war mein Gefühl beim Schreiben.""Es war also wieder ein reiner Text von mir selber geworden, über mich und einzig von mir selbst verstehbar", heißt es in "Zombie Nation". Ein wahrer Satz.
Was schreibt er als nächstes, nach diesem angeblich ersten Roman seiner Nach-Pop-Zeit?
"Ich schreib nicht mehr .""
Aber er ist doch jetzt ein großer Journalist.
"Nö, ich würde ich mich immer als Autor bezeichnen. So wie Heinrich Heine immer beides war."
Herr Lottmann hat nicht nur einflussreiche Freunde. Er hat auch große Vorbilder. Ach stimmt ja: "Zombie Nation" ist schließlich große deutsche Familiengeschichte. Thomas Mann. Wie die "Buddenbrooks". Nicht vergessen.