Der Mann mit den drei Pässen
Der 35-jährige Autor, Dokumentarfilmer und Kurator Tirdad Zolghadr führt ein Leben, das zum größten Teil in der Kunstszene verortet ist - und zwar überall auf der Welt. Nun erscheint sein Buch "Softcore" auf Deutsch. Darin geht es um die Eröffnung einer Galerie im heutigen Teheran.
"An meinem 25. Geburtstag übrigens war das berühmte WM-Spiel Iran-USA. Und der Schiedsrichter war Schweizer. Ich war natürlich für den Schiedsrichter. Die Iraner haben dann zwei zu eins gewonnen. Das war mir dann auch recht."
Tirdad Zolghadr: Ein Mann, drei Pässe und ein bewegtes Leben auf vielen Kontinenten, das in Teheran begann.
"Wir haben bis zur Revolution dort gewohnt und sind dann ziemlich spektakulär mit dem letzten Flieger, bevor der Flughafen geschlossen wurde, raus. Im Frühjahr 1979 sind wir gegangen. Ich war damals fünfeinhalb Jahre alt."
Tirdhad Zolghadr zieht noch einmal an der Zigarette und blickt ein wenig nachdenklich, als er die Geschichte von seiner Flucht aus dem Iran erzählt. Jahrelang hat er weder das Land noch seinen Vater gesehen.
"Ja, mein Vater ist Iraner. Er wohnt immer noch in Teheran. Er ist nie ausgewandert. Ich habe ihn erst mit zwanzig kennen gelernt."
Inzwischen lebt auch seine Mutter wieder in Teheran. Der Sohn besucht die Stadt jedes Jahr mindestens für drei bis vier Wochen, um seine Eltern, seine Verwandten und Freunde zu treffen.
Ende der Neunziger Jahre zog er für zwei Jahre ganz nach Teheran. Er hielt sich mit verschiedenen Jobs über Wasser, knüpfte erste Kontakte zur iranischen Kunstszene und drehte einen Dokumentarfilm, der sich mit der Architektur des Landes beschäftigte. Seine Erfahrungen aus dieser Zeit sind allesamt in seinen ersten Roman "Softcore" eingeflossen.
Das Buch sei jedoch keine Autobiografie, betont er. Doch der Protagonist von "Softcore" trägt seinen Namen und auch die Beschreibung passt. Genau wie die Figur in seinem Buch hört Tirdhad Zolghadr gerne Musik von Neil Diamond und hat eine Frisur, die mit "Cäsarschnitt" gut umschrieben ist. Auch er trägt geschmackvolle, dezente Designerkleidung, die seine elegante Erscheinung unterstreicht. Zu den optischen Übereinstimmungen kommt eine weitere hinzu. Der Held seines Buches landet wie er im Gefängnis.
"Die Solmaz Shahbazi und ich waren dabei, den besagten Film zu drehen, und haben irgendwelche Lichter gesehen und fanden: Ach, das ist doch so Kitsch und so herrlich und so wunderbar und das filmen wir jetzt einfach, ohne zu gucken was sich dahinter befindet und es war tatsächlich der revolutionäre Gerichtshof, der tatsächlich zwei Wochen vorher von den Mudschaheddin mit irgendwelchen Bomben angegriffen worden war."
Die Geschichte seines Gefängnisaufenthaltes erzählt der Autor, der auf sympathische Weise zart wirkt, mit viel Witz und Ironie. Aber ein paar Tage hinter Gittern, so der Autor, hätten nicht nur Nachteile, sondern würden besonders in der Kunstszene den internationalen Marktwert steigern.
"Also, manchmal fällt es einem ein bisschen schwer, nicht zynisch zu werden. Weil man auch im Kunstbereich genau sieht, was zieht und was nicht. Wenn man unter Druck gerät, dann kann man sehr schnell so 'ne Gefängnisgeschichte auspacken und man bekommt dann so 'ne Aura. Der Dissident. Ja, das ist dann wahnsinnig abenteuerlich und sexy."
