Der Landowsky-Prozess

Von Günter Hellmich |
Der Saal 700 des Moabiter Kriminalgerichts hat eine gewisse Tradition in der Aufarbeitung politischer Vorgänge mit kriminellen Seitenaspekten. Hier saßen Mauerschützen auf der Anklagebank, Honecker, Mielke und andere DDR-Prominente, sowie wegen der besonderen Sicherheitseinrichtungen Terroristen unterschiedlichster Couleur und Gefährlichkeit.
Gemessen daran ist der Landowsky Prozess, was Schuld und Schwere der Straftaten anbelangt, natürlich eine Petitesse. Das Verfahren aber als reine Wirtschaftsstrafsache zu werten, würde dem Vorgang wohl nicht gerecht werden, selbst wenn er mit dem nun zu lesenden Superlativ "größter Wirtschaftsprozess der Nachkriegszeit" versehen wird.

Auch wenn es vor Gericht in diesem Mammutverfahren nur um Straftatbestände aus dem Wirtschaftsleben wie Untreue oder Beihilfe dazu gehen kann, sind die politischen Implikationen unübersehbar. Nicht allein wegen der Reaktion die die angeklagten Taten in der Berliner Landespolitik auslösten: Bankenkrise mit hohem Sanierungsaufwand zu Lasten der Steuerzahler, Machtverlust für die Christdemokraten – Etablierung einer SPD-PDS Koalition in der Hauptstadt. Bei der Suche nach der Wahrheit darüber, ob die Angeklagten mit dem anvertrauten Vermögen der Bank und damit letztlich der Allgemeinheit sachgerecht umgegangen sind, wird die Frage nach der Einflussnahme politischer Seilschaften an jedem der 41 angesetzten Verhandlungstage im Hintergrund stehen. Hier wird deshalb noch einmal zur Sprache kommen müssen in welch skandalöser Weise in Berlin die landeseigenen Banken zum Selbstbedienungsladen von Politikern wurden. Das ist um so notwendiger, weil die Jahre seit Aufdeckung der Landowsky-Affäre gezeigt haben, dass der sprichwörtliche Berliner Sumpf mitnichten trockengelegt ist – Auch wenn die letzte Sumpfblüte das Tempodrom, längst nicht die Dimension erreicht wie der Bankenskandal, bleibt doch immer der fatale Hinweis auf die berüchtigten Strukturen der Berliner Provinz-Politik. Notwendig ist das Rühren in vermeintlich alten Affären aber noch aus einem anderen Grunde: die Protagonisten tun nämlich heute so, als wäre nie etwas gewesen. Landowsky hat es stets an jeglichem Unrechtsbewusstsein fehlen lassen – und Eberhard Diepgen, der ihn unerträglich lange gedeckt hatte, strebt – mit mutmaßlichem Erfolg am 18. September in den Bundestag.