Der Mann mit dem Dämpfer

Von Karl Lippegaus · 10.07.2011
Cootie Williams, geboren am 10. Juli 1911, zählt zu den größten Trompetern des Jazz. Von seinem Idol Louis Armstrong ließ er sich zwar stark inspirieren, fand jedoch dann rasch zu einem eigenen, unverwechselbaren Stil.
Niemand konnte Louis Armstrongs Glanznummer, den "West End Blues" so nachspielen wie er. Charles Melvin (genannt) "Cootie" Williams wurde am 10. Juli 1911 in Mobile, Alabama geboren.

Er war der jüngste von vier Brüdern, spielte Posaune, Tuba und Schlagzeug in der Schulband und brachte sich das Trompetespielen selbst bei. Schon mit 13 reisten er und ein älterer Bruder im Süden herum - mit der Young Family Band, in der ein junges Genie namens Lester Young Saxofon blies.

"Ja, ich lernte einiges von Lester. In dem Beat, den Synkopen, die er drauf hatte. Er war klasse. Aber warm werden konnte ich mit ihm nicht. Lesters Vater gab mir nie Geld. Es war abgemacht, dass er meinem Vater die Knete schickte. Aber zu essen kriegte ich."

1928 übersiedelte Cootie Williams nach New York, bekam Jobs in den Orchestern von Chick Webb und Fletcher Henderson und stieß im Frühjahr 1929 zu Duke Ellington, an Stelle des großartigen Bubber Miley. Niemand befahl ihm, Bubbers typische "zerknautschte" Töne nachzubilden, aber dann fand er…

"Ich dachte, wenn ich schon anstelle von Bubber spiele, sollte ich das vielleicht lernen. Dann, eines Abends, als ich ein Solo über irgendwas spielen sollte, nahm ich meine Tröte und überraschte alle. Als wir dann die Bühne verließen, sagten Duke und die Jungs, ‚Das ist es, Mann, das ist es. Behalt' das bei.”"

In "Carelessly" von Billie Holiday konnte man erleben, wie Cootie mit voller Power durch einen Dämpfer vor dem Trichter des Horns spielte. Sein ganzes Leben lang war er ein hervorragender Musiker, aber seine fruchtbarste Zeit waren – was seine Platten betraf: die späten 30er-Jahre.

Für das heute legendäre Benny-Goodman-Konzert in der Carnegie Hall 1938 schickten Basie und Ellington einige ihrer besten Solisten ins Rennen, darunter Cootie Williams Trompete. Duke Ellington komponierte viele Porträts seiner Bigband. Eines der schönsten Stücke war das oft gespielte "Concerto for Cootie" von 1940.

Nachdem er mehr als zehn Jahre Duke Ellingtons Orchester angehört hatte, unterzeichnete der schwarze Trompeter Cootie Williams im November 1940 einen einjährigen Vertrag bei dem weißen Bandleader Benny Goodman. Das erzeugte eine solche Protestwelle bei Cooties Fans, dass jemand ein Stück komponierte mit dem Titel "When Cootie Left The Duke" ("Als Cootie den Duke verließ"). Dabei soll Ellington im Hintergrund die Fäden gezogen und dafür gesorgt haben, dass sein Schützling eine angemessene Gage bekam.

""Als mein Vertrag bei Benny Goodman 1941 auslief, ging ich zu Duke und wollte meinen Job zurück, und er sagte mir, ‚Du bist zu groß für den Job. Du bist größer als du denkst. Mach dich selbstständig.' Hab ich getan. Ich organisierte eine Big Band, und erstmal lief es schlecht, aber 1943 verdiente ich 250.000 Dollar."

Die Band wurde ein Sprungbrett für viele junge Talente wie Charlie Parker und den erst 19-jährigen Pianisten Bud Powell. Sie waren oft im Savoy Ballroom in Harlem zu hören. Dessen Manager empfahl Cootie, mehr lärmigen Rhythm'n'Blues und Songs als Jazz zu spielen. 1944 jedoch riet Bud Powell seinem Mentor, eine Melodie von Thelonius Monk aufzunehmen, das heute berühmte "'Round Midnight". Cootie aber willigte erst ein, nachdem er selbst ein Zwischenspiel in das Thema eingefügt und ein gewisser Bernard Hanighen einen Text dazu geschrieben hatte. Bis auf den heutigen Tag erhalten die Erben Thelonious Monks von "'Round Midnight" nur ein Drittel der Tantiemen.