Der lange Weg zum Wunschkind
Rund 1,2 Millionen Paare in Deutschland sind ungewollt kinderlos. Ein Weg, doch noch Eltern zu werden, ist die Adoption. Circa 4000 Kinder pro Jahr werden in Deutschland adoptiert, ein Viertel von ihnen stammt aus dem Ausland.
"Die Adoption ist ein anderer Weg, Eltern zu werden, aber auch ein sehr schöner", sagt Frank Licht. Er leitet die Zentrale Adoptionsstelle Berlin-Brandenburg und kennt die Höhen und Tiefen, die Paare durchleben, wenn sie sich zu diesem Schritt entschließen. Am Anfang stehe oft "der Abschied von eigenen nicht geborenen Kind." Deshalb sei es umso wichtiger, die Paare gut vorzubereiten und zu klären, ob sie sich eignen, ein fremdes Kind aufzunehmen.
"Es geht darum, herauszufinden, welche Beweggründe haben sie? Was sind das für Leute, in welchem Partnerschaftsprofil leben sie zusammen? Welchen Platz kann das Kind in dieser Familie einnehmen?"
Im Vordergrund aller Gespräche stehe das Wohl des Kindes, nicht der gleichwohl verständliche Wunsch der Paare nach einem Kind.
"Es bedarf mindestens dreier Gespräche und der Inaugenscheinnahme der häuslichen Verhältnisse. Das alles soll dazu führen, herauszufinden, ob man den Menschen zutraut, dass sie ein freundliches Zuhause bieten können, weil es ein Kind mit einer doppelten Elternschaft ist. Das Kind hat seine eigene Geschichte und hat bereits einmal seine Eltern verloren."
Frank Licht möchte aber auch das gesellschaftliche Klima ändern. Er stellt immer wieder fest, wie stark zum einen die Herkunftseltern stigmatisiert werden als "Rabeneltern", aber auch, dass Adoptiveltern schräg angeschaut werden, je nachdem, aus welchem Land sie ein Kind adoptieren.
"Solange die Gesellschaft nicht bereit ist, zu sehen, dass Adoption mit beiden Seiten verknüpft ist, solange Eltern nicht sagen können, weshalb sie ihr Kind weggegeben haben, solange liegt viel im Argen."
Nicht zuletzt deshalb erkläre sich die große Zahl der Kinder, die in Heimen leben – rund 100.000 - und nicht zur Adoption frei gegeben würden. Bei einer größeren gesellschaftlichen Akzeptanz könnten viele Heimschicksale verhindert werden.
Marion Gaedicke ist heute glückliche Mutter zweier Adoptivtöchter aus Russland. Bis dahin war es aber ein harter und mitunter quälender Weg, den die Journalistin in ihrem Buch "Wunschkind. Geschichte einer Adoption" (Verlag Hoffmann und Campe) beschrieben hat. Kurz bevor sie und ihr Mann glaubten, ihre Tochter – nach Monaten des Wartes und einer schier endlosen Bürokratie - zugesprochen zu bekommen, lehnte ein russisches Gericht die Adoption ab.
"Der Tag der Ablehnung war der schwärzeste meines Lebens. Man ist so ausgeliefert, man muss tun, was die Behörden verlangen, man macht das auch alles – und dann fängt die Richterin an, sich in irgendetwas zu verbeißen und sagt, ´ich gebe euch das Kind nicht'."
Erst nach einem wiederum Zeit und Nerven raubenden Kassationsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Moskau wurde ihnen ihre Tochter doch noch zugesprochen. Eine große Belastung, auch für die Paarbeziehung. Deshalb rät Marion Gaedicke anderen Paaren, den Wunsch genau zu prüfen. Nur, wenn beide den Weg einer Adoption gehen wollten, könne die Beziehung die damit verbundenen Belastungen aushalten.
"Und dass man mit einem großen Beharrungsvermögen rangeht, halbherzig geht das nicht. Da mögen Außenstehende sagen, es grenzt an Besessenheit, aber anders ist es nicht zu schaffen. Und wenn die Kinder dann da sind, muss man wissen, dass sie mit ihrer besonderen Geschichte kommen. Dass man sorgsam umgeht mit ihnen. Dass Kind zu nehmen, wie es ist, nicht zu glauben, es verhält sich so, weil es adoptiert ist. Damit kann man die Kinder verunsichern. Zu sagen, 'Du bist, wie du bist. Du bist du'."
Sie versteht ihr Buch auch als Ermunterung, sich nicht von widrigen Umständen abhalten zu lassen. Für sie und ihren Mann habe sich die Mühe gelohnt.
