Der Koran als Heimat
Der Freiburger Salam-Verlag gibt Literatur für muslimische Kinder in Deutschland heraus. Einer der Gründer und inzwischen Geschäftsführer ist Ahmad Milad Karimi. Er ist mit seiner Familie vor 20 Jahren aus Afghanistan geflüchtet.
"Was immer noch Kabul für mich ist, ist die Musik, das ist wenn ich afghanische Musik höre."
"Ich sehe auch einen kleinen Jungen auf einer Wiese in einer Kabuler Moschee sitzen und den Koran vortragen, ganz laut."
"Kabul ist auch Krieg, Kabul sind Leichen, die Stadt roch irgendwann nach verbrannten Leichen und das ist irgendwie süßlich."
Ahmad Milad Karimi sitzt im Büro seines Freiburger Verlages. Er trägt ein Jackett, hat dunkle Locken, und auch die Augen hinter seiner Brille sind dunkel. Er hält sie geschlossen, wenn er singt. Vor 31 Jahren ist er in Kabul geboren - als die Russen nach Afghanistan einmarschierten.
"Der Weg von zu Hause bis zur Koranschule ist voller Gefahr, denn sich aus dem Haus zu begeben heißt, sich in Gefahr zu begeben. Raketen kommen, Bomben gehen hoch und man muss rennen, ich kann mich erinnern, ich bin mit einem Freund hingerannt und dann müssen Sie sich vorstellen, da sitzen Kinder und hören die schöne Stimme des Korans und es ist alles weg."
Seine Familie gehört in Kabul zur bürgerlichen Oberschicht, die Mutter ist Zahnärztin, der Vater Rektor der deutsch-afghanischen Schule. Bis die vierköpfige Familie wegen des Kriegs beschließt, das Land zu verlassen. Da ist Ahmad Milad Karimi gerade elf, seine kleine Schwester drei Jahre alt.
"Und als wir dann geflüchtet sind, Russland, Moskau, Kasachstan, Deutschland, über ein Jahr, da war meine einzige Heimat die koranische Stimme."
Als die Familie nach langen Umwegen in einem Darmstädter Asylbewerberlager ankommt, wird ihnen ein Wohn-Container zugewiesen.
"Zwölf Quadratmeter, das war der ganze Lebensraum, da haben wir geschlafen, gegessen und gestritten, irgendwann habe ich dort Hausaufgaben gemacht, das alles auf Zwölf Quadratmetern."
Ahmad Milad Karimi will so schnell wie möglich wieder in die Schule gehen. Dort gibt man ihm eine lange Materialliste. Er weiß nicht, wovon er das bezahlen soll.
"Eine Ärztin aus dem Lager, sie hat allerdings nur Töchter gehabt, so dass sie mir einen rosa Ranzen mitgebracht hat und andere Utensilien, aber diesen Ranzen habe ich die ganze Realschulzeit getragen, ich wurde zwar immer ausgelacht, weil es ein Mädchending ist, aber das war schön."
Von der Hauptschule über die Realschule arbeitet er sich bis zum Abitur hoch, studiert Islamwissenschaften und Philosophie, promoviert über Hegel und Heidegger. Zuvor hat er den Koran übersetzt und veröffentlicht – eine Ausgabe, die den Klang der arabischen Poesie möglichst auch im Deutschen bewahrt.
"Der Koran ist voller Rhythmen, voller Tempi, es gibt Verse die dem Kamelschritt offenbart sind, also in dem Dreivierteltakt, also Walzer und wenn Sie auch dingnana, dingnana, dann haben sie das Weltverständnis der damaligen Zeit, also der Rhythmus ist da in dieser Lebenswelt."
Milad Karimi lebt mit seiner deutsch-griechischen Frau und seinem einjährigen Sohn in Freiburg. Dort hat er den Salam-Verlag mitgegründet, dessen Geschäftsführer er ist. Sein Antrieb: Bücher für Kinder in Deutschland herausgeben, die, wie er, aus muslimischen Ländern kommen.
"Sie sind nicht mehr Türken, Afghanen und Araber, sie haben was Deutsches, sie mögen Nudeln, sie schauen Pokemon an und spielen Fußball, aber trotzdem beten sie islamisch, sie sehen die Eltern in der Ramadanzeit fasten. Das ist eine ganz schöne Buntheit, die sie aber nicht verstehen können, sie kriegen es nicht zusammen."
Ahmad Milad Karimi beobachtet bei diesen Kindern und deren Eltern, dass sie über die verschiedenen Kulturen, die sie in sich tragen, oft nicht reden können.