Tirdad Zolghadr weiß, wovon er spricht. Denn er ist selbst Teil des Kunstbetriebs. Sein aktuelles Videoprojekt "Lapdogs of the Bourgeoisie" war unter anderem in Stockholm und London zu sehen. So liegt es nahe, dass es in seinem ersten Buch "Softcore" um die Eröffnung einer Galerie namens Promessa im heutigen Teheran geht.
Das Buch erinnert streckenweise an deutsche Popliteratur. Und der Kunstbetriebe in "Softcore" unterscheidet sich in großen Teilen nicht von dem in anderen westlichen Großstädten. Man ist hip, gut gekleidet und weltoffen.
"Es hat sehr wenige Künstler, aber es gibt sehr wenige, nicht nur im Iran, sondern auch anderswo, die nicht irgendwelche Privilegien von Haus aus genießen. So passiert es dann, dass sich ganze Kunstszenen entwickeln, die tatsächlich aus der oberen Mittelschicht oder der Oberschicht stammen."
Unter Chomeini und Chatami genoss die Kunstszene eine Art Narrenfreiheit, meint Tirdad Zolghadr. Ahmadinedschad habe die Uhr in vieler Hinsicht zurückgedreht.
Dass Teherans Kunstszene mit zahlreichen Repressalien zu kämpfen hat, wird auch in seinem Buch "Softcore" deutlich. Geheimdienste und Mullahs ziehen die Fäden im Hintergrund. Und auch eine verschwundene Journalistin darf nicht fehlen.
"Das ist aus irgendwelchen Filmen abgeguckt. Das ist eine Journalistin, die irgendwann einfach zu viel weiß. Ich will nicht zuviel verraten aus dem Buch."
Nach einigen Jahren in der Schweiz, Afrika, Studienaufenthalten in England und Amerika, lebt der Mann mit den drei Pässen nun die meiste Zeit in Berlin. Ganz in der Nähe der Volksbühne. In einer modern eingerichteten Dreizimmerwohnung, die sehr spartanisch wirkt. Man merkt, dass Tirdad Zolghadr viel auf Reisen ist.
Doch wenn man ihn nach seiner Heimat fragt, dann ist die Antwort verhalten, aber eindeutig.
"’Man weiß, dass man irgendwo hingehört, wenn man sich dafür schämt.’ Also und für die Schweiz würde ich mich nie schämen, das finde ich dann immer eher belustigend und kann dann auch mit so ’ner sarkastischen Leichtigkeit damit umgehen, was ich beim Iran nicht kann."
Tirdad Zolghadr: Ein Mann, drei Pässe und ein bewegtes Leben auf vielen Kontinenten, das in Teheran begann.
"Wir haben bis zur Revolution dort gewohnt und sind dann ziemlich spektakulär mit dem letzten Flieger, bevor der Flughafen geschlossen wurde, raus. Im Frühjahr 1979 sind wir gegangen. Ich war damals fünfeinhalb Jahre alt."
Tirdhad Zolghadr zieht noch einmal an der Zigarette und blickt ein wenig nachdenklich, als er die Geschichte von seiner Flucht aus dem Iran erzählt. Jahrelang hat er weder das Land noch seinen Vater gesehen.
"Ja, mein Vater ist Iraner. Er wohnt immer noch in Teheran. Er ist nie ausgewandert. Ich habe ihn erst mit zwanzig kennen gelernt."
Inzwischen lebt auch seine Mutter wieder in Teheran. Der Sohn besucht die Stadt jedes Jahr mindestens für drei bis vier Wochen, um seine Eltern, seine Verwandten und Freunde zu treffen.
Ende der Neunziger Jahre zog er für zwei Jahre ganz nach Teheran. Er hielt sich mit verschiedenen Jobs über Wasser, knüpfte erste Kontakte zur iranischen Kunstszene und drehte einen Dokumentarfilm, der sich mit der Architektur des Landes beschäftigte. Seine Erfahrungen aus dieser Zeit sind allesamt in seinen ersten Roman "Softcore" eingeflossen.