"Heute sind wir eine Familie – das wollten wir immer sein. Und wir bestaunen immer noch unser Glück. Natürlich sind es auch Kinder mit allen Macken, aber die haben andere Kinder auch."
"Der lange Weg zum Wunschkind – Adoption"
Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Marion Gaedicke und Frank Licht. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 - 2254 oder per E-Mail: gespraech@dradio.de.
Literaturhinweis:
Marion Gaedicke: "Wunschkind. Geschichte einer Adoption"
Verlag Hoffman und Campe 2009
"Es geht darum, herauszufinden, welche Beweggründe haben sie? Was sind das für Leute, in welchem Partnerschaftsprofil leben sie zusammen? Welchen Platz kann das Kind in dieser Familie einnehmen?"
Im Vordergrund aller Gespräche stehe das Wohl des Kindes, nicht der gleichwohl verständliche Wunsch der Paare nach einem Kind.
"Es bedarf mindestens dreier Gespräche und der Inaugenscheinnahme der häuslichen Verhältnisse. Das alles soll dazu führen, herauszufinden, ob man den Menschen zutraut, dass sie ein freundliches Zuhause bieten können, weil es ein Kind mit einer doppelten Elternschaft ist. Das Kind hat seine eigene Geschichte und hat bereits einmal seine Eltern verloren."
Frank Licht möchte aber auch das gesellschaftliche Klima ändern. Er stellt immer wieder fest, wie stark zum einen die Herkunftseltern stigmatisiert werden als "Rabeneltern", aber auch, dass Adoptiveltern schräg angeschaut werden, je nachdem, aus welchem Land sie ein Kind adoptieren.
"Solange die Gesellschaft nicht bereit ist, zu sehen, dass Adoption mit beiden Seiten verknüpft ist, solange Eltern nicht sagen können, weshalb sie ihr Kind weggegeben haben, solange liegt viel im Argen."
Nicht zuletzt deshalb erkläre sich die große Zahl der Kinder, die in Heimen leben – rund 100.000 - und nicht zur Adoption frei gegeben würden. Bei einer größeren gesellschaftlichen Akzeptanz könnten viele Heimschicksale verhindert werden.
Marion Gaedicke ist heute glückliche Mutter zweier Adoptivtöchter aus Russland. Bis dahin war es aber ein harter und mitunter quälender Weg, den die Journalistin in ihrem Buch "Wunschkind. Geschichte einer Adoption" (Verlag Hoffmann und Campe) beschrieben hat. Kurz bevor sie und ihr Mann glaubten, ihre Tochter – nach Monaten des Wartes und einer schier endlosen Bürokratie - zugesprochen zu bekommen, lehnte ein russisches Gericht die Adoption ab.
"Der Tag der Ablehnung war der schwärzeste meines Lebens. Man ist so ausgeliefert, man muss tun, was die Behörden verlangen, man macht das auch alles – und dann fängt die Richterin an, sich in irgendetwas zu verbeißen und sagt, ´ich gebe euch das Kind nicht'."
Erst nach einem wiederum Zeit und Nerven raubenden Kassationsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Moskau wurde ihnen ihre Tochter doch noch zugesprochen. Eine große Belastung, auch für die Paarbeziehung. Deshalb rät Marion Gaedicke anderen Paaren, den Wunsch genau zu prüfen. Nur, wenn beide den Weg einer Adoption gehen wollten, könne die Beziehung die damit verbundenen Belastungen aushalten.
"Und dass man mit einem großen Beharrungsvermögen rangeht, halbherzig geht das nicht. Da mögen Außenstehende sagen, es grenzt an Besessenheit, aber anders ist es nicht zu schaffen. Und wenn die Kinder dann da sind, muss man wissen, dass sie mit ihrer besonderen Geschichte kommen. Dass man sorgsam umgeht mit ihnen. Dass Kind zu nehmen, wie es ist, nicht zu glauben, es verhält sich so, weil es adoptiert ist. Damit kann man die Kinder verunsichern. Zu sagen, 'Du bist, wie du bist. Du bist du'."
Sie versteht ihr Buch auch als Ermunterung, sich nicht von widrigen Umständen abhalten zu lassen. Für sie und ihren Mann habe sich die Mühe gelohnt.
"Heute sind wir eine Familie – das wollten wir immer sein. Und wir bestaunen immer noch unser Glück. Natürlich sind es auch Kinder mit allen Macken, aber die haben andere Kinder auch."
"Der lange Weg zum Wunschkind – Adoption"
Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Marion Gaedicke und Frank Licht. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 - 2254 oder per E-Mail: gespraech@dradio.de.
Literaturhinweis:
Marion Gaedicke: "Wunschkind. Geschichte einer Adoption"
Verlag Hoffman und Campe 2009