Der Mythos Olympia

Von Barbara Wiegand |
Im Berliner Martin Gropius Bau nähert man sich in einer Ausstellung dem Mythos Olympia. Doch in einer abgespeckten Form, im Vorfeld gab es Streit. Es ging um den inhaltlichen Einfluss, den das mittlerweile nicht mehr an der Finanzierung beteiligte Emirat Katar für sein Geld bekommen hätte.
Vorbei an der Moderne blickt man also jetzt im Martin Gropius Bau auf das einstige Olympia und seinen Mythos - begibt sich auf eine Zeitreise zurück in die Antike.

Von den Anfängen mit dem Kult um den Göttervater Zeus, dem zu Ehren die Sportler gegeneinander antraten, über die Wiederentdeckung Olympias bei den Ausgrabungen im 19. Jahrhundert bis hin zum klassischen Körperbild, das bis heute unsere Idealvorstellungen von Athletik prägt, spannt die Schau klug und abwechslungsreich den Bogen.

Und angesichts der Vielfalt von rund 850 teilweise hochwertigen Exponaten kann der Besucher zunächst ganz gut über die Leerstelle hinwegsehen, die sich durch die Absage des Ausstellungsteils über die 1894 erstmals ausgetragenen Modernen Spiele ergibt. Zumal man sich offensichtlich Mühe gibt, mehr als eine bloße Chronologie der Ereignisse zu liefern. Konstantinos Tzavaras, stellvertretender Kultur und Sportminister Griechenlands

"Das ist eben die Vielschichtigkeit, die darin liegt. Also wir haben die Natur, die Altis als Zentrum des Heiligen Olympia, das überwältigt sein des Menschen von dieser Natur, was dazu führte, dass dieser Mythos entsteht. Und auch der Agon, der Wettstreit. Also der Versuch des Menschen, sich selbst zu übertreffen. Das ist auch das, was uns Olympia lehrt: die Bedeutung des Harmonischen, des Schöpferischen. Und vor allem des Naturgegebenen und des vom Menschen geschaffenen."

Im Lichthof des Martin Gropius Bau etwa begegnet man den mächtigen Abgüssen der Figuren, die im Original auf dem Giebel des Zeus Tempels in Olympia thronten. Man spürt die gewaltige, vielleicht sogar gewalttätige Energie, die der olympische Wettstreit auch entfacht hat - jenseits nobler Ideale. Genauso energiegeladen, wenn auch viel kleiner, ist der bronzene Läufer, der im ersten Ausstellungsraum "am Start" steht.

Voller Dynamik auch der Diskuswerfer am Ende des Rundgangs, dem man die Schnellkraft ansieht mit der er die Scheibe schleudert - obwohl Wurfarm und Geschoss der Marmorskulptur über die Jahre verloren gingen. All diese Sportarten gab es also vor 3000 Jahren schon, nur anders. Kurator Wolf Dieter Heilmeyer:

"Zum Beispiel das Springen, das ja mit diesen merkwürdigen Instrumenten verbunden war. Der Springer, der musste in so zwei Hanteln greifen. Entweder war es ein Dreisprung oder ein Weitsprung, der dadurch verstärkt oder vergrößert wurde, dass man mit diesen Gewichten ordentlich Schwung holen konnte und wenn man die schmeißen konnte ordentlich selber flog. Aber wo man die dann losließ, das ist nicht ganz einhellig dargestellt."

Viele Siege machten die Athleten schon damals zu Stars, die sich gerne als Skulptur verewigen ließen. Und Geld konnte auf diesem Weg zum Erfolg durchaus hilfreich sein, wie Kurator Hans Joachim Gehrke am Beispiel eines kleinen Bronzepferdes erläutert:

"Pferdesport, also das reiten und ganz besonders das fahren im Viergespann, das war der absolute Luxus. Ein Pferd ist ein Statussymbol da ist ein Rolls Roys gar nichts dagegen. Also heute wäre das eine Yacht oder ein Privatjet. Der athenische Politiker Alkibiades trat als einer der reichsten Männer seiner Zeit trat 416 bei den Olympischen Spielen mit sieben Gespannen an. Und er hat dann auch Gold Silber und den vierten Platz gewonnen."

So wird eines anhand der Objekte und ihrer Inszenierung klar:
Nicht nur hehre Ideale und Götterkult, sondern auch ganz irdischer Reichtum und politische Interessen spielten eine Rolle. Nochmals Wolf-Dieter Heilmeyer:

"Und da die Spiele sozusagen international wurden. Damals sagte man Pan hellenisch - also für die ganze Griechenheit, trafen sich dort Festgesellschaften, Siegergruppen, die schliefen in Zelten dicht beieinander. Und da haben die alles Mögliche beredet. Zum Beispiel, dass sie einen Krieg auch beenden könnten, wen sie jetzt nach Hause kommen. Und darüber wurden Verträge geschlossen.

Es gibt die sogenannten Schatzhäuser in denen zum Beispiel einen haben wir da, Verträge zwischen irgendwelchen Leuten aus Süditalien aufgeschrieben wurden. Die fuhren extra nach Olympia, um das dort an die Wand zu nageln."

Doch so spannend es ist, diese politische Dimension des antiken Olympia zu erkennen, so sehr wird einem hier auch das Fehlen des Ausstellungsteiles über die Modernen Olympischen Spiele bewusst. Denn zum einen sind sie es schließlich, die den Mythos Olympia bis heute lebendig halten. Zum anderen drängen sich die Parallelen zwischen Antike und Neuzeit hier geradezu auf - angesichts von bis heute nie nur vom Sportsgeist beseelten, sondern immer auch von aktuellen Konflikten und Korruption belasteten Spielen.

So ist diese Ausstellung ein in seiner Vielfalt und seinem Reichtum sicher sehenswerter Rückblick auf die Entstehung des Mythos Olympia - aber eben ein Rückblick.

Links bei dradio.de:
Kunstvolles Ringen um den Sieg
Ausstellung zum "Mythos Olympia" im Martin-Gropius-Bau in Berlin
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