Der Nabel des Lebens
Seit einigen Jahren entstehen immer mehr private und öffentliche Blutbanken. Sie werben damit, dass die im Nabelschnurblut enthaltenen Stammzellen verschiedenste Krankheiten heilen können. Wirklich geholfen hat das Verfahren bislang nur bei Blutkrebs. Das könnte sich nun ändern.
Nach der Geburt: Immer daran denken, das Nabelschnurblut einzulagern. Das jedenfalls wünscht sich Dr. Marlena Robin-Winn vom Norddeutschen Knochenmark- und Stammzellspender-Register.
"Im Grunde ist das ganz einfach. Wenn das Kind abgenabelt ist, die Nabelschnur durchtrennt ist. Der Rest der Nabelschnur sitzt ja an der Placenta. Und dieser Rest enthält noch kindliches Blut. Und mit einer Kanüle kann man dieses kindliche Blut gewinnen. Das Blut läuft in den Beutel, und damit hat man das kindliche Blut und auch die kindlichen Stammzellen."
Nabelschnurblut ist pure Medizin: Mit den darin enthaltenen Stammzellen kann man Leukämie und Diabetes behandeln. Doch damit sind die medizinischen Möglichkeiten des Nabelschnurblutes fast schon erschöpft. Bisher jedenfalls. Prof. Ulrich Martin von der Medizinischen Hochschule Hannover konnte jetzt – erstmals in Deutschland – bestimmte Zellen im Nabelschnurblut in einen embryonalen Zustand rückprogrammieren und so das therapeutische Spektrum erheblich erweitern.
"Also wir haben sowohl in der Zellkultur zeigen können, dass aus unterschiedlichen Bereichen Zellen wieder hergestellt werden können wie zum Beispiel Nervenzellen, wie zum Beispiel Herz-Muskel-Zellen. Und auch bei klassischen Tests, die man durchführt: Man transplantiert diese Zellen in Mäuse und dort bilden sie dann die unterschiedlichsten Zelltypen, die man sich nur vorstellen kann."
Die rückprogrammierten Zellen heißen "induzierte pluripotente Stammzellen" – kurz iPS. Neben der universellen Einsetzbarkeit in der Organzucht gibt es einen weiteren entscheidenden Vorteil: Sie sind beliebig vermehrbar und stehen dann auch für erwachsene Patienten in ausreichender Menge zur Verfügung. iPS-Zellen lassen sich zwar auch aus der Haut eines Erwachsenen gewinnen. Nimmt man aber das Blut aus der Nabelschnur für die Rückprogrammierung, sind weit weniger Komplikationen zu befürchten.
"Der Grund, weshalb wir Nabelschnurblut verwendet haben, ist die Tatsache, dass bei iPS-Zellen aus alten Patienten, und die würden ja wahrscheinlich das Haupt-Patienten-Kollektiv für solche Stammzelltherapien ausmachen, dass wir dort von Zellen ausgehen, in denen sich bereits Mutationen während des Lebens angehäuft haben. Und die können dazu führen, dass solche Zelltransplantate zu Krebserkrankungen führen, oder auch die transplantierten Zellen einfach nicht so gut funktionieren, als wenn wir die iPS-Zellen aus jungen Zellen hergestellt haben."
Einer Forschergruppe aus Barcelona gelang es dieser Tage, die begehrten iPS-Zellen auch aus Nabelschnurblut zu gewinnen, das schon vor Jahren eingelagert wurde. Und dieser Befund, so Forschungsleiter Prof. Axel Haverich, ändert die Bedeutung des Nabelschnurblutes erheblich. So könnten die einst im Babyalter deponierten Stammzellen dem erwachsen gewordenen Spender helfen, zum Beispiel ein neues Herz heranzuzüchten. Die Organzucht aus Stammzellen sei zwar noch Vision, doch wer weiß schon, was in 70 Jahren möglich ist, so der Herzchirurg.
"Ich persönlich sehe die iPS immer noch für die vom Patienten selbst gewonnenen Zellen für die Anwendung, dass man wirklich vollständig autolog, das heißt, vom Patienten abstammenden Gewebe arbeiten kann. Das sind noch viele Entwicklungsschritte. Auf dem Weg dahin ist dieser Weg über die Nabelschnurblutzellen sicherlich ein ganz guter und wird auch sicherlich die ersten klinischen Erprobungen mit sich bringen."
Stammzellen aus der Nabelschnur sind auch immunologisch sehr interessant. Sie haben noch keine Infektion durchgemacht, und deshalb sind Abstoßungsreaktionen nach einer Transplantation eher gering. Die Zellen eignen sich deshalb auch gut für eine Übertragung, wenn Spender und Empfänger unterschiedliche Personen sind. Die Verteilung an geeignete Empfänger übernehmen öffentliche Nabelschnurblutbanken, hier zählen allein die Gewebemerkmale. Wer das wertvolle Blut für sich allein behalten möchte, muss eine private Blutbank beauftragen und mit erheblichen Kosten rechnen. Wie auch immer – es lohnt sich, sagt Prof. Axel Haverich:
"Also ich war zwei Jahre lang etwas skeptisch. Inzwischen muss ich sagen, mit diesen Entwicklungen sollte man jungen Paaren, die ein Baby auf die Welt bringen, auch empfehlen, das Nabelschnurblut zu asservieren für spätere Zwecke. Selbst wenn es für das eigene Kind nicht gebraucht wird, kann es vielleicht anderen Patienten später helfen."