"Diese Verschwiegenheit, die macht mir Angst. Sie haben eine Religion, sie sind unglaublich davon überzeugt, aber sie haben keine Sprache, um darüber zu sprechen. Und wenn sie Bücher haben, wo sie das vermittelt bekommen, dann können sie diskutieren, haben keine Angst mehr vor einem Kreuz."
Homepage des Salam-Verlages
"Ich sehe auch einen kleinen Jungen auf einer Wiese in einer Kabuler Moschee sitzen und den Koran vortragen, ganz laut."
"Kabul ist auch Krieg, Kabul sind Leichen, die Stadt roch irgendwann nach verbrannten Leichen und das ist irgendwie süßlich."
Ahmad Milad Karimi sitzt im Büro seines Freiburger Verlages. Er trägt ein Jackett, hat dunkle Locken, und auch die Augen hinter seiner Brille sind dunkel. Er hält sie geschlossen, wenn er singt. Vor 31 Jahren ist er in Kabul geboren - als die Russen nach Afghanistan einmarschierten.
"Der Weg von zu Hause bis zur Koranschule ist voller Gefahr, denn sich aus dem Haus zu begeben heißt, sich in Gefahr zu begeben. Raketen kommen, Bomben gehen hoch und man muss rennen, ich kann mich erinnern, ich bin mit einem Freund hingerannt und dann müssen Sie sich vorstellen, da sitzen Kinder und hören die schöne Stimme des Korans und es ist alles weg."
Seine Familie gehört in Kabul zur bürgerlichen Oberschicht, die Mutter ist Zahnärztin, der Vater Rektor der deutsch-afghanischen Schule. Bis die vierköpfige Familie wegen des Kriegs beschließt, das Land zu verlassen. Da ist Ahmad Milad Karimi gerade elf, seine kleine Schwester drei Jahre alt.
"Und als wir dann geflüchtet sind, Russland, Moskau, Kasachstan, Deutschland, über ein Jahr, da war meine einzige Heimat die koranische Stimme."
Als die Familie nach langen Umwegen in einem Darmstädter Asylbewerberlager ankommt, wird ihnen ein Wohn-Container zugewiesen.
"Zwölf Quadratmeter, das war der ganze Lebensraum, da haben wir geschlafen, gegessen und gestritten, irgendwann habe ich dort Hausaufgaben gemacht, das alles auf Zwölf Quadratmetern."
Ahmad Milad Karimi will so schnell wie möglich wieder in die Schule gehen. Dort gibt man ihm eine lange Materialliste. Er weiß nicht, wovon er das bezahlen soll.
"Eine Ärztin aus dem Lager, sie hat allerdings nur Töchter gehabt, so dass sie mir einen rosa Ranzen mitgebracht hat und andere Utensilien, aber diesen Ranzen habe ich die ganze Realschulzeit getragen, ich wurde zwar immer ausgelacht, weil es ein Mädchending ist, aber das war schön."
Von der Hauptschule über die Realschule arbeitet er sich bis zum Abitur hoch, studiert Islamwissenschaften und Philosophie, promoviert über Hegel und Heidegger. Zuvor hat er den Koran übersetzt und veröffentlicht – eine Ausgabe, die den Klang der arabischen Poesie möglichst auch im Deutschen bewahrt.
"Der Koran ist voller Rhythmen, voller Tempi, es gibt Verse die dem Kamelschritt offenbart sind, also in dem Dreivierteltakt, also Walzer und wenn Sie auch dingnana, dingnana, dann haben sie das Weltverständnis der damaligen Zeit, also der Rhythmus ist da in dieser Lebenswelt."
Milad Karimi lebt mit seiner deutsch-griechischen Frau und seinem einjährigen Sohn in Freiburg. Dort hat er den Salam-Verlag mitgegründet, dessen Geschäftsführer er ist. Sein Antrieb: Bücher für Kinder in Deutschland herausgeben, die, wie er, aus muslimischen Ländern kommen.
"Sie sind nicht mehr Türken, Afghanen und Araber, sie haben was Deutsches, sie mögen Nudeln, sie schauen Pokemon an und spielen Fußball, aber trotzdem beten sie islamisch, sie sehen die Eltern in der Ramadanzeit fasten. Das ist eine ganz schöne Buntheit, die sie aber nicht verstehen können, sie kriegen es nicht zusammen."
Ahmad Milad Karimi beobachtet bei diesen Kindern und deren Eltern, dass sie über die verschiedenen Kulturen, die sie in sich tragen, oft nicht reden können.
"Diese Verschwiegenheit, die macht mir Angst. Sie haben eine Religion, sie sind unglaublich davon überzeugt, aber sie haben keine Sprache, um darüber zu sprechen. Und wenn sie Bücher haben, wo sie das vermittelt bekommen, dann können sie diskutieren, haben keine Angst mehr vor einem Kreuz."
Homepage des Salam-Verlages