Das Buch sei jedoch keine Autobiografie, betont er. Doch der Protagonist von "Softcore" trägt seinen Namen und auch die Beschreibung passt. Genau wie die Figur in seinem Buch hört Tirdhad Zolghadr gerne Musik von Neil Diamond und hat eine Frisur, die mit "Cäsarschnitt" gut umschrieben ist. Auch er trägt geschmackvolle, dezente Designerkleidung, die seine elegante Erscheinung unterstreicht. Zu den optischen Übereinstimmungen kommt eine weitere hinzu. Der Held seines Buches landet wie er im Gefängnis.
"Die Solmaz Shahbazi und ich waren dabei, den besagten Film zu drehen, und haben irgendwelche Lichter gesehen und fanden: Ach, das ist doch so Kitsch und so herrlich und so wunderbar und das filmen wir jetzt einfach, ohne zu gucken was sich dahinter befindet und es war tatsächlich der revolutionäre Gerichtshof, der tatsächlich zwei Wochen vorher von den Mudschaheddin mit irgendwelchen Bomben angegriffen worden war."
Die Geschichte seines Gefängnisaufenthaltes erzählt der Autor, der auf sympathische Weise zart wirkt, mit viel Witz und Ironie. Aber ein paar Tage hinter Gittern, so der Autor, hätten nicht nur Nachteile, sondern würden besonders in der Kunstszene den internationalen Marktwert steigern.
"Also, manchmal fällt es einem ein bisschen schwer, nicht zynisch zu werden. Weil man auch im Kunstbereich genau sieht, was zieht und was nicht. Wenn man unter Druck gerät, dann kann man sehr schnell so 'ne Gefängnisgeschichte auspacken und man bekommt dann so 'ne Aura. Der Dissident. Ja, das ist dann wahnsinnig abenteuerlich und sexy."
Tirdad Zolghadr weiß, wovon er spricht. Denn er ist selbst Teil des Kunstbetriebs. Sein aktuelles Videoprojekt "Lapdogs of the Bourgeoisie" war unter anderem in Stockholm und London zu sehen. So liegt es nahe, dass es in seinem ersten Buch "Softcore" um die Eröffnung einer Galerie namens Promessa im heutigen Teheran geht.
Das Buch erinnert streckenweise an deutsche Popliteratur. Und der Kunstbetriebe in "Softcore" unterscheidet sich in großen Teilen nicht von dem in anderen westlichen Großstädten. Man ist hip, gut gekleidet und weltoffen.
"Es hat sehr wenige Künstler, aber es gibt sehr wenige, nicht nur im Iran, sondern auch anderswo, die nicht irgendwelche Privilegien von Haus aus genießen. So passiert es dann, dass sich ganze Kunstszenen entwickeln, die tatsächlich aus der oberen Mittelschicht oder der Oberschicht stammen."
Unter Chomeini und Chatami genoss die Kunstszene eine Art Narrenfreiheit, meint Tirdad Zolghadr. Ahmadinedschad habe die Uhr in vieler Hinsicht zurückgedreht.
Dass Teherans Kunstszene mit zahlreichen Repressalien zu kämpfen hat, wird auch in seinem Buch "Softcore" deutlich. Geheimdienste und Mullahs ziehen die Fäden im Hintergrund. Und auch eine verschwundene Journalistin darf nicht fehlen.
"Das ist aus irgendwelchen Filmen abgeguckt. Das ist eine Journalistin, die irgendwann einfach zu viel weiß. Ich will nicht zuviel verraten aus dem Buch."
Nach einigen Jahren in der Schweiz, Afrika, Studienaufenthalten in England und Amerika, lebt der Mann mit den drei Pässen nun die meiste Zeit in Berlin. Ganz in der Nähe der Volksbühne. In einer modern eingerichteten Dreizimmerwohnung, die sehr spartanisch wirkt. Man merkt, dass Tirdad Zolghadr viel auf Reisen ist.
Doch wenn man ihn nach seiner Heimat fragt, dann ist die Antwort verhalten, aber eindeutig.
"’Man weiß, dass man irgendwo hingehört, wenn man sich dafür schämt.’ Also und für die Schweiz würde ich mich nie schämen, das finde ich dann immer eher belustigend und kann dann auch mit so ’ner sarkastischen Leichtigkeit damit umgehen, was ich beim Iran nicht kann."