Der Mann, der gern Steve Martin wäre

Von Knut Cordsen · 12.01.2010
Der Held des komischen Romans "Out of my skin" heißt fast wie sein Autor. Der erfolglose Journalist wird Steve-Martin-Imitator, um die Frauen zu beeindrucken. Noch bevor das Buch auf Deutsch erscheint, stellt Haskell es auf Einladung der Amerikahäuser hierzulande vor. r.
Haskell: "When I was younger, almost every day, certainly once a week someone would come up to me and say: You look like Anthony Perkins in Psycho."

Mit Anthony Perkins hat der hagere und ein wenig finster dreinblickende John Haskell äußerlich wirklich einige Ähnlichkeit. Und was den 51-jährigen Schriftsteller außerdem mit dem Hauptdarsteller aus "Psycho" verbindet ist die Schauspielerei.

"Ich war in der Tat einmal Schauspieler, habe in kleineren Fernsehproduktionen mitgespielt. Ich war auch schon Tänzer, Dramatiker, Drehbuchautor. Das alles hat Spaß gemacht, aber wenn man älter wird, konzentriert man sich auf eine Sache, um darin wirklich gut zu werden. Es ist schwierig, eine Million Dinge gleichzeitig zu tun, also konzentrierte ich mich ausschließlich auf die Schriftstellerei."

Das Schreiben des in den Vereinigten Staaten gefeierten Autors John Haskell hat dennoch bis heute einiges zu tun mit seiner Zeit als "performance artist". Für den gebürtigen Kalifornier war die Zeit, die er am Theater verbrachte, prägend. Seine ersten Kurzgeschichten entstanden aus Theatermonologen, die er auf Bühnen und in kleinen Galerien in New York und Chicago aufführte, bevor er sie niederschrieb.

"Als ich in jungen Jahren meine Schriftstellerkarriere startete, wollte ich Dramatiker werden. Ich drängte damals ans Theater. Als ich die Universität abgeschlossen hatte, hörte ich davon, dass David Mamet in Chicago Theater-Workshops veranstaltete. Also machte ich mich auf den Weg dorthin, trampte und fuhr als Hobo auf Güterwaggons in Richtung Chicago, - sehr romantisch, so ein bisschen à la Jack Kerouac. In Chicago wurde ich dann Platzanweiser in David Mamets Theater in der St. Nicholas Church. Und diese Erfahrung brachte mich dazu, mit Leuten, die ich dort kennenlernte, eine eigene kleine Theaterkompanie, 1982 das Huron Theater, zu gründen."

Diese Erfahrungen flossen ein in John Haskells auch auf Deutsch erhältlichen Roman "Amerikanisches Fegefeuer", - eine fulminante meditative road novel. Sie erzählt von einem Schriftsteller, der seine Freundin verloren hat und ihr nachreist, quer durch Amerika. Dass dieser Schriftsteller einige Züge John Haskells trägt, ist bei diesem Autor nicht verwunderlich. Geht er doch soweit, in seinem jüngsten, erst im vergangenen Jahr in den USA veröffentlichten, sehr komischen Roman "Out of my skin" einen gewissen Jack Haskell zum Helden zu machen – einen Mann, der sich als Journalist in Los Angeles mehr schlecht als recht durchschlägt, die Film-Industrie kennenlernt und eines Tages beschließt, Steve-Martin-Imitator zu werden, - weil ihm allein die Steve-Martin-Pose die nötige Sicherheit verleiht, eine Frau anzusprechen.

"Warum ausgerechnet Steve Martin? Kurz bevor ich den Roman schrieb, traf ich eine Frau, sie war sehr nett und es versprach, mehr aus unserer Begegnung werden zu können. Aber dann stellte es sich als äußerst schwierig heraus, sie wiederzusehen. Ich erzählte es einem Bekannten, und der sagte mir: Oh, kein Wunder, das ist doch die Freundin von Steve Martin. So hatte ich - über Bande gleichsam – eine Beziehung zu Steve Martin und das war einer der Auslöser für mich, diese Geschichte zu schreiben. (…) Mir ging es bei diesen autobiografischen Anspielungen darum, meiner Geschichte einen Moment von emotionaler Wahrheit zu verleihen. Besonders bei 'Out of my skin' wollte ich eine Art von Erinnerungen schreiben, aber es sind eben falsche Memoiren, denn dazu bin ich Schriftsteller, um Selbsterlebtes in Fiktion zu verwandeln."

John Haskell lebt in Brooklyn, New York. Als er im Wintersemester 2007/2008 Picador Gastprofessor für Literatur war, gab er ein Seminar über die "Rauheit und Schäbigkeit im amerikanischen Roman", - "Grittiness in American Writing". In dieser Zeit las er nicht nur mit Begeisterung Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz", sondern sammelte auch Stoff für zwei kleine Erzählungen, die er nun auf seiner Lesereise präsentiert. Ein Romanprojekt, das in den Monaten des Mauerfalls in Leipzig spielen sollte, hat Haskell wieder beiseitegelegt, dafür aber zwei Geschichten über die Nachwirkungen des Mauerfalls verfasst – für den New Yorker Haskell eine weitaus größere welthistorische Zäsur als die Anschläge auf das World Trade Center 2001.

"Für mich als Autor und in gewisser Weise ja auch Dichter, der mit eigenen Augen vom Dach seines Hauses in New York die Türme am 11. September hat einstürzen sehen, ist dieses gewaltige Bild des Mauerfalls ein viel faszinierendes – auch als Metapher. 1989 liefert mir als Schriftsteller einfach das weitaus bessere Material."
Service:
John Haskell tritt an folgenden Orten in Deutschland auf: am 12.01. in München, am 13.01. in Stuttgart, am 14.01. in Nürnberg und am 21.10. in Freiburg.