Aber nur dann, wenn das Nabelschnurblut in einer öffentlichen Blutbank liegt. Die Einlagerung ist kostenlos, dafür stehen die Stammzellen der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine gute Idee. Heute werden immer noch 98 Prozent des Nabelschnurblutes mitsamt der Placenta vernichtet: Abfall für die Krankenhausverbrennungslage. Diese Praxis wird man sich in Zukunft wohl nicht mehr leisten können, urteilen die Experten.
"Im Grunde ist das ganz einfach. Wenn das Kind abgenabelt ist, die Nabelschnur durchtrennt ist. Der Rest der Nabelschnur sitzt ja an der Placenta. Und dieser Rest enthält noch kindliches Blut. Und mit einer Kanüle kann man dieses kindliche Blut gewinnen. Das Blut läuft in den Beutel, und damit hat man das kindliche Blut und auch die kindlichen Stammzellen."
Nabelschnurblut ist pure Medizin: Mit den darin enthaltenen Stammzellen kann man Leukämie und Diabetes behandeln. Doch damit sind die medizinischen Möglichkeiten des Nabelschnurblutes fast schon erschöpft. Bisher jedenfalls. Prof. Ulrich Martin von der Medizinischen Hochschule Hannover konnte jetzt – erstmals in Deutschland – bestimmte Zellen im Nabelschnurblut in einen embryonalen Zustand rückprogrammieren und so das therapeutische Spektrum erheblich erweitern.
"Also wir haben sowohl in der Zellkultur zeigen können, dass aus unterschiedlichen Bereichen Zellen wieder hergestellt werden können wie zum Beispiel Nervenzellen, wie zum Beispiel Herz-Muskel-Zellen. Und auch bei klassischen Tests, die man durchführt: Man transplantiert diese Zellen in Mäuse und dort bilden sie dann die unterschiedlichsten Zelltypen, die man sich nur vorstellen kann."
Die rückprogrammierten Zellen heißen "induzierte pluripotente Stammzellen" – kurz iPS. Neben der universellen Einsetzbarkeit in der Organzucht gibt es einen weiteren entscheidenden Vorteil: Sie sind beliebig vermehrbar und stehen dann auch für erwachsene Patienten in ausreichender Menge zur Verfügung. iPS-Zellen lassen sich zwar auch aus der Haut eines Erwachsenen gewinnen. Nimmt man aber das Blut aus der Nabelschnur für die Rückprogrammierung, sind weit weniger Komplikationen zu befürchten.
"Der Grund, weshalb wir Nabelschnurblut verwendet haben, ist die Tatsache, dass bei iPS-Zellen aus alten Patienten, und die würden ja wahrscheinlich das Haupt-Patienten-Kollektiv für solche Stammzelltherapien ausmachen, dass wir dort von Zellen ausgehen, in denen sich bereits Mutationen während des Lebens angehäuft haben. Und die können dazu führen, dass solche Zelltransplantate zu Krebserkrankungen führen, oder auch die transplantierten Zellen einfach nicht so gut funktionieren, als wenn wir die iPS-Zellen aus jungen Zellen hergestellt haben."
Einer Forschergruppe aus Barcelona gelang es dieser Tage, die begehrten iPS-Zellen auch aus Nabelschnurblut zu gewinnen, das schon vor Jahren eingelagert wurde. Und dieser Befund, so Forschungsleiter Prof. Axel Haverich, ändert die Bedeutung des Nabelschnurblutes erheblich. So könnten die einst im Babyalter deponierten Stammzellen dem erwachsen gewordenen Spender helfen, zum Beispiel ein neues Herz heranzuzüchten. Die Organzucht aus Stammzellen sei zwar noch Vision, doch wer weiß schon, was in 70 Jahren möglich ist, so der Herzchirurg.
"Ich persönlich sehe die iPS immer noch für die vom Patienten selbst gewonnenen Zellen für die Anwendung, dass man wirklich vollständig autolog, das heißt, vom Patienten abstammenden Gewebe arbeiten kann. Das sind noch viele Entwicklungsschritte. Auf dem Weg dahin ist dieser Weg über die Nabelschnurblutzellen sicherlich ein ganz guter und wird auch sicherlich die ersten klinischen Erprobungen mit sich bringen."
Stammzellen aus der Nabelschnur sind auch immunologisch sehr interessant. Sie haben noch keine Infektion durchgemacht, und deshalb sind Abstoßungsreaktionen nach einer Transplantation eher gering. Die Zellen eignen sich deshalb auch gut für eine Übertragung, wenn Spender und Empfänger unterschiedliche Personen sind. Die Verteilung an geeignete Empfänger übernehmen öffentliche Nabelschnurblutbanken, hier zählen allein die Gewebemerkmale. Wer das wertvolle Blut für sich allein behalten möchte, muss eine private Blutbank beauftragen und mit erheblichen Kosten rechnen. Wie auch immer – es lohnt sich, sagt Prof. Axel Haverich:
"Also ich war zwei Jahre lang etwas skeptisch. Inzwischen muss ich sagen, mit diesen Entwicklungen sollte man jungen Paaren, die ein Baby auf die Welt bringen, auch empfehlen, das Nabelschnurblut zu asservieren für spätere Zwecke. Selbst wenn es für das eigene Kind nicht gebraucht wird, kann es vielleicht anderen Patienten später helfen."
Aber nur dann, wenn das Nabelschnurblut in einer öffentlichen Blutbank liegt. Die Einlagerung ist kostenlos, dafür stehen die Stammzellen der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine gute Idee. Heute werden immer noch 98 Prozent des Nabelschnurblutes mitsamt der Placenta vernichtet: Abfall für die Krankenhausverbrennungslage. Diese Praxis wird man sich in Zukunft wohl nicht mehr leisten können, urteilen die Experten.