Der musikalische Wochenrückblick

Psychopathen hören Justin Bieber

Justin Bieber
Der kanadische Sänger Justin Bieber © picture alliance/dpa/Foto: Sven Hoppe
Von Laf Überland · 17.11.2017
Jetzt ist endlich geklärt, welche Musik Psychopathen besonders mögen. Nämlich nicht – wie Hannibal Lecter im Film – am liebsten Klassik. Neurowissenschaftler präsentieren einen überraschenden Soundtrack.
Psychopathen hören gerne Justin Bieber! Nein wirklich: Einer Studie zufolge, die in dieser Woche beim Treffen von 30.000 Neurowissenschaftlern in Washington präsentiert wurde, hörten Testpersonen mit einer höheren Tendenz zur Psychopathie lieber Justin Biebers "What Do You Mean", Eminems "Lose Yourself" und "No Diggity" von Blackstreet als klassische Musik.
Bislang wurde angenommen, dass Psychopathen klassische Musik bevorzugen – zumindest aber Musik ohne Texte, die die Erkrankten, die zu keiner Empathie fähig sind, wohl nicht interessieren würden. Hannibal Lecter jedenfalls hörte die Goldberg Variationen.

Presse diskutiert das Phänomen Swift durch

Es ist wirklich erstaunlich, in welchem Ausmaß Musikfans ihre Idole in Besitz nehmen müssen. Im Moment trifft das Analysieren und Mutmaßen gerade Taylor Swift. Zur Veröffentlichung ihres neuen Album "Reputation" – das in vier Tagen die Schallgrenze von einer Million Verkäufen durchbrach – sprudelt jetzt eine irritierende Aufregung durch die Medien: Swift ist eine Popmaschine – aber zu welchem Preis? Das fragt die New York Times, und es wird abgewogen, wo sie steht und wofür; ob ihre Emanzipation vom Country-Pop nicht vielmehr habgieriger Diebstahl bei den schwarzen R&B-Künstlern ist, – also in Wirklichkeit: ob man sie als Mega-Popstar gut finden darf, oder ob man sie als moralische Verliererin verachten muss.
Dass jugendliche Fans, männlich und weiblich, ihre Idole als Heiligenfiguren verehren und verteidigen, das leuchtet ein: Aber dass Magazine wie DIE ZEIT, die New York Times, der New Yorker und der Guardian – auseinander klamüsern, wie glaubhaft diese megaerfolgreiche Marketingweltmeisterin mit den persönlichen Texten ist, das ist dann doch schon ein klein wenig naiv und überflüssig.

Neil Young macht Appetit

Ein alter Mann, bei dem schon lange nichts mehr hinterfragt wird, ist Neil Young: ein störrischer Soundapostel. Sein audiophiler mp3-Player Pono alledings ist, mitsamt dem dazu gehörenden High-Resolution-Streaming-Dienst, grandios gescheitert.
Jetzt hat der unermüdliche Archivarbeiter Young angekündigt, dass ab 1. Dezember sein gesamtes Archiv kostenlos online nutzbar sein soll – alles, was er seit 1963 irgendwo aufgenommen hat, im Studio oder irgendeiner Halle in Arizona: Young-Fans sollten jetzt schon mal Urlaub einreichen, um das Archiv gebührend zu durchstreifen, denn das Angebot ist zeitlich befristet – ein Marketing-Gag, der wahrscheinlich Appetit auf Neil Youngs hochauflösenden Streaming Dienst Xstream und sein am 1. Dezember erscheinendes, neues Album "The Visitor" machen soll.

Chinesische Mitsing-Export-App

Musical.ly heißt eine App, mit der sich Teenager 15 Sekunden lang dabei aufnehmen, wie sie lippensynchron zu Pop-Hits singen und tanzen – und das dann auf die Musical.ly-Seite stellen können: Und das tun sie so gerne, dass die App gerade für eine Milliarde Dollar verkauft worden ist: Tausend Millionen Bucks für eine Mitsing-App!
Übernommen hat sie eine chinesische Medienfirma, die den größten Nachrichtensammler im chinesischen Internet besitzt. Dass aber Musical.ly von Anfang an eine chinesische App war, ist kaum bekannt – zu Hause haben sie nämlich erst gar nicht versucht, den Quatsch an die Leute zu bringen. In den USA und Europa hingegen – haben sie 60 Millionen 14-Jährige überzeugt!

Das A über dem hohen C

Auch die Hochkultur kann sich übrigens – entgegen anderslautender Meinungen – an extrem kurzen Höhepunkten erfreuen: An der New Yorker Metropolitan Opera wird gerade die Sensation bejubelt, dass die Sängerin Audrey Luna – wenn auch nur gaaaanz kurz! – das A über dem hohen C gesungen hat - in der neuen Oper des Engländers Thomas Adès’s "The Exterminating Angel".
In anderem Kontext wäre der kurze Ton wahrscheinlich im Zweistundenprogramm untergegangen, aber da noch niemand in der 137-jährigen Geschichte der Met so hoch gekommen ist, geht ein Schnipsel dieser Aufführung grad um die Welt…